sten auf Lebenslang, und wählte nach seinem Tode willkührlich, wen man wollte, oder man gründete eine Erbfolge. Ferner: ent- weder theilte der Staat die gesezgebende Ge- walt mit dem Fürsten, oder übertrug sie ihm ganz und freiwillig, doch unter dem Bedin- ge, daß derselbe allemal bei dem Antritte der Regierung schwören mußte, nach den Staatsgrundsäzen zu regieren.
§. 385. Die Gemeinherrschaft, wenn sie mit der Alleinherrschaft vereinigt wird, macht die vermischte Herrschaft (republikanische Monarchie) aus. Diese ist sehr verschieden, der Erfolg derselben lehrt immer, welche un- ter diesen Regierungsformen die beßte sei.
§. 386. Es gab noch einen andern Weg von der Würde des Hausvatters zum Mo- narchen hinauf zu steigen. Jn diesem Falle blieb die gesezgebende Gewalt immerfort bei einer einzelnen Person. Ein durch Erbschaf- ten, starke Bevölkerung, und noch andere Ursache mächtiges Geschlechtshaupt, konnte der Beschüzer bedrängter, verfolgter, oder armer Leute werden; das Land, welches er
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Staatswiſſenſchaft
ſten auf Lebenslang, und waͤhlte nach ſeinem Tode willkuͤhrlich, wen man wollte, oder man gruͤndete eine Erbfolge. Ferner: ent- weder theilte der Staat die geſezgebende Ge- walt mit dem Fuͤrſten, oder uͤbertrug ſie ihm ganz und freiwillig, doch unter dem Bedin- ge, daß derſelbe allemal bei dem Antritte der Regierung ſchwoͤren mußte, nach den Staatsgrundſaͤzen zu regieren.
§. 385. Die Gemeinherrſchaft, wenn ſie mit der Alleinherrſchaft vereinigt wird, macht die vermiſchte Herrſchaft (republikaniſche Monarchie) aus. Dieſe iſt ſehr verſchieden, der Erfolg derſelben lehrt immer, welche un- ter dieſen Regierungsformen die beßte ſei.
§. 386. Es gab noch einen andern Weg von der Wuͤrde des Hausvatters zum Mo- narchen hinauf zu ſteigen. Jn dieſem Falle blieb die geſezgebende Gewalt immerfort bei einer einzelnen Perſon. Ein durch Erbſchaf- ten, ſtarke Bevoͤlkerung, und noch andere Urſache maͤchtiges Geſchlechtshaupt, konnte der Beſchuͤzer bedraͤngter, verfolgter, oder armer Leute werden; das Land, welches er
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Staatswiſſenſchaft
ſten auf Lebenslang, und waͤhlte nach ſeinem
Tode willkuͤhrlich, wen man wollte, oder
man gruͤndete eine Erbfolge. Ferner: ent-
weder theilte der Staat die geſezgebende Ge-
walt mit dem Fuͤrſten, oder uͤbertrug ſie ihm
ganz und freiwillig, doch unter dem Bedin-
ge, daß derſelbe allemal bei dem Antritte
der Regierung ſchwoͤren mußte, nach den
Staatsgrundſaͤzen zu regieren.
§. 385. Die Gemeinherrſchaft, wenn ſie
mit der Alleinherrſchaft vereinigt wird, macht
die vermiſchte Herrſchaft (republikaniſche
Monarchie) aus. Dieſe iſt ſehr verſchieden,
der Erfolg derſelben lehrt immer, welche un-
ter dieſen Regierungsformen die beßte ſei.
§. 386. Es gab noch einen andern Weg
von der Wuͤrde des Hausvatters zum Mo-
narchen hinauf zu ſteigen. Jn dieſem Falle
blieb die geſezgebende Gewalt immerfort bei
einer einzelnen Perſon. Ein durch Erbſchaf-
ten, ſtarke Bevoͤlkerung, und noch andere
Urſache maͤchtiges Geſchlechtshaupt, konnte
der Beſchuͤzer bedraͤngter, verfolgter, oder
armer Leute werden; das Land, welches er
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/211>, abgerufen am 16.07.2024.
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