§. 407. Krankheiten und grassirende Seu- chen machen oft im Staate grose Verwüstun- gen, sie vermindern die Zahl der Erwerber, stöhren die einzelne und allgemeine Glückse- ligkeit, desgleichen verringern sie die Masse des Ertrages und reinen Ertrages, und sind also dem Staate sehr schädlich: derowegen ist es der Polizei ihre grose Pflicht, auf die beßte Weise und durch die nüzlichsten Anstallten das Leben und die Gesundheit der Menschen zu befördern, dem Tode und den Krankheiten aber, so viel mög- lich, zu steuren.
§. 408. Die Vorsicht des Staatswirthes soll sich aber nicht nur dahin erstrecken, daß er so viel, als möglich ist, die Zahl der Ein- wohner des Staates erhalte, sondern auch daß er dieselbe vermehre. Denn, je mehr er die Anzahl der Erwerber vermehrt, und ih- nen zugleich auch Gelegenheit zum Erwerben an die Hand gibt, je mehr nimmt auch die Stärke des Staates, die Masse des Ertra- ges und reinen Ertrages zu, so viel diese wächst, so viel wächst auch die einzelne und
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Staatswiſſenſchaft
§. 407. Krankheiten und graſſirende Seu- chen machen oft im Staate groſe Verwuͤſtun- gen, ſie vermindern die Zahl der Erwerber, ſtoͤhren die einzelne und allgemeine Gluͤckſe- ligkeit, desgleichen verringern ſie die Maſſe des Ertrages und reinen Ertrages, und ſind alſo dem Staate ſehr ſchaͤdlich: derowegen iſt es der Polizei ihre groſe Pflicht, auf die beßte Weiſe und durch die nuͤzlichſten Anſtallten das Leben und die Geſundheit der Menſchen zu befoͤrdern, dem Tode und den Krankheiten aber, ſo viel moͤg- lich, zu ſteuren.
§. 408. Die Vorſicht des Staatswirthes ſoll ſich aber nicht nur dahin erſtrecken, daß er ſo viel, als moͤglich iſt, die Zahl der Ein- wohner des Staates erhalte, ſondern auch daß er dieſelbe vermehre. Denn, je mehr er die Anzahl der Erwerber vermehrt, und ih- nen zugleich auch Gelegenheit zum Erwerben an die Hand gibt, je mehr nimmt auch die Staͤrke des Staates, die Maſſe des Ertra- ges und reinen Ertrages zu, ſo viel dieſe waͤchſt, ſo viel waͤchſt auch die einzelne und
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Staatswiſſenſchaft
§. 407. Krankheiten und graſſirende Seu-
chen machen oft im Staate groſe Verwuͤſtun-
gen, ſie vermindern die Zahl der Erwerber,
ſtoͤhren die einzelne und allgemeine Gluͤckſe-
ligkeit, desgleichen verringern ſie die Maſſe
des Ertrages und reinen Ertrages, und ſind
alſo dem Staate ſehr ſchaͤdlich: derowegen
iſt es der Polizei ihre groſe Pflicht, auf
die beßte Weiſe und durch die nuͤzlichſten
Anſtallten das Leben und die Geſundheit
der Menſchen zu befoͤrdern, dem Tode
und den Krankheiten aber, ſo viel moͤg-
lich, zu ſteuren.
§. 408. Die Vorſicht des Staatswirthes
ſoll ſich aber nicht nur dahin erſtrecken, daß
er ſo viel, als moͤglich iſt, die Zahl der Ein-
wohner des Staates erhalte, ſondern auch
daß er dieſelbe vermehre. Denn, je mehr er
die Anzahl der Erwerber vermehrt, und ih-
nen zugleich auch Gelegenheit zum Erwerben
an die Hand gibt, je mehr nimmt auch die
Staͤrke des Staates, die Maſſe des Ertra-
ges und reinen Ertrages zu, ſo viel dieſe
waͤchſt, ſo viel waͤchſt auch die einzelne und
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Jung-Stilling, Johann Heinrich: Versuch einer Grundlehre sämmtlicher Kameralwissenschaften. Lautern, 1779, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/jungstilling_versuch_1779/223>, abgerufen am 16.02.2025.
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