Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.

Bild:
<< vorherige Seite

mit der Verfass. und Beschaff. des Staats.
sich gleichfalls stark auf die Commercien legten; und
man kann sicher behaupten, daß diese Beschaffenheit
der Abgaben gar viel zu dem Verfall ihres Handels
beygetragen haben. Andere Völker würden niemals
im Stande gewesen seyn, ihnen diesen und jenen Zweig
der Handlung zu entreißen, wenn sie nicht ihre Waa-
ren wohlfeiler als die Holländer hätten geben können,
welche, mit ihnen gleichen Preiß zu halten, wegen
der starken Abgaben auf die nothwendigsten Dinge des
Lebens und andre Waaren, nicht im Stande waren.
Ueberdieß waren die Holländer über die Maaßen der
Sparsamkeit ergeben. Sie suchten ihren Pracht und
Vorzug in einer übertriebenen Reinigkeit der Häuser
und in andern Dingen, worauf keine Abgaben hafte-
ten. Von dieser Sparsamkeit sind andre Völker weit
entfernet; und ehe sich die vermögenden Einwohner
anderer Länder durch starke Abgaben auf die nothwen-
digsten Dinge zu einer solchen Sparsamkeit zwingen
ließen; so würden sich vielleicht viele nach andern Län-
dern umsehen, wo sie ihre verschwenderische Lebensart
mit wenigern Kosten fortsetzen könnten. Diese spar-
same Lebensart, welche dem Zustand der Holländer sehr
gemäß ist, weil sie den größten Theil ihrer Nothwen-
digkeiten, von andern Völkern einkaufen müssen, ist
der Wohlfarth andrer Staaten, welche die meisten
Güther des Lebens selbst erzeugen, nicht einmal zuträg-
lich. Ein sparsamer Unterthan ist in Betracht des
Zusammenhanges eines blühenden Nahrungsstandes
der allerunnützlichste, weil er, so viel an ihm ist, an-
dern Unterthanen die Nahrung entziehet und verursa-

chet,

mit der Verfaſſ. und Beſchaff. des Staats.
ſich gleichfalls ſtark auf die Commercien legten; und
man kann ſicher behaupten, daß dieſe Beſchaffenheit
der Abgaben gar viel zu dem Verfall ihres Handels
beygetragen haben. Andere Voͤlker wuͤrden niemals
im Stande geweſen ſeyn, ihnen dieſen und jenen Zweig
der Handlung zu entreißen, wenn ſie nicht ihre Waa-
ren wohlfeiler als die Hollaͤnder haͤtten geben koͤnnen,
welche, mit ihnen gleichen Preiß zu halten, wegen
der ſtarken Abgaben auf die nothwendigſten Dinge des
Lebens und andre Waaren, nicht im Stande waren.
Ueberdieß waren die Hollaͤnder uͤber die Maaßen der
Sparſamkeit ergeben. Sie ſuchten ihren Pracht und
Vorzug in einer uͤbertriebenen Reinigkeit der Haͤuſer
und in andern Dingen, worauf keine Abgaben hafte-
ten. Von dieſer Sparſamkeit ſind andre Voͤlker weit
entfernet; und ehe ſich die vermoͤgenden Einwohner
anderer Laͤnder durch ſtarke Abgaben auf die nothwen-
digſten Dinge zu einer ſolchen Sparſamkeit zwingen
ließen; ſo wuͤrden ſich vielleicht viele nach andern Laͤn-
dern umſehen, wo ſie ihre verſchwenderiſche Lebensart
mit wenigern Koſten fortſetzen koͤnnten. Dieſe ſpar-
ſame Lebensart, welche dem Zuſtand der Hollaͤnder ſehr
gemaͤß iſt, weil ſie den groͤßten Theil ihrer Nothwen-
digkeiten, von andern Voͤlkern einkaufen muͤſſen, iſt
der Wohlfarth andrer Staaten, welche die meiſten
Guͤther des Lebens ſelbſt erzeugen, nicht einmal zutraͤg-
lich. Ein ſparſamer Unterthan iſt in Betracht des
Zuſammenhanges eines bluͤhenden Nahrungsſtandes
der allerunnuͤtzlichſte, weil er, ſo viel an ihm iſt, an-
dern Unterthanen die Nahrung entziehet und verurſa-

chet,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0089" n="61"/><fw place="top" type="header">mit der Verfa&#x017F;&#x017F;. und Be&#x017F;chaff. des Staats.</fw><lb/>
&#x017F;ich gleichfalls &#x017F;tark auf die Commercien legten; und<lb/>
man kann &#x017F;icher behaupten, daß die&#x017F;e Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
der Abgaben gar viel zu dem Verfall ihres Handels<lb/>
beygetragen haben. Andere Vo&#x0364;lker wu&#x0364;rden niemals<lb/>
im Stande gewe&#x017F;en &#x017F;eyn, ihnen die&#x017F;en und jenen Zweig<lb/>
der Handlung zu entreißen, wenn &#x017F;ie nicht ihre Waa-<lb/>
ren wohlfeiler als die Holla&#x0364;nder ha&#x0364;tten geben ko&#x0364;nnen,<lb/>
welche, mit ihnen gleichen Preiß zu halten, wegen<lb/>
der &#x017F;tarken Abgaben auf die nothwendig&#x017F;ten Dinge des<lb/>
Lebens und andre Waaren, nicht im Stande waren.<lb/>
Ueberdieß waren die Holla&#x0364;nder u&#x0364;ber die Maaßen der<lb/>
Spar&#x017F;amkeit ergeben. Sie &#x017F;uchten ihren Pracht und<lb/>
Vorzug in einer u&#x0364;bertriebenen Reinigkeit der Ha&#x0364;u&#x017F;er<lb/>
und in andern Dingen, worauf keine Abgaben hafte-<lb/>
ten. Von die&#x017F;er Spar&#x017F;amkeit &#x017F;ind andre Vo&#x0364;lker weit<lb/>
entfernet; und ehe &#x017F;ich die vermo&#x0364;genden Einwohner<lb/>
anderer La&#x0364;nder durch &#x017F;tarke Abgaben auf die nothwen-<lb/>
dig&#x017F;ten Dinge zu einer &#x017F;olchen Spar&#x017F;amkeit zwingen<lb/>
ließen; &#x017F;o wu&#x0364;rden &#x017F;ich vielleicht viele nach andern La&#x0364;n-<lb/>
dern um&#x017F;ehen, wo &#x017F;ie ihre ver&#x017F;chwenderi&#x017F;che Lebensart<lb/>
mit wenigern Ko&#x017F;ten fort&#x017F;etzen ko&#x0364;nnten. Die&#x017F;e &#x017F;par-<lb/>
&#x017F;ame Lebensart, welche dem Zu&#x017F;tand der Holla&#x0364;nder &#x017F;ehr<lb/>
gema&#x0364;ß i&#x017F;t, weil &#x017F;ie den gro&#x0364;ßten Theil ihrer Nothwen-<lb/>
digkeiten, von andern Vo&#x0364;lkern einkaufen mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, i&#x017F;t<lb/>
der Wohlfarth andrer Staaten, welche die mei&#x017F;ten<lb/>
Gu&#x0364;ther des Lebens &#x017F;elb&#x017F;t erzeugen, nicht einmal zutra&#x0364;g-<lb/>
lich. Ein &#x017F;par&#x017F;amer Unterthan i&#x017F;t in Betracht des<lb/>
Zu&#x017F;ammenhanges eines blu&#x0364;henden Nahrungs&#x017F;tandes<lb/>
der allerunnu&#x0364;tzlich&#x017F;te, weil er, &#x017F;o viel an ihm i&#x017F;t, an-<lb/>
dern Unterthanen die Nahrung entziehet und verur&#x017F;a-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">chet,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0089] mit der Verfaſſ. und Beſchaff. des Staats. ſich gleichfalls ſtark auf die Commercien legten; und man kann ſicher behaupten, daß dieſe Beſchaffenheit der Abgaben gar viel zu dem Verfall ihres Handels beygetragen haben. Andere Voͤlker wuͤrden niemals im Stande geweſen ſeyn, ihnen dieſen und jenen Zweig der Handlung zu entreißen, wenn ſie nicht ihre Waa- ren wohlfeiler als die Hollaͤnder haͤtten geben koͤnnen, welche, mit ihnen gleichen Preiß zu halten, wegen der ſtarken Abgaben auf die nothwendigſten Dinge des Lebens und andre Waaren, nicht im Stande waren. Ueberdieß waren die Hollaͤnder uͤber die Maaßen der Sparſamkeit ergeben. Sie ſuchten ihren Pracht und Vorzug in einer uͤbertriebenen Reinigkeit der Haͤuſer und in andern Dingen, worauf keine Abgaben hafte- ten. Von dieſer Sparſamkeit ſind andre Voͤlker weit entfernet; und ehe ſich die vermoͤgenden Einwohner anderer Laͤnder durch ſtarke Abgaben auf die nothwen- digſten Dinge zu einer ſolchen Sparſamkeit zwingen ließen; ſo wuͤrden ſich vielleicht viele nach andern Laͤn- dern umſehen, wo ſie ihre verſchwenderiſche Lebensart mit wenigern Koſten fortſetzen koͤnnten. Dieſe ſpar- ſame Lebensart, welche dem Zuſtand der Hollaͤnder ſehr gemaͤß iſt, weil ſie den groͤßten Theil ihrer Nothwen- digkeiten, von andern Voͤlkern einkaufen muͤſſen, iſt der Wohlfarth andrer Staaten, welche die meiſten Guͤther des Lebens ſelbſt erzeugen, nicht einmal zutraͤg- lich. Ein ſparſamer Unterthan iſt in Betracht des Zuſammenhanges eines bluͤhenden Nahrungsſtandes der allerunnuͤtzlichſte, weil er, ſo viel an ihm iſt, an- dern Unterthanen die Nahrung entziehet und verurſa- chet,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/89
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_abhandlung01_1758/89>, abgerufen am 09.05.2024.