Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Vollständige Abhandlung von denen Manufacuren und Fabriken. Bd. 1. Kopenhagen, 1758.II. Absch. vom Zusammenh. der Manuf. chet, daß der Staat weniger bevölkert seyn kann. EinStaat, der viel Landesproducte erzeuget, wird alle- mal am besten blühen, wenn seine Einwohner sehr fleißig, aber wenig sparsam sind. Nur die Ver- schwendung, die mit Faulheit verknüpfet ist, schadet dem Lande. Wenn die Einwohner einer Stadt oder Landes wenig arbeiten und doch wohl leben wollen; so hat dieses sehr schädliche Folgen, insonderheit auf die Manufacturen, weil in einer solchen Stadt alles theuer werden muß; indem jedermann vor seine weni- ge Arbeit dennoch viel Geld haben will, um seiner Verschwendung eine Genüge leisten zu können. Al- lein, wenn die Einwohner fleißig sind und dabey ver- schwenden: so hat dieses auf den Nahrungsstand und die Manufacturen die glücklichsten Folgen, weil da- durch ein großer Zusammenfluß von Waaren entstehet und alle Theile und Zweige der Gewerbe belebt wer- den, Umstände, worauf ihr blühender Zustand allein ankommt. Wenn demnach einige geglaubt haben, daß die Accisen und Licenten deshalb anzupreisen sind, weil jedermann seine Sparsamkeit dabey zu statten kommt; und es derjenige, der viel aufwendet und mit- hin viel entrichtet, sich selbst und seinem freyen Willen beyzumessen habe: so würde ich dieses vielmehr vor ei- nen Fehler in der Einrichtung der Abgaben, als vor einen Vorzug halten. Die gerechte Gleichheit in de- nen Abgaben muß sich auf das Vermögen und den Gewinnst eines jeden Unterthan, nicht aber auf ihre Sparsamkeit oder Verschwendung gründen. Man würde vielmehr Ursache haben auf Abgaben zu sinnen, wodurch
II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf. chet, daß der Staat weniger bevoͤlkert ſeyn kann. EinStaat, der viel Landesproducte erzeuget, wird alle- mal am beſten bluͤhen, wenn ſeine Einwohner ſehr fleißig, aber wenig ſparſam ſind. Nur die Ver- ſchwendung, die mit Faulheit verknuͤpfet iſt, ſchadet dem Lande. Wenn die Einwohner einer Stadt oder Landes wenig arbeiten und doch wohl leben wollen; ſo hat dieſes ſehr ſchaͤdliche Folgen, inſonderheit auf die Manufacturen, weil in einer ſolchen Stadt alles theuer werden muß; indem jedermann vor ſeine weni- ge Arbeit dennoch viel Geld haben will, um ſeiner Verſchwendung eine Genuͤge leiſten zu koͤnnen. Al- lein, wenn die Einwohner fleißig ſind und dabey ver- ſchwenden: ſo hat dieſes auf den Nahrungsſtand und die Manufacturen die gluͤcklichſten Folgen, weil da- durch ein großer Zuſammenfluß von Waaren entſtehet und alle Theile und Zweige der Gewerbe belebt wer- den, Umſtaͤnde, worauf ihr bluͤhender Zuſtand allein ankommt. Wenn demnach einige geglaubt haben, daß die Acciſen und Licenten deshalb anzupreiſen ſind, weil jedermann ſeine Sparſamkeit dabey zu ſtatten kommt; und es derjenige, der viel aufwendet und mit- hin viel entrichtet, ſich ſelbſt und ſeinem freyen Willen beyzumeſſen habe: ſo wuͤrde ich dieſes vielmehr vor ei- nen Fehler in der Einrichtung der Abgaben, als vor einen Vorzug halten. Die gerechte Gleichheit in de- nen Abgaben muß ſich auf das Vermoͤgen und den Gewinnſt eines jeden Unterthan, nicht aber auf ihre Sparſamkeit oder Verſchwendung gruͤnden. Man wuͤrde vielmehr Urſache haben auf Abgaben zu ſinnen, wodurch
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II. Abſch. vom Zuſammenh. der Manuf.
chet, daß der Staat weniger bevoͤlkert ſeyn kann. Ein
Staat, der viel Landesproducte erzeuget, wird alle-
mal am beſten bluͤhen, wenn ſeine Einwohner ſehr
fleißig, aber wenig ſparſam ſind. Nur die Ver-
ſchwendung, die mit Faulheit verknuͤpfet iſt, ſchadet
dem Lande. Wenn die Einwohner einer Stadt oder
Landes wenig arbeiten und doch wohl leben wollen; ſo
hat dieſes ſehr ſchaͤdliche Folgen, inſonderheit auf die
Manufacturen, weil in einer ſolchen Stadt alles
theuer werden muß; indem jedermann vor ſeine weni-
ge Arbeit dennoch viel Geld haben will, um ſeiner
Verſchwendung eine Genuͤge leiſten zu koͤnnen. Al-
lein, wenn die Einwohner fleißig ſind und dabey ver-
ſchwenden: ſo hat dieſes auf den Nahrungsſtand und
die Manufacturen die gluͤcklichſten Folgen, weil da-
durch ein großer Zuſammenfluß von Waaren entſtehet
und alle Theile und Zweige der Gewerbe belebt wer-
den, Umſtaͤnde, worauf ihr bluͤhender Zuſtand allein
ankommt. Wenn demnach einige geglaubt haben,
daß die Acciſen und Licenten deshalb anzupreiſen ſind,
weil jedermann ſeine Sparſamkeit dabey zu ſtatten
kommt; und es derjenige, der viel aufwendet und mit-
hin viel entrichtet, ſich ſelbſt und ſeinem freyen Willen
beyzumeſſen habe: ſo wuͤrde ich dieſes vielmehr vor ei-
nen Fehler in der Einrichtung der Abgaben, als vor
einen Vorzug halten. Die gerechte Gleichheit in de-
nen Abgaben muß ſich auf das Vermoͤgen und den
Gewinnſt eines jeden Unterthan, nicht aber auf ihre
Sparſamkeit oder Verſchwendung gruͤnden. Man
wuͤrde vielmehr Urſache haben auf Abgaben zu ſinnen,
wodurch
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