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Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

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VI. Abschn. Das Meer verändert
Kornbau wegen der erstaunlichen Kälte gar nicht mehr
mit einigem Vortheil getrieben werden; und die Ge-
winnung der zum Unterhalt der Menschen so unent-
behrlichen Getraidearten ist so weit heruntergekommen,
daß Schweden nicht einmahl so viel Getraide erzeuget,
als der Unterhalt der Hälfte von seinen Einwohnern
erfordert. Kurz, Schweden ist das kälteste Land von
Europa geworden; und scheinet eben diejenige Him-
melsgegend erlangt zu haben, die man sonst Rußland
und Siberien zueignete.

Wenn man über alles dasjenige, was ich bis hie-
her angeführet habe, reifliche Betrachtung anstellet;
so scheinet die Zurückweichung und Verminderung des
Meeres in einigen Ländern, und das Eintringen und
Ueberschwemmen des Meeres in andern Ländern an ei-
nem Theile; und das Zunehmen und die Vermehrung
der Kälte in dem nordlichen Theile von Teutschland
und in Schweden, gegen die Verminderung der Käl-
te und Verbesserung der Himmelsgegend in Rußland
und Siberien am andern Theile, ein genaues Ver-
hältniß und Zusammenhang mit einander zu haben.
Beyde scheinen aus einerley Uhrsache und Quelle zu
entstehen, nämlich, daß sich die Pole nach und nach
beständig und in einer fortdaurenden Bewegung ver-
ändern.

Wenn alle diese Beobachtungen vor ungezweifelt
richtig anzunehmen wären; wie sie in der That eine
große Wahrscheinlichkeit vor sich haben, und größten-
theils in der unläugbaren Erfahrung gegründet sind;
so würde man bey genauen Beobachtungen, und einer

sorg-

VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert
Kornbau wegen der erſtaunlichen Kaͤlte gar nicht mehr
mit einigem Vortheil getrieben werden; und die Ge-
winnung der zum Unterhalt der Menſchen ſo unent-
behrlichen Getraidearten iſt ſo weit heruntergekommen,
daß Schweden nicht einmahl ſo viel Getraide erzeuget,
als der Unterhalt der Haͤlfte von ſeinen Einwohnern
erfordert. Kurz, Schweden iſt das kaͤlteſte Land von
Europa geworden; und ſcheinet eben diejenige Him-
melsgegend erlangt zu haben, die man ſonſt Rußland
und Siberien zueignete.

Wenn man uͤber alles dasjenige, was ich bis hie-
her angefuͤhret habe, reifliche Betrachtung anſtellet;
ſo ſcheinet die Zuruͤckweichung und Verminderung des
Meeres in einigen Laͤndern, und das Eintringen und
Ueberſchwemmen des Meeres in andern Laͤndern an ei-
nem Theile; und das Zunehmen und die Vermehrung
der Kaͤlte in dem nordlichen Theile von Teutſchland
und in Schweden, gegen die Verminderung der Kaͤl-
te und Verbeſſerung der Himmelsgegend in Rußland
und Siberien am andern Theile, ein genaues Ver-
haͤltniß und Zuſammenhang mit einander zu haben.
Beyde ſcheinen aus einerley Uhrſache und Quelle zu
entſtehen, naͤmlich, daß ſich die Pole nach und nach
beſtaͤndig und in einer fortdaurenden Bewegung ver-
aͤndern.

Wenn alle dieſe Beobachtungen vor ungezweifelt
richtig anzunehmen waͤren; wie ſie in der That eine
große Wahrſcheinlichkeit vor ſich haben, und groͤßten-
theils in der unlaͤugbaren Erfahrung gegruͤndet ſind;
ſo wuͤrde man bey genauen Beobachtungen, und einer

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[222/0250] VI. Abſchn. Das Meer veraͤndert Kornbau wegen der erſtaunlichen Kaͤlte gar nicht mehr mit einigem Vortheil getrieben werden; und die Ge- winnung der zum Unterhalt der Menſchen ſo unent- behrlichen Getraidearten iſt ſo weit heruntergekommen, daß Schweden nicht einmahl ſo viel Getraide erzeuget, als der Unterhalt der Haͤlfte von ſeinen Einwohnern erfordert. Kurz, Schweden iſt das kaͤlteſte Land von Europa geworden; und ſcheinet eben diejenige Him- melsgegend erlangt zu haben, die man ſonſt Rußland und Siberien zueignete. Wenn man uͤber alles dasjenige, was ich bis hie- her angefuͤhret habe, reifliche Betrachtung anſtellet; ſo ſcheinet die Zuruͤckweichung und Verminderung des Meeres in einigen Laͤndern, und das Eintringen und Ueberſchwemmen des Meeres in andern Laͤndern an ei- nem Theile; und das Zunehmen und die Vermehrung der Kaͤlte in dem nordlichen Theile von Teutſchland und in Schweden, gegen die Verminderung der Kaͤl- te und Verbeſſerung der Himmelsgegend in Rußland und Siberien am andern Theile, ein genaues Ver- haͤltniß und Zuſammenhang mit einander zu haben. Beyde ſcheinen aus einerley Uhrſache und Quelle zu entſtehen, naͤmlich, daß ſich die Pole nach und nach beſtaͤndig und in einer fortdaurenden Bewegung ver- aͤndern. Wenn alle dieſe Beobachtungen vor ungezweifelt richtig anzunehmen waͤren; wie ſie in der That eine große Wahrſcheinlichkeit vor ſich haben, und groͤßten- theils in der unlaͤugbaren Erfahrung gegruͤndet ſind; ſo wuͤrde man bey genauen Beobachtungen, und einer ſorg-

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Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 222. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/250>, abgerufen am 24.11.2024.