Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
Einleitung.

Diejenigen Weltweisen, welche die Ewigkeit der
Atomen, oder des materiellen Weltgebäudes überhaupt
verworfen haben, sind hierzu hauptsächlich aus der Uhr-
sache bewogen worden, weil sie an einem materiellen
Wesen allzu viel Veränderlichkeit und Umformungen
gewahr zu werden geglaubt, als daß solches mit dem
Wesen ewiger Dinge bestehen könnte. Allein eine
ganz andere Beschaffenheit hat es hierinnen mit dem
ersten uhranfänglichen Grundstoff der Materie, dessen
allerfeinste Theilchen gleichsam ganz einfach, und wei-
ter nicht theilbar sind, in Vergleichung der gröbern
Materie, die allerley Veränderungen und Umformun-
gen unterworfen ist. Die Vernunft entsiehet sich mit
Recht, der letztern etwas von einer Ewigkeit beyzumes-
sen. Sie findet aber keine Schwierigkeit, solches dem
ersten Grundstoff der Materie, und denen ganz un-
theilbaren, mithin der Veränderung nicht unterworfe-
nen Atomen zuzugestehen.

Jndessen würde es bey dem gegenwärtigen Lehr-
gebäude fast gleichgültig seyn, wenn man auch anneh-
men wollte, daß das ewige, unendliche und selbststän-
dige Wesen die Atomen zu einer gewissen Zeit, vor der
Bildung der Welt erschaffen, und den unendlichen
Raum oder sein eignes Wesen damit angefüllet habe.
Nur müsse man dabey voraussetzen, daß Gott diesen
Atomen einen wesentlichen Grund der Thätigkeit bey-
geleget, und ihnen insonderheit die Bewegung um ih-
re Axe, als ihre wesentliche Eigenschaft, mitgetheilet
habe. Diese kleine Veränderung in der gegenwärti-
gen Hypothese würde vornämlich denenjenigen zu stat-
ten kommen, die es mit einem leichten Verstande ohne

Mühe
B
Einleitung.

Diejenigen Weltweiſen, welche die Ewigkeit der
Atomen, oder des materiellen Weltgebaͤudes uͤberhaupt
verworfen haben, ſind hierzu hauptſaͤchlich aus der Uhr-
ſache bewogen worden, weil ſie an einem materiellen
Weſen allzu viel Veraͤnderlichkeit und Umformungen
gewahr zu werden geglaubt, als daß ſolches mit dem
Weſen ewiger Dinge beſtehen koͤnnte. Allein eine
ganz andere Beſchaffenheit hat es hierinnen mit dem
erſten uhranfaͤnglichen Grundſtoff der Materie, deſſen
allerfeinſte Theilchen gleichſam ganz einfach, und wei-
ter nicht theilbar ſind, in Vergleichung der groͤbern
Materie, die allerley Veraͤnderungen und Umformun-
gen unterworfen iſt. Die Vernunft entſiehet ſich mit
Recht, der letztern etwas von einer Ewigkeit beyzumeſ-
ſen. Sie findet aber keine Schwierigkeit, ſolches dem
erſten Grundſtoff der Materie, und denen ganz un-
theilbaren, mithin der Veraͤnderung nicht unterworfe-
nen Atomen zuzugeſtehen.

Jndeſſen wuͤrde es bey dem gegenwaͤrtigen Lehr-
gebaͤude faſt gleichguͤltig ſeyn, wenn man auch anneh-
men wollte, daß das ewige, unendliche und ſelbſtſtaͤn-
dige Weſen die Atomen zu einer gewiſſen Zeit, vor der
Bildung der Welt erſchaffen, und den unendlichen
Raum oder ſein eignes Weſen damit angefuͤllet habe.
Nur muͤſſe man dabey vorausſetzen, daß Gott dieſen
Atomen einen weſentlichen Grund der Thaͤtigkeit bey-
geleget, und ihnen inſonderheit die Bewegung um ih-
re Axe, als ihre weſentliche Eigenſchaft, mitgetheilet
habe. Dieſe kleine Veraͤnderung in der gegenwaͤrti-
gen Hypotheſe wuͤrde vornaͤmlich denenjenigen zu ſtat-
ten kommen, die es mit einem leichten Verſtande ohne

Muͤhe
B
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0045" n="17"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Einleitung.</hi> </fw><lb/>
          <p>Diejenigen Weltwei&#x017F;en, welche die Ewigkeit der<lb/>
Atomen, oder des materiellen Weltgeba&#x0364;udes u&#x0364;berhaupt<lb/>
verworfen haben, &#x017F;ind hierzu haupt&#x017F;a&#x0364;chlich aus der Uhr-<lb/>
&#x017F;ache bewogen worden, weil &#x017F;ie an einem materiellen<lb/>
We&#x017F;en allzu viel Vera&#x0364;nderlichkeit und Umformungen<lb/>
gewahr zu werden geglaubt, als daß &#x017F;olches mit dem<lb/>
We&#x017F;en ewiger Dinge be&#x017F;tehen ko&#x0364;nnte. Allein eine<lb/>
ganz andere Be&#x017F;chaffenheit hat es hierinnen mit dem<lb/>
er&#x017F;ten uhranfa&#x0364;nglichen Grund&#x017F;toff der Materie, de&#x017F;&#x017F;en<lb/>
allerfein&#x017F;te Theilchen gleich&#x017F;am ganz einfach, und wei-<lb/>
ter nicht theilbar &#x017F;ind, in Vergleichung der gro&#x0364;bern<lb/>
Materie, die allerley Vera&#x0364;nderungen und Umformun-<lb/>
gen unterworfen i&#x017F;t. Die Vernunft ent&#x017F;iehet &#x017F;ich mit<lb/>
Recht, der letztern etwas von einer Ewigkeit beyzume&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Sie findet aber keine Schwierigkeit, &#x017F;olches dem<lb/>
er&#x017F;ten Grund&#x017F;toff der Materie, und denen ganz un-<lb/>
theilbaren, mithin der Vera&#x0364;nderung nicht unterworfe-<lb/>
nen Atomen zuzuge&#x017F;tehen.</p><lb/>
          <p>Jnde&#x017F;&#x017F;en wu&#x0364;rde es bey dem gegenwa&#x0364;rtigen Lehr-<lb/>
geba&#x0364;ude fa&#x017F;t gleichgu&#x0364;ltig &#x017F;eyn, wenn man auch anneh-<lb/>
men wollte, daß das ewige, unendliche und &#x017F;elb&#x017F;t&#x017F;ta&#x0364;n-<lb/>
dige We&#x017F;en die Atomen zu einer gewi&#x017F;&#x017F;en Zeit, vor der<lb/>
Bildung der Welt er&#x017F;chaffen, und den unendlichen<lb/>
Raum oder &#x017F;ein eignes We&#x017F;en damit angefu&#x0364;llet habe.<lb/>
Nur mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e man dabey voraus&#x017F;etzen, daß Gott die&#x017F;en<lb/>
Atomen einen we&#x017F;entlichen Grund der Tha&#x0364;tigkeit bey-<lb/>
geleget, und ihnen in&#x017F;onderheit die Bewegung um ih-<lb/>
re Axe, als ihre we&#x017F;entliche Eigen&#x017F;chaft, mitgetheilet<lb/>
habe. Die&#x017F;e kleine Vera&#x0364;nderung in der gegenwa&#x0364;rti-<lb/>
gen Hypothe&#x017F;e wu&#x0364;rde vorna&#x0364;mlich denenjenigen zu &#x017F;tat-<lb/>
ten kommen, die es mit einem leichten Ver&#x017F;tande ohne<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B</fw><fw place="bottom" type="catch">Mu&#x0364;he</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0045] Einleitung. Diejenigen Weltweiſen, welche die Ewigkeit der Atomen, oder des materiellen Weltgebaͤudes uͤberhaupt verworfen haben, ſind hierzu hauptſaͤchlich aus der Uhr- ſache bewogen worden, weil ſie an einem materiellen Weſen allzu viel Veraͤnderlichkeit und Umformungen gewahr zu werden geglaubt, als daß ſolches mit dem Weſen ewiger Dinge beſtehen koͤnnte. Allein eine ganz andere Beſchaffenheit hat es hierinnen mit dem erſten uhranfaͤnglichen Grundſtoff der Materie, deſſen allerfeinſte Theilchen gleichſam ganz einfach, und wei- ter nicht theilbar ſind, in Vergleichung der groͤbern Materie, die allerley Veraͤnderungen und Umformun- gen unterworfen iſt. Die Vernunft entſiehet ſich mit Recht, der letztern etwas von einer Ewigkeit beyzumeſ- ſen. Sie findet aber keine Schwierigkeit, ſolches dem erſten Grundſtoff der Materie, und denen ganz un- theilbaren, mithin der Veraͤnderung nicht unterworfe- nen Atomen zuzugeſtehen. Jndeſſen wuͤrde es bey dem gegenwaͤrtigen Lehr- gebaͤude faſt gleichguͤltig ſeyn, wenn man auch anneh- men wollte, daß das ewige, unendliche und ſelbſtſtaͤn- dige Weſen die Atomen zu einer gewiſſen Zeit, vor der Bildung der Welt erſchaffen, und den unendlichen Raum oder ſein eignes Weſen damit angefuͤllet habe. Nur muͤſſe man dabey vorausſetzen, daß Gott dieſen Atomen einen weſentlichen Grund der Thaͤtigkeit bey- geleget, und ihnen inſonderheit die Bewegung um ih- re Axe, als ihre weſentliche Eigenſchaft, mitgetheilet habe. Dieſe kleine Veraͤnderung in der gegenwaͤrti- gen Hypotheſe wuͤrde vornaͤmlich denenjenigen zu ſtat- ten kommen, die es mit einem leichten Verſtande ohne Muͤhe B

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/45
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/45>, abgerufen am 21.11.2024.