Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

der Gebirge auf dem Erdcörper.
geneigt wären, die besondern Beschaffenheiten ihrer
Länder als allgemeine Sätze anzusehen. Der gelehrte
Herr Professor Bergmann, dessen Schriften ich sehr
hoch schätze, fällt hier gleichfalls in einen kleinen Feh-
ler. Er behauptet h), daß die hohen Gebirge unfä-
hig wären, Bäume und Pflanzen zu tragen, so, daß
folglich die Gipfel aller hohen Berge entweder ganz
kahl wären, oder aus denen hervorragenden Felsen
bestünden. Jch glaube sehr gern, daß die hohen Ge-
birge in Schweden und Norwegen eine solche Beschaf-
fenheit haben. Allein, in Teutschland und andern
etwas warmen Himmelsgegenden trifft dieses keines-
weges ein. Alle diejenigen, welche zu Befriedigung
ihrer Neubegier auf dem hohen Brockenberge gewesen
sind, wissen, daß dessen Gipfel mit Bäumen und
Waldungen bewachsen ist. Eine gleiche Beschaffen-
heit hat es mit dem bekannten Kiphäuser Berge in
Thüringen, zwischen Frankenhausen und Sangerhau-
sen, und in denen hohen Gebirgen in Niederösterreich
giebt es verschiedene, die auf ihrem höchsten Gipfel
nicht allein Bäume und Waldungen, sondern auch
Bauerwohnungen haben. Von dieser Beschaffenheit
war der Berg bey Klein-Marienzell, wo ich eine
Berggrube auf schwarzen Kobald, der gold- und sil-
berhaltig war, angeleget hatte. Jch hatte mit drey-
mahl abgewechselten Ochsen, ein Zugvieh, dessen sich
daselbst gewöhnlicher maßen jedermann vor seine Kut-
sche bedienet, um auf und über die hohen Gebirge

zu
h) Physicalische Beschreibung der Erdkugel II. Abtheil.
Cap. IV. §. 30. S. 93.

der Gebirge auf dem Erdcoͤrper.
geneigt waͤren, die beſondern Beſchaffenheiten ihrer
Laͤnder als allgemeine Saͤtze anzuſehen. Der gelehrte
Herr Profeſſor Bergmann, deſſen Schriften ich ſehr
hoch ſchaͤtze, faͤllt hier gleichfalls in einen kleinen Feh-
ler. Er behauptet h), daß die hohen Gebirge unfaͤ-
hig waͤren, Baͤume und Pflanzen zu tragen, ſo, daß
folglich die Gipfel aller hohen Berge entweder ganz
kahl waͤren, oder aus denen hervorragenden Felſen
beſtuͤnden. Jch glaube ſehr gern, daß die hohen Ge-
birge in Schweden und Norwegen eine ſolche Beſchaf-
fenheit haben. Allein, in Teutſchland und andern
etwas warmen Himmelsgegenden trifft dieſes keines-
weges ein. Alle diejenigen, welche zu Befriedigung
ihrer Neubegier auf dem hohen Brockenberge geweſen
ſind, wiſſen, daß deſſen Gipfel mit Baͤumen und
Waldungen bewachſen iſt. Eine gleiche Beſchaffen-
heit hat es mit dem bekannten Kiphaͤuſer Berge in
Thuͤringen, zwiſchen Frankenhauſen und Sangerhau-
ſen, und in denen hohen Gebirgen in Niederoͤſterreich
giebt es verſchiedene, die auf ihrem hoͤchſten Gipfel
nicht allein Baͤume und Waldungen, ſondern auch
Bauerwohnungen haben. Von dieſer Beſchaffenheit
war der Berg bey Klein-Marienzell, wo ich eine
Berggrube auf ſchwarzen Kobald, der gold- und ſil-
berhaltig war, angeleget hatte. Jch hatte mit drey-
mahl abgewechſelten Ochſen, ein Zugvieh, deſſen ſich
daſelbſt gewoͤhnlicher maßen jedermann vor ſeine Kut-
ſche bedienet, um auf und uͤber die hohen Gebirge

zu
h) Phyſicaliſche Beſchreibung der Erdkugel II. Abtheil.
Cap. IV. §. 30. S. 93.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0087" n="59"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">der Gebirge auf dem Erdco&#x0364;rper.</hi></fw><lb/>
geneigt wa&#x0364;ren, die be&#x017F;ondern Be&#x017F;chaffenheiten ihrer<lb/>
La&#x0364;nder als allgemeine Sa&#x0364;tze anzu&#x017F;ehen. Der gelehrte<lb/>
Herr Profe&#x017F;&#x017F;or <hi rendition="#fr">Bergmann,</hi> de&#x017F;&#x017F;en Schriften ich &#x017F;ehr<lb/>
hoch &#x017F;cha&#x0364;tze, fa&#x0364;llt hier gleichfalls in einen kleinen Feh-<lb/>
ler. Er behauptet <note place="foot" n="h)">Phy&#x017F;icali&#x017F;che Be&#x017F;chreibung der Erdkugel <hi rendition="#aq">II.</hi> Abtheil.<lb/>
Cap. <hi rendition="#aq">IV.</hi> §. 30. S. 93.</note>, daß die hohen Gebirge unfa&#x0364;-<lb/>
hig wa&#x0364;ren, Ba&#x0364;ume und Pflanzen zu tragen, &#x017F;o, daß<lb/>
folglich die Gipfel aller hohen Berge entweder ganz<lb/>
kahl wa&#x0364;ren, oder aus denen hervorragenden Fel&#x017F;en<lb/>
be&#x017F;tu&#x0364;nden. Jch glaube &#x017F;ehr gern, daß die hohen Ge-<lb/>
birge in Schweden und Norwegen eine &#x017F;olche Be&#x017F;chaf-<lb/>
fenheit haben. Allein, in Teut&#x017F;chland und andern<lb/>
etwas warmen Himmelsgegenden trifft die&#x017F;es keines-<lb/>
weges ein. Alle diejenigen, welche zu Befriedigung<lb/>
ihrer Neubegier auf dem hohen Brockenberge gewe&#x017F;en<lb/>
&#x017F;ind, wi&#x017F;&#x017F;en, daß de&#x017F;&#x017F;en Gipfel mit Ba&#x0364;umen und<lb/>
Waldungen bewach&#x017F;en i&#x017F;t. Eine gleiche Be&#x017F;chaffen-<lb/>
heit hat es mit dem bekannten Kipha&#x0364;u&#x017F;er Berge in<lb/>
Thu&#x0364;ringen, zwi&#x017F;chen Frankenhau&#x017F;en und Sangerhau-<lb/>
&#x017F;en, und in denen hohen Gebirgen in Niedero&#x0364;&#x017F;terreich<lb/>
giebt es ver&#x017F;chiedene, die auf ihrem ho&#x0364;ch&#x017F;ten Gipfel<lb/>
nicht allein Ba&#x0364;ume und Waldungen, &#x017F;ondern auch<lb/>
Bauerwohnungen haben. Von die&#x017F;er Be&#x017F;chaffenheit<lb/>
war der Berg bey Klein-Marienzell, wo ich eine<lb/>
Berggrube auf &#x017F;chwarzen Kobald, der gold- und &#x017F;il-<lb/>
berhaltig war, angeleget hatte. Jch hatte mit drey-<lb/>
mahl abgewech&#x017F;elten Och&#x017F;en, ein Zugvieh, de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
da&#x017F;elb&#x017F;t gewo&#x0364;hnlicher maßen jedermann vor &#x017F;eine Kut-<lb/>
&#x017F;che bedienet, um auf und u&#x0364;ber die hohen Gebirge<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zu</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[59/0087] der Gebirge auf dem Erdcoͤrper. geneigt waͤren, die beſondern Beſchaffenheiten ihrer Laͤnder als allgemeine Saͤtze anzuſehen. Der gelehrte Herr Profeſſor Bergmann, deſſen Schriften ich ſehr hoch ſchaͤtze, faͤllt hier gleichfalls in einen kleinen Feh- ler. Er behauptet h), daß die hohen Gebirge unfaͤ- hig waͤren, Baͤume und Pflanzen zu tragen, ſo, daß folglich die Gipfel aller hohen Berge entweder ganz kahl waͤren, oder aus denen hervorragenden Felſen beſtuͤnden. Jch glaube ſehr gern, daß die hohen Ge- birge in Schweden und Norwegen eine ſolche Beſchaf- fenheit haben. Allein, in Teutſchland und andern etwas warmen Himmelsgegenden trifft dieſes keines- weges ein. Alle diejenigen, welche zu Befriedigung ihrer Neubegier auf dem hohen Brockenberge geweſen ſind, wiſſen, daß deſſen Gipfel mit Baͤumen und Waldungen bewachſen iſt. Eine gleiche Beſchaffen- heit hat es mit dem bekannten Kiphaͤuſer Berge in Thuͤringen, zwiſchen Frankenhauſen und Sangerhau- ſen, und in denen hohen Gebirgen in Niederoͤſterreich giebt es verſchiedene, die auf ihrem hoͤchſten Gipfel nicht allein Baͤume und Waldungen, ſondern auch Bauerwohnungen haben. Von dieſer Beſchaffenheit war der Berg bey Klein-Marienzell, wo ich eine Berggrube auf ſchwarzen Kobald, der gold- und ſil- berhaltig war, angeleget hatte. Jch hatte mit drey- mahl abgewechſelten Ochſen, ein Zugvieh, deſſen ſich daſelbſt gewoͤhnlicher maßen jedermann vor ſeine Kut- ſche bedienet, um auf und uͤber die hohen Gebirge zu h) Phyſicaliſche Beſchreibung der Erdkugel II. Abtheil. Cap. IV. §. 30. S. 93.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/87
Zitationshilfe: Justi, Johann Heinrich Gottlob von: Geschichte des Erd-Cörpers. Berlin, 1771, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_geschichte_1771/87>, abgerufen am 23.11.2024.