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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Zweites Buch.
und ihnen diejenige Kraft gab, die er in ihnen zu sehen glaubte,
durch die wesentlichen Unterschiede von Licht und Schatten".
Dieses Urtheil des "grössten Malers des Jahrhunderts" erhöhte
das Ansehen des Gemäldes, es wurde unter den schönen Stich
von Blas Amettler gesetzt. Desshalb (oder weil die Hauptfigur
sein Landsmann war) packte es Joseph Bonaparte, als er aus
Madrid floh, mit zu den bourbonischen Kleinodien und dem Geth-
semane des Correggio. Nach der Katastrophe von Vitoria
schenkte beide Ferdinand VII dem Herzog von Wellington; sie
befinden sich in Apsley-house.

Die Figur des "Corsen" war gewiss in Sevilla sehr bekannt,
und der junge Mann, der seine Brauchbarkeit als Modell bald
heraushatte, mochte ihm manchen Maravedi zugewendet haben,
um ihn für seine Absichten geschmeidig zu machen.

Seit der "Asistente" D. Francisco Zapata, Graf Barajas
im Jahre 1574 aus dem ungesunden Sumpf Laguna die "Alameda
des Herkules" geschaffen hatte mit ihren Brunnen und Alleen,
hatten sich die grossen Nachtpromenaden zu Wagen und zu
Fuss hierhergezogen; bei Festen spielte da eine Kapelle von
Bläsern und Hoboisten 1). Die Besprengung des Lustortes im
Sommer wurde dem Corps der Aguadores übertragen, unter
denen ein eigener Alguazil Friede und Ordnung hielt. Die Leute
waren meist Franzosen, welche der amerikanische Verkehr dort-
hin zog, unsrer war ein Corse. Für ihre Dienste erhielten sie
die Erlaubniss das Wasser das ganze Jahr über in die Wohnungen
zu bringen. Es geschah in grossen Steinkrügen auf Eseln. Das
vortreffliche Wasser kam in Röhren aus dem "Brunnen des
Erzbischofs", so genannt von dem Garten an der alten Strasse
nach Cordoba, eine viertel Meile vor der Stadt, der dem Prälaten
Don Remondo gehört hatte 2).

Zum vollen Eindruck des Bildes gehört die associative --
patriarchalisch-orientalische -- Köstlichkeit des reinen Quellwas-
sers im wasserarmen Andalusien mit seinem afrikanischen Sommer.
Unser Corse, ein fünfziger, steht vor einem Tischchen, und legt
die breite Hand an den Bauch seines grossen Wasserkrugs. Der
Korkstöpsel hängt an einer Schnur. Mit der Rechten hält er

1) Ein treues und hübsches Bild des Treibens bei Tage giebt ein Gemälde
der Alameda bei dem Earl of Clarendon, das aus der Zeit, aber nicht von der
Hand des Velazquez ist.
2) Zunniga, Anales IV, 65. Mme. d'Aulnoy, Relation du voyage d'Espagne.
A la Haye 1692. II, 76.

Zweites Buch.
und ihnen diejenige Kraft gab, die er in ihnen zu sehen glaubte,
durch die wesentlichen Unterschiede von Licht und Schatten“.
Dieses Urtheil des „grössten Malers des Jahrhunderts“ erhöhte
das Ansehen des Gemäldes, es wurde unter den schönen Stich
von Blas Amettler gesetzt. Desshalb (oder weil die Hauptfigur
sein Landsmann war) packte es Joseph Bonaparte, als er aus
Madrid floh, mit zu den bourbonischen Kleinodien und dem Geth-
semane des Correggio. Nach der Katastrophe von Vitoria
schenkte beide Ferdinand VII dem Herzog von Wellington; sie
befinden sich in Apsley-house.

Die Figur des „Corsen“ war gewiss in Sevilla sehr bekannt,
und der junge Mann, der seine Brauchbarkeit als Modell bald
heraushatte, mochte ihm manchen Maravedi zugewendet haben,
um ihn für seine Absichten geschmeidig zu machen.

Seit der „Asistente“ D. Francisco Zapata, Graf Barajas
im Jahre 1574 aus dem ungesunden Sumpf Laguna die „Alameda
des Herkules“ geschaffen hatte mit ihren Brunnen und Alleen,
hatten sich die grossen Nachtpromenaden zu Wagen und zu
Fuss hierhergezogen; bei Festen spielte da eine Kapelle von
Bläsern und Hoboisten 1). Die Besprengung des Lustortes im
Sommer wurde dem Corps der Aguadores übertragen, unter
denen ein eigener Alguazil Friede und Ordnung hielt. Die Leute
waren meist Franzosen, welche der amerikanische Verkehr dort-
hin zog, unsrer war ein Corse. Für ihre Dienste erhielten sie
die Erlaubniss das Wasser das ganze Jahr über in die Wohnungen
zu bringen. Es geschah in grossen Steinkrügen auf Eseln. Das
vortreffliche Wasser kam in Röhren aus dem „Brunnen des
Erzbischofs“, so genannt von dem Garten an der alten Strasse
nach Cordoba, eine viertel Meile vor der Stadt, der dem Prälaten
Don Remondo gehört hatte 2).

Zum vollen Eindruck des Bildes gehört die associative —
patriarchalisch-orientalische — Köstlichkeit des reinen Quellwas-
sers im wasserarmen Andalusien mit seinem afrikanischen Sommer.
Unser Corse, ein fünfziger, steht vor einem Tischchen, und legt
die breite Hand an den Bauch seines grossen Wasserkrugs. Der
Korkstöpsel hängt an einer Schnur. Mit der Rechten hält er

1) Ein treues und hübsches Bild des Treibens bei Tage giebt ein Gemälde
der Alameda bei dem Earl of Clarendon, das aus der Zeit, aber nicht von der
Hand des Velazquez ist.
2) Zúñiga, Anales IV, 65. Mme. d’Aulnoy, Relation du voyage d’Espagne.
A la Haye 1692. II, 76.
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[130/0150] Zweites Buch. und ihnen diejenige Kraft gab, die er in ihnen zu sehen glaubte, durch die wesentlichen Unterschiede von Licht und Schatten“. Dieses Urtheil des „grössten Malers des Jahrhunderts“ erhöhte das Ansehen des Gemäldes, es wurde unter den schönen Stich von Blas Amettler gesetzt. Desshalb (oder weil die Hauptfigur sein Landsmann war) packte es Joseph Bonaparte, als er aus Madrid floh, mit zu den bourbonischen Kleinodien und dem Geth- semane des Correggio. Nach der Katastrophe von Vitoria schenkte beide Ferdinand VII dem Herzog von Wellington; sie befinden sich in Apsley-house. Die Figur des „Corsen“ war gewiss in Sevilla sehr bekannt, und der junge Mann, der seine Brauchbarkeit als Modell bald heraushatte, mochte ihm manchen Maravedi zugewendet haben, um ihn für seine Absichten geschmeidig zu machen. Seit der „Asistente“ D. Francisco Zapata, Graf Barajas im Jahre 1574 aus dem ungesunden Sumpf Laguna die „Alameda des Herkules“ geschaffen hatte mit ihren Brunnen und Alleen, hatten sich die grossen Nachtpromenaden zu Wagen und zu Fuss hierhergezogen; bei Festen spielte da eine Kapelle von Bläsern und Hoboisten 1). Die Besprengung des Lustortes im Sommer wurde dem Corps der Aguadores übertragen, unter denen ein eigener Alguazil Friede und Ordnung hielt. Die Leute waren meist Franzosen, welche der amerikanische Verkehr dort- hin zog, unsrer war ein Corse. Für ihre Dienste erhielten sie die Erlaubniss das Wasser das ganze Jahr über in die Wohnungen zu bringen. Es geschah in grossen Steinkrügen auf Eseln. Das vortreffliche Wasser kam in Röhren aus dem „Brunnen des Erzbischofs“, so genannt von dem Garten an der alten Strasse nach Cordoba, eine viertel Meile vor der Stadt, der dem Prälaten Don Remondo gehört hatte 2). Zum vollen Eindruck des Bildes gehört die associative — patriarchalisch-orientalische — Köstlichkeit des reinen Quellwas- sers im wasserarmen Andalusien mit seinem afrikanischen Sommer. Unser Corse, ein fünfziger, steht vor einem Tischchen, und legt die breite Hand an den Bauch seines grossen Wasserkrugs. Der Korkstöpsel hängt an einer Schnur. Mit der Rechten hält er 1) Ein treues und hübsches Bild des Treibens bei Tage giebt ein Gemälde der Alameda bei dem Earl of Clarendon, das aus der Zeit, aber nicht von der Hand des Velazquez ist. 2) Zúñiga, Anales IV, 65. Mme. d’Aulnoy, Relation du voyage d’Espagne. A la Haye 1692. II, 76.

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/150>, abgerufen am 24.11.2024.