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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888.

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Zweites Buch.
zu dürfen: die Königin also, die Brüder Ferdinand und Carl, die
Schwester Maria. Die Königin Isabella verstand sich schwer
dazu Malern zu sitzen, die Infantin hatte selbst Velazquez noch
nicht gemalt. Aber diese Bildnisse waren ja für die hoch-
verehrte greise Tante in Brüssel bestimmt. Auch malte er die
Suor Margarita im Barfüsserinnenkloster, eine andere Tante der
königlichen Geschwister. Sie war eine Tochter Maximilian II
und dort eine Person von Einfluss, der jeder Fremde von Stand
seine Aufwartung machte. Von allen diesen zehn Bildnissen
scheint, nach dem Schweigen der Inventare, keins in der Familie.
geblieben zu sein; von denen des Königspaars und des Cardinal-
infanten behielt Rubens Exemplare für sich, die sich in seinem
Nachlass fanden (Nr. 113. 115. 116. 123).

Das beste mir bekannte Bildniss des Königs ist das in gan-
zer Figur im Palast Durazzo zu Genua. Er steht in schwarzseide-
ner Tracht in einem Saal, der sich durch die grosse Balkonthür
nach einem Jagdgrund öffnet, zur linken zwei Säulenschäfte, die
zum Theil durch einen schweren Vorhang aus dunkelrothem und
Goldstoff verdeckt sind. Die Linke ruht am Degen, die Rechte
hält den schwarzen Handschuh. Nur ein leichter Flaum bedeckt
die Lippen. Während hier Majestät in Haltung und Miene be-
absichtigt ist, machen andere Wiederholungen, z. B. die Halb-
figur in der Pinakothek (787) mehr den Eindruck einer charakter-
schwachen Persönlichkeit, eines leichtlebigen Jünglings, der sich
nach Abschüttelung des Zwangs und der Spionage seines kron-
prinzlichen Daseins willenlos von den Wogen geistig-sinnlicher
Genüsse schaukeln lässt.

In München ist auch das Bildniss der Königin (788), von
dem die Ermitage (560) eine prächtige Wiederholung besitzt.
Isabella hält Fächer und Tuch, über der Brust hängt ein
doppeltes Perlenband bis zur Taille herab, mit einem Rubin in
viereckiger Goldfassung, an dem eine grosse Perle befestigt ist.
Die Stiche von P. Pontius und Louys, im Kostüm übereinstim-
mend, zeigen erhebliche Verschiedenheit der Züge. Der Infant
Ferdinand, dessen Bildnisse aus der späteren niederländischen
Zeit, kenntlich an den langen blonden Locken und dem Schnurr-
bart, so häufig sind, trug damals kurzgeschorenes Haar: so sieht
man ihn im Alter dieses Jahres und in Cardinalstracht in der
Pinakothek (Nr. 789) und im Palast Doria zu Genua, in dem
herrlichen Gigantensaal, gegenüber dem alten Andreas, zwischen
den Fenstern. -- Von dem Infanten Don Carlos war schon die
Rede (S. 206).


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zu dürfen: die Königin also, die Brüder Ferdinand und Carl, die
Schwester Maria. Die Königin Isabella verstand sich schwer
dazu Malern zu sitzen, die Infantin hatte selbst Velazquez noch
nicht gemalt. Aber diese Bildnisse waren ja für die hoch-
verehrte greise Tante in Brüssel bestimmt. Auch malte er die
Suor Margarita im Barfüsserinnenkloster, eine andere Tante der
königlichen Geschwister. Sie war eine Tochter Maximilian II
und dort eine Person von Einfluss, der jeder Fremde von Stand
seine Aufwartung machte. Von allen diesen zehn Bildnissen
scheint, nach dem Schweigen der Inventare, keins in der Familie.
geblieben zu sein; von denen des Königspaars und des Cardinal-
infanten behielt Rubens Exemplare für sich, die sich in seinem
Nachlass fanden (Nr. 113. 115. 116. 123).

Das beste mir bekannte Bildniss des Königs ist das in gan-
zer Figur im Palast Durazzo zu Genua. Er steht in schwarzseide-
ner Tracht in einem Saal, der sich durch die grosse Balkonthür
nach einem Jagdgrund öffnet, zur linken zwei Säulenschäfte, die
zum Theil durch einen schweren Vorhang aus dunkelrothem und
Goldstoff verdeckt sind. Die Linke ruht am Degen, die Rechte
hält den schwarzen Handschuh. Nur ein leichter Flaum bedeckt
die Lippen. Während hier Majestät in Haltung und Miene be-
absichtigt ist, machen andere Wiederholungen, z. B. die Halb-
figur in der Pinakothek (787) mehr den Eindruck einer charakter-
schwachen Persönlichkeit, eines leichtlebigen Jünglings, der sich
nach Abschüttelung des Zwangs und der Spionage seines kron-
prinzlichen Daseins willenlos von den Wogen geistig-sinnlicher
Genüsse schaukeln lässt.

In München ist auch das Bildniss der Königin (788), von
dem die Ermitage (560) eine prächtige Wiederholung besitzt.
Isabella hält Fächer und Tuch, über der Brust hängt ein
doppeltes Perlenband bis zur Taille herab, mit einem Rubin in
viereckiger Goldfassung, an dem eine grosse Perle befestigt ist.
Die Stiche von P. Pontius und Louys, im Kostüm übereinstim-
mend, zeigen erhebliche Verschiedenheit der Züge. Der Infant
Ferdinand, dessen Bildnisse aus der späteren niederländischen
Zeit, kenntlich an den langen blonden Locken und dem Schnurr-
bart, so häufig sind, trug damals kurzgeschorenes Haar: so sieht
man ihn im Alter dieses Jahres und in Cardinalstracht in der
Pinakothek (Nr. 789) und im Palast Doria zu Genua, in dem
herrlichen Gigantensaal, gegenüber dem alten Andreas, zwischen
den Fenstern. — Von dem Infanten Don Carlos war schon die
Rede (S. 206).


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[242/0266] Zweites Buch. zu dürfen: die Königin also, die Brüder Ferdinand und Carl, die Schwester Maria. Die Königin Isabella verstand sich schwer dazu Malern zu sitzen, die Infantin hatte selbst Velazquez noch nicht gemalt. Aber diese Bildnisse waren ja für die hoch- verehrte greise Tante in Brüssel bestimmt. Auch malte er die Suor Margarita im Barfüsserinnenkloster, eine andere Tante der königlichen Geschwister. Sie war eine Tochter Maximilian II und dort eine Person von Einfluss, der jeder Fremde von Stand seine Aufwartung machte. Von allen diesen zehn Bildnissen scheint, nach dem Schweigen der Inventare, keins in der Familie. geblieben zu sein; von denen des Königspaars und des Cardinal- infanten behielt Rubens Exemplare für sich, die sich in seinem Nachlass fanden (Nr. 113. 115. 116. 123). Das beste mir bekannte Bildniss des Königs ist das in gan- zer Figur im Palast Durazzo zu Genua. Er steht in schwarzseide- ner Tracht in einem Saal, der sich durch die grosse Balkonthür nach einem Jagdgrund öffnet, zur linken zwei Säulenschäfte, die zum Theil durch einen schweren Vorhang aus dunkelrothem und Goldstoff verdeckt sind. Die Linke ruht am Degen, die Rechte hält den schwarzen Handschuh. Nur ein leichter Flaum bedeckt die Lippen. Während hier Majestät in Haltung und Miene be- absichtigt ist, machen andere Wiederholungen, z. B. die Halb- figur in der Pinakothek (787) mehr den Eindruck einer charakter- schwachen Persönlichkeit, eines leichtlebigen Jünglings, der sich nach Abschüttelung des Zwangs und der Spionage seines kron- prinzlichen Daseins willenlos von den Wogen geistig-sinnlicher Genüsse schaukeln lässt. In München ist auch das Bildniss der Königin (788), von dem die Ermitage (560) eine prächtige Wiederholung besitzt. Isabella hält Fächer und Tuch, über der Brust hängt ein doppeltes Perlenband bis zur Taille herab, mit einem Rubin in viereckiger Goldfassung, an dem eine grosse Perle befestigt ist. Die Stiche von P. Pontius und Louys, im Kostüm übereinstim- mend, zeigen erhebliche Verschiedenheit der Züge. Der Infant Ferdinand, dessen Bildnisse aus der späteren niederländischen Zeit, kenntlich an den langen blonden Locken und dem Schnurr- bart, so häufig sind, trug damals kurzgeschorenes Haar: so sieht man ihn im Alter dieses Jahres und in Cardinalstracht in der Pinakothek (Nr. 789) und im Palast Doria zu Genua, in dem herrlichen Gigantensaal, gegenüber dem alten Andreas, zwischen den Fenstern. — Von dem Infanten Don Carlos war schon die Rede (S. 206).

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Zitationshilfe: Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/266>, abgerufen am 22.11.2024.