Die Belagerung von Breda galt für das grösste strate- gische Ereigniss der Zeit, ein Kapitel in der Geschichte der Belagerungskunst, das der Belagerung von Ostende, der bisher gefeiertsten Leistung desselben Feldherrn gleichgestellt wurde. Für die wiedereröffnete kriegerische Politik gegen die General- staaten schien es ein vielversprechender erster Erfolg.
Breda, in Nordbrabant nahe der Grenze Hollands gelegen, "das rechte Auge Hollands" 1), war 1567 von Alba besetzt, zehn Jahre später vom Grafen von Holach wiedergenommen, an Hautepenne wiederverloren worden und 1590 durch List in die Hände der Oranier gefallen. Es galt den Spaniern als "Boll- werk (antemurale) Flanderns"; nun war es ihnen ein Pfahl im Fleisch: das "Asyl der Verschwörer", das Ausfallsthor gegen Brabant, eine Bedrohung Antwerpens. Es war der Familien- sitz der Oranier, die hier ein schönes befestigtes Schloss mit wolgepflegtem Park besassen, Moriz nannte es seine Tempe. In der Kirche war ein prächtiges Denkmal Engelbert II, des Ge- nerals Carl V, der der Stadt zwölf Kanonen geschenkt hatte; hier empfing Wilhelm von Oranien den Prinzen Philipp auf seinem Besuch in Flandern (1552). Von Natur stark war es in den letzten Jahren zu einer Musterfestung gemacht worden, Moriz verwies darauf in allen einschlägigen Fragen; hier bestand eine Kriegsakademie, besucht von Franzosen, Deutschen und Eng- ländern; die Besatzung war die Elite der alten Soldaten der Staaten.
Im Jahre 1624 stand auf spanischer Seite fest, dass etwas unternommen werden müsse. Die Pause des deutschen Kriegs erlaubte den Zuzug kaiserlich-liguistischer Truppen. Der Plan diesen für uneinnehmbar geltenden Platz anzugreifen, fand im Kriegsrath fast allgemeinen Widerspruch. Die kampflustigen Kapitäne erschraken bei der Aussicht einen Winter hindurch, Jahre lang hier still zu liegen. Aber von Madrid soll das lako- nische Billet gekommen sein: Marques -- sumais Breda -- Yo el Rey. Spinola simulirte ein Unternehmen gegen Grave und überraschte seine Offiziere mit dem Befehl vor Breda zu rücken. Der Kalkul war hier alles. "Mit dem Ingenieur und Ritter von S. Jago, Giovanni de' Medici, schreibt Khevenhiller 2), hat er sich oftmals viele Stunden eingesperrt, und ihre Rechnung, was die
1) Andres de Almansa y Mendoza, Cartas. Madrid 1886. 282.
2) Annales Ferdin. X, 607.
Die Uebergabe von Breda.
Die Belagerung von Breda galt für das grösste strate- gische Ereigniss der Zeit, ein Kapitel in der Geschichte der Belagerungskunst, das der Belagerung von Ostende, der bisher gefeiertsten Leistung desselben Feldherrn gleichgestellt wurde. Für die wiedereröffnete kriegerische Politik gegen die General- staaten schien es ein vielversprechender erster Erfolg.
Breda, in Nordbrabant nahe der Grenze Hollands gelegen, „das rechte Auge Hollands“ 1), war 1567 von Alba besetzt, zehn Jahre später vom Grafen von Holach wiedergenommen, an Hautepenne wiederverloren worden und 1590 durch List in die Hände der Oranier gefallen. Es galt den Spaniern als „Boll- werk (antemurale) Flanderns“; nun war es ihnen ein Pfahl im Fleisch: das „Asyl der Verschwörer“, das Ausfallsthor gegen Brabant, eine Bedrohung Antwerpens. Es war der Familien- sitz der Oranier, die hier ein schönes befestigtes Schloss mit wolgepflegtem Park besassen, Moriz nannte es seine Tempe. In der Kirche war ein prächtiges Denkmal Engelbert II, des Ge- nerals Carl V, der der Stadt zwölf Kanonen geschenkt hatte; hier empfing Wilhelm von Oranien den Prinzen Philipp auf seinem Besuch in Flandern (1552). Von Natur stark war es in den letzten Jahren zu einer Musterfestung gemacht worden, Moriz verwies darauf in allen einschlägigen Fragen; hier bestand eine Kriegsakademie, besucht von Franzosen, Deutschen und Eng- ländern; die Besatzung war die Elite der alten Soldaten der Staaten.
Im Jahre 1624 stand auf spanischer Seite fest, dass etwas unternommen werden müsse. Die Pause des deutschen Kriegs erlaubte den Zuzug kaiserlich-liguistischer Truppen. Der Plan diesen für uneinnehmbar geltenden Platz anzugreifen, fand im Kriegsrath fast allgemeinen Widerspruch. Die kampflustigen Kapitäne erschraken bei der Aussicht einen Winter hindurch, Jahre lang hier still zu liegen. Aber von Madrid soll das lako- nische Billet gekommen sein: Marques — sumais Bredá — Yo el Rey. Spinola simulirte ein Unternehmen gegen Grave und überraschte seine Offiziere mit dem Befehl vor Breda zu rücken. Der Kalkul war hier alles. „Mit dem Ingenieur und Ritter von S. Jago, Giovanni de’ Medici, schreibt Khevenhiller 2), hat er sich oftmals viele Stunden eingesperrt, und ihre Rechnung, was die
1) Andrés de Almansa y Mendoza, Cartas. Madrid 1886. 282.
2) Annales Ferdin. X, 607.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0381"n="355"/><fwplace="top"type="header">Die Uebergabe von Breda.</fw><lb/><p>Die Belagerung von Breda galt für das grösste strate-<lb/>
gische Ereigniss der Zeit, ein Kapitel in der Geschichte der<lb/>
Belagerungskunst, das der Belagerung von Ostende, der bisher<lb/>
gefeiertsten Leistung desselben Feldherrn gleichgestellt wurde.<lb/>
Für die wiedereröffnete kriegerische Politik gegen die General-<lb/>
staaten schien es ein vielversprechender erster Erfolg.</p><lb/><p>Breda, in Nordbrabant nahe der Grenze Hollands gelegen,<lb/>„das rechte Auge Hollands“<noteplace="foot"n="1)">Andrés de Almansa y Mendoza, Cartas. Madrid 1886. 282.</note>, war 1567 von Alba besetzt, zehn<lb/>
Jahre später vom Grafen von Holach wiedergenommen, an<lb/>
Hautepenne wiederverloren worden und 1590 durch List in die<lb/>
Hände der Oranier gefallen. Es galt den Spaniern als „Boll-<lb/>
werk (<hirendition="#i">antemurale</hi>) Flanderns“; nun war es ihnen ein Pfahl im<lb/>
Fleisch: das „Asyl der Verschwörer“, das Ausfallsthor gegen<lb/>
Brabant, eine Bedrohung Antwerpens. Es war der Familien-<lb/>
sitz der Oranier, die hier ein schönes befestigtes Schloss mit<lb/>
wolgepflegtem Park besassen, Moriz nannte es seine Tempe. In<lb/>
der Kirche war ein prächtiges Denkmal Engelbert II, des Ge-<lb/>
nerals Carl V, der der Stadt zwölf Kanonen geschenkt hatte;<lb/>
hier empfing Wilhelm von Oranien den Prinzen Philipp auf seinem<lb/>
Besuch in Flandern (1552). Von Natur stark war es in den<lb/>
letzten Jahren zu einer Musterfestung gemacht worden, Moriz<lb/>
verwies darauf in allen einschlägigen Fragen; hier bestand eine<lb/>
Kriegsakademie, besucht von Franzosen, Deutschen und Eng-<lb/>
ländern; die Besatzung war die Elite der alten Soldaten der<lb/>
Staaten.</p><lb/><p>Im Jahre 1624 stand auf spanischer Seite fest, dass etwas<lb/>
unternommen werden müsse. Die Pause des deutschen Kriegs<lb/>
erlaubte den Zuzug kaiserlich-liguistischer Truppen. Der Plan<lb/>
diesen für uneinnehmbar geltenden Platz anzugreifen, fand im<lb/>
Kriegsrath fast allgemeinen Widerspruch. Die kampflustigen<lb/>
Kapitäne erschraken bei der Aussicht einen Winter hindurch,<lb/>
Jahre lang hier still zu liegen. Aber von Madrid soll das lako-<lb/>
nische Billet gekommen sein: <hirendition="#i">Marques — sumais Bredá — Yo<lb/>
el Rey</hi>. Spinola simulirte ein Unternehmen gegen Grave und<lb/>
überraschte seine Offiziere mit dem Befehl vor Breda zu rücken.<lb/>
Der Kalkul war hier alles. „Mit dem Ingenieur und Ritter von<lb/>
S. Jago, Giovanni de’ Medici, schreibt Khevenhiller <noteplace="foot"n="2)">Annales Ferdin. X, 607.</note>, hat er sich<lb/>
oftmals viele Stunden eingesperrt, und ihre Rechnung, was die<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[355/0381]
Die Uebergabe von Breda.
Die Belagerung von Breda galt für das grösste strate-
gische Ereigniss der Zeit, ein Kapitel in der Geschichte der
Belagerungskunst, das der Belagerung von Ostende, der bisher
gefeiertsten Leistung desselben Feldherrn gleichgestellt wurde.
Für die wiedereröffnete kriegerische Politik gegen die General-
staaten schien es ein vielversprechender erster Erfolg.
Breda, in Nordbrabant nahe der Grenze Hollands gelegen,
„das rechte Auge Hollands“ 1), war 1567 von Alba besetzt, zehn
Jahre später vom Grafen von Holach wiedergenommen, an
Hautepenne wiederverloren worden und 1590 durch List in die
Hände der Oranier gefallen. Es galt den Spaniern als „Boll-
werk (antemurale) Flanderns“; nun war es ihnen ein Pfahl im
Fleisch: das „Asyl der Verschwörer“, das Ausfallsthor gegen
Brabant, eine Bedrohung Antwerpens. Es war der Familien-
sitz der Oranier, die hier ein schönes befestigtes Schloss mit
wolgepflegtem Park besassen, Moriz nannte es seine Tempe. In
der Kirche war ein prächtiges Denkmal Engelbert II, des Ge-
nerals Carl V, der der Stadt zwölf Kanonen geschenkt hatte;
hier empfing Wilhelm von Oranien den Prinzen Philipp auf seinem
Besuch in Flandern (1552). Von Natur stark war es in den
letzten Jahren zu einer Musterfestung gemacht worden, Moriz
verwies darauf in allen einschlägigen Fragen; hier bestand eine
Kriegsakademie, besucht von Franzosen, Deutschen und Eng-
ländern; die Besatzung war die Elite der alten Soldaten der
Staaten.
Im Jahre 1624 stand auf spanischer Seite fest, dass etwas
unternommen werden müsse. Die Pause des deutschen Kriegs
erlaubte den Zuzug kaiserlich-liguistischer Truppen. Der Plan
diesen für uneinnehmbar geltenden Platz anzugreifen, fand im
Kriegsrath fast allgemeinen Widerspruch. Die kampflustigen
Kapitäne erschraken bei der Aussicht einen Winter hindurch,
Jahre lang hier still zu liegen. Aber von Madrid soll das lako-
nische Billet gekommen sein: Marques — sumais Bredá — Yo
el Rey. Spinola simulirte ein Unternehmen gegen Grave und
überraschte seine Offiziere mit dem Befehl vor Breda zu rücken.
Der Kalkul war hier alles. „Mit dem Ingenieur und Ritter von
S. Jago, Giovanni de’ Medici, schreibt Khevenhiller 2), hat er sich
oftmals viele Stunden eingesperrt, und ihre Rechnung, was die
1) Andrés de Almansa y Mendoza, Cartas. Madrid 1886. 282.
2) Annales Ferdin. X, 607.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/381>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.