schon Jahre lang in der Ferne weilte, und das Conterfei des ihm treu ergebenen Bruders dem König soviel theurer geworden war, kam dieser auf den Gedanken, sich selbst zur Erinnerung an glückliche Tage in den Jagdgründen des Pardo und in der Zarzuela als Gegenstück malen zu lassen. In den Annalen der königlichen Porträtmalerei war diess Kostüm, soviel mir bekannt, neu. Der sechsjährige Prinz verdiente sich damals die ersten Sporen in den montes, er schloss sich als dritter an.
Der Infant Ferdinand kommt nur an dieser Stelle im Werk des Malers vor. Alle seine zahlreichen, in vielen Galerien auch ausser Spanien verbreiteten Bildnisse sind von Niederländern 1) und aus den letzten Lebensjahren, die er in Flandern verbrachte (1636--41). Er hatte das Glück Rubens, van Dyck, Gaspar de Crayer und die ersten Stecher der Rubens'schen Schule zu seiner Verfügung zu finden. Das bestechendste ist das Reiter- bild im Prado von Rubens selbst, das feinste, vornehmste und letzte das von van Dyck (Nr. 1321).
Ferdinand, der zweite Sohn Philipp III und der Margaretha von Oestreich, wurde am 16. Mai 1609 im Escorial geboren. Als neunjähriger Knabe erhielt er das Erzbisthum Toledo, dessen beträchtliche Renten man der Krone zuwenden wollte, und zwei Jahre später (1620) den rothen Hut, den ihm der Cardinal Zapata im Palast zu Madrid überreichte. Er gehört zu der Zahl der acht, die vor dem vierzehnten Jahr Cardinäle wurden, die übrigen ausser einem gehören der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts an. Aber noch weniger als bei seinem Vorgänger und Oheim, dem Erzherzog Albrecht, der als neunzehnjähriger den Purpur empfangen, und bei der Vermählung mit Isabella (1598) resignirt hatte, waren seine Neigungen geistlich. Doch liess er sich auch wol später als Cardinal malen; denn er hat nach dem Uebergang in die politisch-militärische Laufbahn doch den capello behalten.
Gleich nach dem Tode Albrechts (1621), im Anfang der Regierung Philipp IV, dachte man daran, einen der jüngern Brüder, zuerst Carlos, nach Flandern zu schicken, um dort nach Landesart erzogen zu werden und dereinst der Statthalterin nach- zufolgen. Schon am 7. September 1623 wurde in einer geheimen königlichen Verfügung Ferdinand designirt. Im Dezember 1626
1) Im Wintersaal des Kapitels zu Toledo ist ein schwaches Bildniss des jungen Erzbischofs von Francisco Aguirre.
Viertes Buch.
schon Jahre lang in der Ferne weilte, und das Conterfei des ihm treu ergebenen Bruders dem König soviel theurer geworden war, kam dieser auf den Gedanken, sich selbst zur Erinnerung an glückliche Tage in den Jagdgründen des Pardo und in der Zarzuela als Gegenstück malen zu lassen. In den Annalen der königlichen Porträtmalerei war diess Kostüm, soviel mir bekannt, neu. Der sechsjährige Prinz verdiente sich damals die ersten Sporen in den montes, er schloss sich als dritter an.
Der Infant Ferdinand kommt nur an dieser Stelle im Werk des Malers vor. Alle seine zahlreichen, in vielen Galerien auch ausser Spanien verbreiteten Bildnisse sind von Niederländern 1) und aus den letzten Lebensjahren, die er in Flandern verbrachte (1636—41). Er hatte das Glück Rubens, van Dyck, Gaspar de Crayer und die ersten Stecher der Rubens’schen Schule zu seiner Verfügung zu finden. Das bestechendste ist das Reiter- bild im Prado von Rubens selbst, das feinste, vornehmste und letzte das von van Dyck (Nr. 1321).
Ferdinand, der zweite Sohn Philipp III und der Margaretha von Oestreich, wurde am 16. Mai 1609 im Escorial geboren. Als neunjähriger Knabe erhielt er das Erzbisthum Toledo, dessen beträchtliche Renten man der Krone zuwenden wollte, und zwei Jahre später (1620) den rothen Hut, den ihm der Cardinal Zapata im Palast zu Madrid überreichte. Er gehört zu der Zahl der acht, die vor dem vierzehnten Jahr Cardinäle wurden, die übrigen ausser einem gehören der ersten Hälfte des sechzehnten Jahrhunderts an. Aber noch weniger als bei seinem Vorgänger und Oheim, dem Erzherzog Albrecht, der als neunzehnjähriger den Purpur empfangen, und bei der Vermählung mit Isabella (1598) resignirt hatte, waren seine Neigungen geistlich. Doch liess er sich auch wol später als Cardinal malen; denn er hat nach dem Uebergang in die politisch-militärische Laufbahn doch den capello behalten.
Gleich nach dem Tode Albrechts (1621), im Anfang der Regierung Philipp IV, dachte man daran, einen der jüngern Brüder, zuerst Carlos, nach Flandern zu schicken, um dort nach Landesart erzogen zu werden und dereinst der Statthalterin nach- zufolgen. Schon am 7. September 1623 wurde in einer geheimen königlichen Verfügung Ferdinand designirt. Im Dezember 1626
1) Im Wintersaal des Kapitels zu Toledo ist ein schwaches Bildniss des jungen Erzbischofs von Francisco Aguirre.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0418"n="390"/><fwplace="top"type="header">Viertes Buch.</fw><lb/>
schon Jahre lang in der Ferne weilte, und das Conterfei des ihm<lb/>
treu ergebenen Bruders dem König soviel theurer geworden war,<lb/>
kam dieser auf den Gedanken, sich selbst zur Erinnerung an<lb/>
glückliche Tage in den Jagdgründen des Pardo und in der<lb/>
Zarzuela als Gegenstück malen zu lassen. In den Annalen der<lb/>
königlichen Porträtmalerei war diess Kostüm, soviel mir bekannt,<lb/>
neu. Der sechsjährige Prinz verdiente sich damals die ersten<lb/>
Sporen in den <hirendition="#i">montes</hi>, er schloss sich als dritter an.</p><lb/><p>Der Infant Ferdinand kommt nur an dieser Stelle im Werk<lb/>
des Malers vor. Alle seine zahlreichen, in vielen Galerien auch<lb/>
ausser Spanien verbreiteten Bildnisse sind von Niederländern <noteplace="foot"n="1)">Im Wintersaal des Kapitels zu Toledo ist ein schwaches Bildniss des<lb/>
jungen Erzbischofs von Francisco Aguirre.</note><lb/>
und aus den letzten Lebensjahren, die er in Flandern verbrachte<lb/>
(1636—41). Er hatte das Glück Rubens, van Dyck, Gaspar de<lb/>
Crayer und die ersten Stecher der Rubens’schen Schule zu<lb/>
seiner Verfügung zu finden. Das bestechendste ist das Reiter-<lb/>
bild im Prado von Rubens selbst, das feinste, vornehmste und<lb/>
letzte das von van Dyck (Nr. 1321).</p><lb/><p>Ferdinand, der zweite Sohn Philipp III und der Margaretha<lb/>
von Oestreich, wurde am 16. Mai 1609 im Escorial geboren. Als<lb/>
neunjähriger Knabe erhielt er das Erzbisthum Toledo, dessen<lb/>
beträchtliche Renten man der Krone zuwenden wollte, und<lb/>
zwei Jahre später (1620) den rothen Hut, den ihm der Cardinal<lb/>
Zapata im Palast zu Madrid überreichte. Er gehört zu der Zahl<lb/>
der acht, die vor dem vierzehnten Jahr Cardinäle wurden, die<lb/>
übrigen ausser einem gehören der ersten Hälfte des sechzehnten<lb/>
Jahrhunderts an. Aber noch weniger als bei seinem Vorgänger<lb/>
und Oheim, dem Erzherzog Albrecht, der als neunzehnjähriger<lb/>
den Purpur empfangen, und bei der Vermählung mit Isabella<lb/>
(1598) resignirt hatte, waren seine Neigungen geistlich. Doch<lb/>
liess er sich auch wol später als Cardinal malen; denn er hat<lb/>
nach dem Uebergang in die politisch-militärische Laufbahn doch<lb/>
den <hirendition="#i">capello</hi> behalten.</p><lb/><p>Gleich nach dem Tode Albrechts (1621), im Anfang der<lb/>
Regierung Philipp IV, dachte man daran, einen der jüngern<lb/>
Brüder, zuerst Carlos, nach Flandern zu schicken, um dort nach<lb/>
Landesart erzogen zu werden und dereinst der Statthalterin nach-<lb/>
zufolgen. Schon am 7. September 1623 wurde in einer geheimen<lb/>
königlichen Verfügung Ferdinand designirt. Im Dezember 1626<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[390/0418]
Viertes Buch.
schon Jahre lang in der Ferne weilte, und das Conterfei des ihm
treu ergebenen Bruders dem König soviel theurer geworden war,
kam dieser auf den Gedanken, sich selbst zur Erinnerung an
glückliche Tage in den Jagdgründen des Pardo und in der
Zarzuela als Gegenstück malen zu lassen. In den Annalen der
königlichen Porträtmalerei war diess Kostüm, soviel mir bekannt,
neu. Der sechsjährige Prinz verdiente sich damals die ersten
Sporen in den montes, er schloss sich als dritter an.
Der Infant Ferdinand kommt nur an dieser Stelle im Werk
des Malers vor. Alle seine zahlreichen, in vielen Galerien auch
ausser Spanien verbreiteten Bildnisse sind von Niederländern 1)
und aus den letzten Lebensjahren, die er in Flandern verbrachte
(1636—41). Er hatte das Glück Rubens, van Dyck, Gaspar de
Crayer und die ersten Stecher der Rubens’schen Schule zu
seiner Verfügung zu finden. Das bestechendste ist das Reiter-
bild im Prado von Rubens selbst, das feinste, vornehmste und
letzte das von van Dyck (Nr. 1321).
Ferdinand, der zweite Sohn Philipp III und der Margaretha
von Oestreich, wurde am 16. Mai 1609 im Escorial geboren. Als
neunjähriger Knabe erhielt er das Erzbisthum Toledo, dessen
beträchtliche Renten man der Krone zuwenden wollte, und
zwei Jahre später (1620) den rothen Hut, den ihm der Cardinal
Zapata im Palast zu Madrid überreichte. Er gehört zu der Zahl
der acht, die vor dem vierzehnten Jahr Cardinäle wurden, die
übrigen ausser einem gehören der ersten Hälfte des sechzehnten
Jahrhunderts an. Aber noch weniger als bei seinem Vorgänger
und Oheim, dem Erzherzog Albrecht, der als neunzehnjähriger
den Purpur empfangen, und bei der Vermählung mit Isabella
(1598) resignirt hatte, waren seine Neigungen geistlich. Doch
liess er sich auch wol später als Cardinal malen; denn er hat
nach dem Uebergang in die politisch-militärische Laufbahn doch
den capello behalten.
Gleich nach dem Tode Albrechts (1621), im Anfang der
Regierung Philipp IV, dachte man daran, einen der jüngern
Brüder, zuerst Carlos, nach Flandern zu schicken, um dort nach
Landesart erzogen zu werden und dereinst der Statthalterin nach-
zufolgen. Schon am 7. September 1623 wurde in einer geheimen
königlichen Verfügung Ferdinand designirt. Im Dezember 1626
1) Im Wintersaal des Kapitels zu Toledo ist ein schwaches Bildniss des
jungen Erzbischofs von Francisco Aguirre.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 1. Bonn, 1888, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez01_1888/418>, abgerufen am 16.06.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.