des Tizian zur Seite, ohne solche Nähe fürchten zu müssen. In der That, sagt der Marques de Malpica, unter den Zeugen als Mayordomo mayor hierin der kompetenteste, Seine Majestät sei dem Beispiel (er sagt irrig) Philipp II gefolgt, der Tizian das Habit gegeben.
Ueber die nächste Veranlassung sind wir nicht sicher unter- richtet. Nach Palomino war es im Escorial und in der Char- woche 1658, dass der König ihm eröffnete, er wolle seine Be- gabung, Geschicklichkeit und verschiedenartigen Dienste auf diese Weise ehren; er überlasse ihm die Wahl des Ordens. Der König von Spanien war Administrador perpetuo der Orden von Alcan- tara, Calatrava und Santiago. Velazquez wählte Santiago, und der König ertheilte ihm die Merced am 12. Juni. Bevor aber das Habit übergeben werden konnte und die nomina erfolgen, waren zwei Bedingungen zu erfüllen: die Adelsprobe und die Einholung des päbstlichen Dispens, letzterer, weil der Prätendent verheiratheter Laie war.
Der Beweis des Adels wurde vor einem Ritter und einem Chorherrn des Ordens geführt; wenn er von dem Ordensrath (Präsident war der Marques von Tabara) für gültig erkannt wor- den war, dann erst erfolgte die Bestätigung des Königs und der Befehl dem neuen Ritter das Kleid zu geben.
Nach den Ordensstatuten war durch Zeugen zu erhärten, dass der Prätendent und seine Vorfahren bis ins vierte Glied von rechtmässiger Geburt seien, ihr Blut rein, d. h. dass sie "alte Christen" seien, ohne jede Mischung mit Mauren, Juden und conversos auch in noch so entfernten Graden. Sie müssen hidalgos, d. h. von Adel gewesen sein, und für solche gegolten haben; bis zum Grossvater weder Handel, noch Wechselgeschäfte oder ein gemeines Handwerk (oficio vil) betrieben haben. Auch soll festgestellt werden, dass er reiten könne und ein Pferd be- sitze; ob er einen Zweikampf gehabt und wie er daraus hervor- gegangen, oder in einen Ehrenfall verwickelt gewesen. Endlich, ob er oder seine Vorfahren einmal von der Inquisition bestraft worden seien. In den kompromittirenden Punkten genügte schon der Nachweis eines blossen Gerüchts oder Hörensagens zur Verwerfung. Bis zum Jahre 1653 war die Ahnenprobe nur für die väterliche Seite erforderlich gewesen; in einem General- kapitel dieses Jahres wurde sie auch auf die mütterliche Ascen- denz ausgedehnt. Die Kosten waren beträchtlich: der Präten- dent hatte das Einkommen eines Jahres (200 Dukaten) zu zahlen,
Das Ritterkreuz des Santiagoordens.
des Tizian zur Seite, ohne solche Nähe fürchten zu müssen. In der That, sagt der Marques de Malpica, unter den Zeugen als Mayordomo mayor hierin der kompetenteste, Seine Majestät sei dem Beispiel (er sagt irrig) Philipp II gefolgt, der Tizian das Habit gegeben.
Ueber die nächste Veranlassung sind wir nicht sicher unter- richtet. Nach Palomino war es im Escorial und in der Char- woche 1658, dass der König ihm eröffnete, er wolle seine Be- gabung, Geschicklichkeit und verschiedenartigen Dienste auf diese Weise ehren; er überlasse ihm die Wahl des Ordens. Der König von Spanien war Administrador perpetuo der Orden von Alcán- tara, Calatrava und Santiago. Velazquez wählte Santiago, und der König ertheilte ihm die Merced am 12. Juni. Bevor aber das Habit übergeben werden konnte und die nómina erfolgen, waren zwei Bedingungen zu erfüllen: die Adelsprobe und die Einholung des päbstlichen Dispens, letzterer, weil der Prätendent verheiratheter Laie war.
Der Beweis des Adels wurde vor einem Ritter und einem Chorherrn des Ordens geführt; wenn er von dem Ordensrath (Präsident war der Marques von Tabara) für gültig erkannt wor- den war, dann erst erfolgte die Bestätigung des Königs und der Befehl dem neuen Ritter das Kleid zu geben.
Nach den Ordensstatuten war durch Zeugen zu erhärten, dass der Prätendent und seine Vorfahren bis ins vierte Glied von rechtmässiger Geburt seien, ihr Blut rein, d. h. dass sie „alte Christen“ seien, ohne jede Mischung mit Mauren, Juden und conversos auch in noch so entfernten Graden. Sie müssen hidalgos, d. h. von Adel gewesen sein, und für solche gegolten haben; bis zum Grossvater weder Handel, noch Wechselgeschäfte oder ein gemeines Handwerk (oficio vil) betrieben haben. Auch soll festgestellt werden, dass er reiten könne und ein Pferd be- sitze; ob er einen Zweikampf gehabt und wie er daraus hervor- gegangen, oder in einen Ehrenfall verwickelt gewesen. Endlich, ob er oder seine Vorfahren einmal von der Inquisition bestraft worden seien. In den kompromittirenden Punkten genügte schon der Nachweis eines blossen Gerüchts oder Hörensagens zur Verwerfung. Bis zum Jahre 1653 war die Ahnenprobe nur für die väterliche Seite erforderlich gewesen; in einem General- kapitel dieses Jahres wurde sie auch auf die mütterliche Ascen- denz ausgedehnt. Die Kosten waren beträchtlich: der Präten- dent hatte das Einkommen eines Jahres (200 Dukaten) zu zahlen,
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Das Ritterkreuz des Santiagoordens.
des Tizian zur Seite, ohne solche Nähe fürchten zu müssen. In
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Mayordomo mayor hierin der kompetenteste, Seine Majestät sei
dem Beispiel (er sagt irrig) Philipp II gefolgt, der Tizian das Habit
gegeben.
Ueber die nächste Veranlassung sind wir nicht sicher unter-
richtet. Nach Palomino war es im Escorial und in der Char-
woche 1658, dass der König ihm eröffnete, er wolle seine Be-
gabung, Geschicklichkeit und verschiedenartigen Dienste auf diese
Weise ehren; er überlasse ihm die Wahl des Ordens. Der König
von Spanien war Administrador perpetuo der Orden von Alcán-
tara, Calatrava und Santiago. Velazquez wählte Santiago, und
der König ertheilte ihm die Merced am 12. Juni. Bevor aber
das Habit übergeben werden konnte und die nómina erfolgen,
waren zwei Bedingungen zu erfüllen: die Adelsprobe und die
Einholung des päbstlichen Dispens, letzterer, weil der Prätendent
verheiratheter Laie war.
Der Beweis des Adels wurde vor einem Ritter und einem
Chorherrn des Ordens geführt; wenn er von dem Ordensrath
(Präsident war der Marques von Tabara) für gültig erkannt wor-
den war, dann erst erfolgte die Bestätigung des Königs und
der Befehl dem neuen Ritter das Kleid zu geben.
Nach den Ordensstatuten war durch Zeugen zu erhärten,
dass der Prätendent und seine Vorfahren bis ins vierte Glied
von rechtmässiger Geburt seien, ihr Blut rein, d. h. dass sie
„alte Christen“ seien, ohne jede Mischung mit Mauren, Juden
und conversos auch in noch so entfernten Graden. Sie müssen
hidalgos, d. h. von Adel gewesen sein, und für solche gegolten
haben; bis zum Grossvater weder Handel, noch Wechselgeschäfte
oder ein gemeines Handwerk (oficio vil) betrieben haben. Auch
soll festgestellt werden, dass er reiten könne und ein Pferd be-
sitze; ob er einen Zweikampf gehabt und wie er daraus hervor-
gegangen, oder in einen Ehrenfall verwickelt gewesen. Endlich,
ob er oder seine Vorfahren einmal von der Inquisition bestraft
worden seien. In den kompromittirenden Punkten genügte schon
der Nachweis eines blossen Gerüchts oder Hörensagens zur
Verwerfung. Bis zum Jahre 1653 war die Ahnenprobe nur für
die väterliche Seite erforderlich gewesen; in einem General-
kapitel dieses Jahres wurde sie auch auf die mütterliche Ascen-
denz ausgedehnt. Die Kosten waren beträchtlich: der Präten-
dent hatte das Einkommen eines Jahres (200 Dukaten) zu zahlen,
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Justi, Carl: Diego Velazquez und sein Jahrhundert. Bd. 2. Bonn, 1888, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/justi_velazquez02_1888/251>, abgerufen am 24.11.2024.
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