Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Palais Royal.

Der Mensch sagte das mit einer so tückischen Miene, daß ich ihn betroffen anstarrte. Ich will nicht hoffen, sagte ich ernsthaft --

Daß ich scherze? sagte er wie vorhin. B'hüt mich Gott! Sie ist die ehrbare Nichte einer frommen Tante, und sie verstehen sich beide recht gut auf Juwelen -- a propos, es sind ja noch ein Paar Armbänder da, die zum Solitair gehören --

Schweig! rief ich finster. -- Die Aussicht, in einer Stadt, wo ich Niemand kannte, in die bitterste Armuth versetzt zu werden, und mich vielleicht einer verächtlichen Dirne aufzuopfern, war nicht die angenehmste -- ihr Bild, das sich in den edelsten Zügen mit in feine Seele geprägt hatte, strafte den Argwohn Lügen -- und doch, wenn ich Alles, besonders das Benehmen der Tante erwog, schien Georg nicht ganz Unrecht zu haben. -- Unschlüssig maß ich mit großen Schritten die Stube, als Mr. Brelon, mein Hauswirth, eintrat.

6.

Monseigneur verzeihen, sagte Mr. Brelon, ein echter Pariser, daß ich so spät Ihre Ruhe störe aber ich schätze Monseigneur so hoch, daß ich nicht umhin kann, Ihnen eine Nachricht von großer Wichtigkeit mitzutheilen.

Vom Palais Royal.

Der Mensch sagte das mit einer so tückischen Miene, daß ich ihn betroffen anstarrte. Ich will nicht hoffen, sagte ich ernsthaft —

Daß ich scherze? sagte er wie vorhin. B'hüt mich Gott! Sie ist die ehrbare Nichte einer frommen Tante, und sie verstehen sich beide recht gut auf Juwelen — à propos, es sind ja noch ein Paar Armbänder da, die zum Solitair gehören —

Schweig! rief ich finster. — Die Aussicht, in einer Stadt, wo ich Niemand kannte, in die bitterste Armuth versetzt zu werden, und mich vielleicht einer verächtlichen Dirne aufzuopfern, war nicht die angenehmste — ihr Bild, das sich in den edelsten Zügen mit in feine Seele geprägt hatte, strafte den Argwohn Lügen — und doch, wenn ich Alles, besonders das Benehmen der Tante erwog, schien Georg nicht ganz Unrecht zu haben. — Unschlüssig maß ich mit großen Schritten die Stube, als Mr. Brelon, mein Hauswirth, eintrat.

6.

Monseigneur verzeihen, sagte Mr. Brelon, ein echter Pariser, daß ich so spät Ihre Ruhe störe aber ich schätze Monseigneur so hoch, daß ich nicht umhin kann, Ihnen eine Nachricht von großer Wichtigkeit mitzutheilen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="5">
        <pb facs="#f0021"/>
        <p>Vom Palais Royal.</p><lb/>
        <p>Der Mensch sagte das mit einer so tückischen Miene, daß ich ihn betroffen anstarrte.                Ich will nicht hoffen, sagte ich ernsthaft &#x2014;</p><lb/>
        <p>Daß ich scherze? sagte er wie vorhin. B'hüt mich Gott! Sie ist die ehrbare Nichte                einer frommen Tante, und sie verstehen sich beide recht gut auf Juwelen &#x2014; à propos,                es sind ja noch ein Paar Armbänder da, die zum Solitair gehören &#x2014;</p><lb/>
        <p>Schweig! rief ich finster. &#x2014; Die Aussicht, in einer Stadt, wo ich Niemand kannte, in                die bitterste Armuth versetzt zu werden, und mich vielleicht einer verächtlichen                Dirne aufzuopfern, war nicht die angenehmste &#x2014; ihr Bild, das sich in den edelsten                Zügen mit in feine Seele geprägt hatte, strafte den Argwohn Lügen &#x2014; und doch, wenn                ich Alles, besonders das Benehmen der Tante erwog, schien Georg nicht ganz Unrecht zu                haben. &#x2014; Unschlüssig maß ich mit großen Schritten die Stube, als Mr. Brelon, mein                Hauswirth, eintrat.</p><lb/>
      </div>
      <div type="chapter" n="6">
        <head>6.</head>
        <p>Monseigneur verzeihen, sagte Mr. Brelon, ein echter Pariser, daß ich so spät Ihre                Ruhe störe aber ich schätze Monseigneur so hoch, daß ich nicht umhin kann, Ihnen eine                Nachricht von großer Wichtigkeit mitzutheilen.</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0021] Vom Palais Royal. Der Mensch sagte das mit einer so tückischen Miene, daß ich ihn betroffen anstarrte. Ich will nicht hoffen, sagte ich ernsthaft — Daß ich scherze? sagte er wie vorhin. B'hüt mich Gott! Sie ist die ehrbare Nichte einer frommen Tante, und sie verstehen sich beide recht gut auf Juwelen — à propos, es sind ja noch ein Paar Armbänder da, die zum Solitair gehören — Schweig! rief ich finster. — Die Aussicht, in einer Stadt, wo ich Niemand kannte, in die bitterste Armuth versetzt zu werden, und mich vielleicht einer verächtlichen Dirne aufzuopfern, war nicht die angenehmste — ihr Bild, das sich in den edelsten Zügen mit in feine Seele geprägt hatte, strafte den Argwohn Lügen — und doch, wenn ich Alles, besonders das Benehmen der Tante erwog, schien Georg nicht ganz Unrecht zu haben. — Unschlüssig maß ich mit großen Schritten die Stube, als Mr. Brelon, mein Hauswirth, eintrat. 6. Monseigneur verzeihen, sagte Mr. Brelon, ein echter Pariser, daß ich so spät Ihre Ruhe störe aber ich schätze Monseigneur so hoch, daß ich nicht umhin kann, Ihnen eine Nachricht von großer Wichtigkeit mitzutheilen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:26:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:26:46Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/21
Zitationshilfe: Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/21>, abgerufen am 03.12.2024.