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Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Andern sein, wie eine Waare sollen sie ihm verhandelt werden? Constance! ich ertrage das nicht -- am Tage Ihrer Hochzeit fliehe ich aus Frankreich, oder ich tödte mich oder ihn!

Sie sind ein Narr, Mr. D'Argenet, und würden es am wenigsten sein, wenn Sie davon liefen.

Der Liebhaber ergoß sich nach dieser Antwort, welche die schöne Constance so melodisch, aber auch so ruhig, wie Alles was sie sprach, von sich gab, in so feurige Klagen und sprach so schnell, daß ich nur einzelne Stichwörter seiner tragischen Explosionen weghaschen konnte. Ich hatte genug und schlich mich eben so heimlich fort, als ich gekommen war.

12.

Sie hätten mich schön angeführt, schöne Constance, sagte ich halblaut, als ich mich nach einer halbstündigen Promenade auf dem Walle niederlegte. Aber Sie haben sich selbst betrogen; ich bin Ihre reizende Unveränderlichkeit satt, und die einnehmende Angelique wird mir mehr ersetzen, als ich verloren habe.

Früh ging ich zu Mr. Gerson. Ich spielte den Großmüthigen und versicherte ihm, daß ich mir nie den entferntesten Anspruch auf die Hand eines Mädchens, dessen Herz schon verschenkt wäre, erlauben würde. Er wurde so wild, daß ich Mühe hatte, ihn zurück zu halten. D'Argenet war arm. Ich stellte ihm vor, daß ein Frauenzimmer von achtmalhundert-

Andern sein, wie eine Waare sollen sie ihm verhandelt werden? Constance! ich ertrage das nicht — am Tage Ihrer Hochzeit fliehe ich aus Frankreich, oder ich tödte mich oder ihn!

Sie sind ein Narr, Mr. D'Argenet, und würden es am wenigsten sein, wenn Sie davon liefen.

Der Liebhaber ergoß sich nach dieser Antwort, welche die schöne Constance so melodisch, aber auch so ruhig, wie Alles was sie sprach, von sich gab, in so feurige Klagen und sprach so schnell, daß ich nur einzelne Stichwörter seiner tragischen Explosionen weghaschen konnte. Ich hatte genug und schlich mich eben so heimlich fort, als ich gekommen war.

12.

Sie hätten mich schön angeführt, schöne Constance, sagte ich halblaut, als ich mich nach einer halbstündigen Promenade auf dem Walle niederlegte. Aber Sie haben sich selbst betrogen; ich bin Ihre reizende Unveränderlichkeit satt, und die einnehmende Angelique wird mir mehr ersetzen, als ich verloren habe.

Früh ging ich zu Mr. Gerson. Ich spielte den Großmüthigen und versicherte ihm, daß ich mir nie den entferntesten Anspruch auf die Hand eines Mädchens, dessen Herz schon verschenkt wäre, erlauben würde. Er wurde so wild, daß ich Mühe hatte, ihn zurück zu halten. D'Argenet war arm. Ich stellte ihm vor, daß ein Frauenzimmer von achtmalhundert-

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[0044] Andern sein, wie eine Waare sollen sie ihm verhandelt werden? Constance! ich ertrage das nicht — am Tage Ihrer Hochzeit fliehe ich aus Frankreich, oder ich tödte mich oder ihn! Sie sind ein Narr, Mr. D'Argenet, und würden es am wenigsten sein, wenn Sie davon liefen. Der Liebhaber ergoß sich nach dieser Antwort, welche die schöne Constance so melodisch, aber auch so ruhig, wie Alles was sie sprach, von sich gab, in so feurige Klagen und sprach so schnell, daß ich nur einzelne Stichwörter seiner tragischen Explosionen weghaschen konnte. Ich hatte genug und schlich mich eben so heimlich fort, als ich gekommen war. 12. Sie hätten mich schön angeführt, schöne Constance, sagte ich halblaut, als ich mich nach einer halbstündigen Promenade auf dem Walle niederlegte. Aber Sie haben sich selbst betrogen; ich bin Ihre reizende Unveränderlichkeit satt, und die einnehmende Angelique wird mir mehr ersetzen, als ich verloren habe. Früh ging ich zu Mr. Gerson. Ich spielte den Großmüthigen und versicherte ihm, daß ich mir nie den entferntesten Anspruch auf die Hand eines Mädchens, dessen Herz schon verschenkt wäre, erlauben würde. Er wurde so wild, daß ich Mühe hatte, ihn zurück zu halten. D'Argenet war arm. Ich stellte ihm vor, daß ein Frauenzimmer von achtmalhundert-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:26:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:26:46Z)

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Zitationshilfe: Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/44>, abgerufen am 27.04.2024.