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Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Mr. Gerson, sagte ich zu dem Vater, ich muß Sie um Ihre Vermittlung bitten. Angclique sagt mir zu, mich zu heirathen, aber sie beißt, kratzt und schlägt um sich, wie eine tatarische Braut, und ich brauche Hilfstruppen.

Lassen Sie sie gehen -- sie ist ein närrisches Mädchen, ich kenne sie wohl, aber eine gute Tochter. Hier -- indem er ihre Hand nahm und in die meinige legte -- sie ist die Ihrige.

Sie gab ihre Hand ohne Widerrede und betrachtete mich, während ich sie hielt, so zuversichtlich, als wollte sie sagen, ich habe dich und will schon fertig mit dir werden. Mir schien es selbst so, und statt mich dem neuen Entzücken zu überlassen, sprach ich mit D'Argenet, der es gern gethan hätte, über den amerikanischen Handel eine halbe Stunde und verließ dann ziemlich mißvergnügt die Gesellschaft.

14.

Angelique blieb in diesem Ton, und ich bereute tausendmal, sie aus einer liebenswürdigen Schwägerin in eine qualbegierige Braut verwandelt zu haben. Sie marterte mich recht ausgesucht; denn wenn sie mich durch unzählige Beleidigungen so empört hatte, daß mein Zorn dem Ausbruche nahe war, schmeichelte sie mir wieder und war so zärtlich, daß ich Alles vergaß und thöricht genug war, zu hoffen, sie werde sich anders benehmen. Nicht genug, daß ich unmittelbar da-

Mr. Gerson, sagte ich zu dem Vater, ich muß Sie um Ihre Vermittlung bitten. Angclique sagt mir zu, mich zu heirathen, aber sie beißt, kratzt und schlägt um sich, wie eine tatarische Braut, und ich brauche Hilfstruppen.

Lassen Sie sie gehen — sie ist ein närrisches Mädchen, ich kenne sie wohl, aber eine gute Tochter. Hier — indem er ihre Hand nahm und in die meinige legte — sie ist die Ihrige.

Sie gab ihre Hand ohne Widerrede und betrachtete mich, während ich sie hielt, so zuversichtlich, als wollte sie sagen, ich habe dich und will schon fertig mit dir werden. Mir schien es selbst so, und statt mich dem neuen Entzücken zu überlassen, sprach ich mit D'Argenet, der es gern gethan hätte, über den amerikanischen Handel eine halbe Stunde und verließ dann ziemlich mißvergnügt die Gesellschaft.

14.

Angelique blieb in diesem Ton, und ich bereute tausendmal, sie aus einer liebenswürdigen Schwägerin in eine qualbegierige Braut verwandelt zu haben. Sie marterte mich recht ausgesucht; denn wenn sie mich durch unzählige Beleidigungen so empört hatte, daß mein Zorn dem Ausbruche nahe war, schmeichelte sie mir wieder und war so zärtlich, daß ich Alles vergaß und thöricht genug war, zu hoffen, sie werde sich anders benehmen. Nicht genug, daß ich unmittelbar da-

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[0048] Mr. Gerson, sagte ich zu dem Vater, ich muß Sie um Ihre Vermittlung bitten. Angclique sagt mir zu, mich zu heirathen, aber sie beißt, kratzt und schlägt um sich, wie eine tatarische Braut, und ich brauche Hilfstruppen. Lassen Sie sie gehen — sie ist ein närrisches Mädchen, ich kenne sie wohl, aber eine gute Tochter. Hier — indem er ihre Hand nahm und in die meinige legte — sie ist die Ihrige. Sie gab ihre Hand ohne Widerrede und betrachtete mich, während ich sie hielt, so zuversichtlich, als wollte sie sagen, ich habe dich und will schon fertig mit dir werden. Mir schien es selbst so, und statt mich dem neuen Entzücken zu überlassen, sprach ich mit D'Argenet, der es gern gethan hätte, über den amerikanischen Handel eine halbe Stunde und verließ dann ziemlich mißvergnügt die Gesellschaft. 14. Angelique blieb in diesem Ton, und ich bereute tausendmal, sie aus einer liebenswürdigen Schwägerin in eine qualbegierige Braut verwandelt zu haben. Sie marterte mich recht ausgesucht; denn wenn sie mich durch unzählige Beleidigungen so empört hatte, daß mein Zorn dem Ausbruche nahe war, schmeichelte sie mir wieder und war so zärtlich, daß ich Alles vergaß und thöricht genug war, zu hoffen, sie werde sich anders benehmen. Nicht genug, daß ich unmittelbar da-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T12:26:46Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T12:26:46Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/48>, abgerufen am 28.04.2024.