Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.Ja -- eine Tochter des Kaufmanns Gerson aus Bordeaux. Wie, mein Vater? eine Braut, die ich nicht kenne? Es ist ein gutes Haus -- und du hast die Wahl unter drei Schwestern. Und wenn mir keine gefällt? Keine Narrheiten, Heinrich! sagte mein Vater sehr ernst; alles Ding hat seine Zeit, und ich habe den deinigen Zeit genug gelassen. Wenn ich ein Fürst wäre -- Und wenn du ein Kaiser wärest, fiel er mir hitzig ins Wort, so wärest du nur ein lockerer Zeisig, der eines Vormundes bedarf, und mein Sohn. Hier ist der Brief von Herrn Gerson, daß er deine Ankunft erwartet, und hier ist meine Antwort. Zu Mittag reisest du. Einige Abschiedsbesuche -- Sind nicht nöthig. Hier ist ein Packet Karten. Du darfst nur die Namen darauf schreiben. Ich nahm die Karten und ging auf mein Zimmer. Heirathen? -- murmelte ich bei mir selbst -- und eine kleine, gelbe, magere Französin, mit plattem Busen und unverschämten brennenden Augen, die keine Minute still sein und keinen Tag leben kann, ohne einmal für deinen Kopfputz gesorgt zu haben? -- und warum denn nicht in Hamburg, wenn es denn einmal sein soll? etwa die lange blonde Mamsell Sörgel? Ja — eine Tochter des Kaufmanns Gerson aus Bordeaux. Wie, mein Vater? eine Braut, die ich nicht kenne? Es ist ein gutes Haus — und du hast die Wahl unter drei Schwestern. Und wenn mir keine gefällt? Keine Narrheiten, Heinrich! sagte mein Vater sehr ernst; alles Ding hat seine Zeit, und ich habe den deinigen Zeit genug gelassen. Wenn ich ein Fürst wäre — Und wenn du ein Kaiser wärest, fiel er mir hitzig ins Wort, so wärest du nur ein lockerer Zeisig, der eines Vormundes bedarf, und mein Sohn. Hier ist der Brief von Herrn Gerson, daß er deine Ankunft erwartet, und hier ist meine Antwort. Zu Mittag reisest du. Einige Abschiedsbesuche — Sind nicht nöthig. Hier ist ein Packet Karten. Du darfst nur die Namen darauf schreiben. Ich nahm die Karten und ging auf mein Zimmer. Heirathen? — murmelte ich bei mir selbst — und eine kleine, gelbe, magere Französin, mit plattem Busen und unverschämten brennenden Augen, die keine Minute still sein und keinen Tag leben kann, ohne einmal für deinen Kopfputz gesorgt zu haben? — und warum denn nicht in Hamburg, wenn es denn einmal sein soll? etwa die lange blonde Mamsell Sörgel? <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <pb facs="#f0008"/> <p>Ja — eine Tochter des Kaufmanns Gerson aus Bordeaux.</p><lb/> <p>Wie, mein Vater? eine Braut, die ich nicht kenne?</p><lb/> <p>Es ist ein gutes Haus — und du hast die Wahl unter drei Schwestern.</p><lb/> <p>Und wenn mir keine gefällt?</p><lb/> <p>Keine Narrheiten, Heinrich! sagte mein Vater sehr ernst; alles Ding hat seine Zeit, und ich habe den deinigen Zeit genug gelassen.</p><lb/> <p>Wenn ich ein Fürst wäre —</p><lb/> <p>Und wenn du ein Kaiser wärest, fiel er mir hitzig ins Wort, so wärest du nur ein lockerer Zeisig, der eines Vormundes bedarf, und mein Sohn. Hier ist der Brief von Herrn Gerson, daß er deine Ankunft erwartet, und hier ist meine Antwort. Zu Mittag reisest du.</p><lb/> <p>Einige Abschiedsbesuche —</p><lb/> <p>Sind nicht nöthig. Hier ist ein Packet Karten. Du darfst nur die Namen darauf schreiben.</p><lb/> <p>Ich nahm die Karten und ging auf mein Zimmer. Heirathen? — murmelte ich bei mir selbst — und eine kleine, gelbe, magere Französin, mit plattem Busen und unverschämten brennenden Augen, die keine Minute still sein und keinen Tag leben kann, ohne einmal für deinen Kopfputz gesorgt zu haben? — und warum denn nicht in Hamburg, wenn es denn einmal sein soll? etwa die lange blonde Mamsell Sörgel?<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0008]
Ja — eine Tochter des Kaufmanns Gerson aus Bordeaux.
Wie, mein Vater? eine Braut, die ich nicht kenne?
Es ist ein gutes Haus — und du hast die Wahl unter drei Schwestern.
Und wenn mir keine gefällt?
Keine Narrheiten, Heinrich! sagte mein Vater sehr ernst; alles Ding hat seine Zeit, und ich habe den deinigen Zeit genug gelassen.
Wenn ich ein Fürst wäre —
Und wenn du ein Kaiser wärest, fiel er mir hitzig ins Wort, so wärest du nur ein lockerer Zeisig, der eines Vormundes bedarf, und mein Sohn. Hier ist der Brief von Herrn Gerson, daß er deine Ankunft erwartet, und hier ist meine Antwort. Zu Mittag reisest du.
Einige Abschiedsbesuche —
Sind nicht nöthig. Hier ist ein Packet Karten. Du darfst nur die Namen darauf schreiben.
Ich nahm die Karten und ging auf mein Zimmer. Heirathen? — murmelte ich bei mir selbst — und eine kleine, gelbe, magere Französin, mit plattem Busen und unverschämten brennenden Augen, die keine Minute still sein und keinen Tag leben kann, ohne einmal für deinen Kopfputz gesorgt zu haben? — und warum denn nicht in Hamburg, wenn es denn einmal sein soll? etwa die lange blonde Mamsell Sörgel?
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Zitationshilfe: | Kähler, Ludwig August: Die drei Schwester. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 11. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. [1]–57. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaehler_schwestern_1910/8>, abgerufen am 16.07.2024. |