Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Kämpfers Geschichte von Japan. Erstes Buch. Eingangsthüre ist besonders ein recht bewundernswürdiges Kunststük, das geschnizte Bilderund Laubwerk vorstelt. Die Bauart ist der, des Tempels bei der Piramide Pkahthon Tab. III Fig. 2. 3ähnlich, und sind beide hier in einem Abrisse vorgestelt. Zur Pracht ist die Mitte des Tempels mit vier gebogenen Dächern übereinander bedekt, von denen das unterste an jeder Seite des Tempels wie ein Flügel hervorsteht, und auf acht Pfeilern ruht. Wegen Mangel der Fenster ist der innere Raum hier, wie fast in allen Tempeln, ziemlich dunkel, indem das Licht nur zur Thür und einigen Mauerlöchern hineindringt. Der Vorsaal ist erhaben; seine vielfache Dächer ruhn auf acht in zwei Reihen stehenden Pfeilern mit ver- guldeten Kapitälen. Die äußersten Pfeiler werden durch ein rothgefärbtes Gitter mit einander vereinigt, um die Vorderseite des Tempels oder vielmehr dessen kostbare Thüren zu beschützen. Man siehet dieser Thüren drei Paar nebeneinander, deren jedes Paar aus zwei Brettern besteht, welche mit vielen durcheinander geflochtenen und mit Laub und Blumen gezierten Ranken sehr fein und künstlich ausgearbeitet sind. Man findet immer drei Lagen von diesen Zierrathen übereinander, und hin und wieder ragen auch noch kleine Bildnisse von heidnischen Götzen in mannichfacher Gestalt und Stellung hervor. Einige haben vier Arme und Hände, und in denselben vielerlei Gewehr und Werkzeuge; alle sehr proportionirt ausgearbeitet und mit Gold und Farben geschmükt. Neben diesem Tempel steht ein kleines offenes Häuslein, von mir mit a bezeich- B ist ein dem vorigen gleichförmiger Tempel, doch hat er weniger Schmuk. Jm C ist eine Thurm hohe, von oben bis über die Hälfte verguldete Piramide; sie D ist
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch. Eingangsthuͤre iſt beſonders ein recht bewundernswuͤrdiges Kunſtſtuͤk, das geſchnizte Bilderund Laubwerk vorſtelt. Die Bauart iſt der, des Tempels bei der Piramide Pkahthon Tab. III Fig. 2. 3aͤhnlich, und ſind beide hier in einem Abriſſe vorgeſtelt. Zur Pracht iſt die Mitte des Tempels mit vier gebogenen Daͤchern uͤbereinander bedekt, von denen das unterſte an jeder Seite des Tempels wie ein Fluͤgel hervorſteht, und auf acht Pfeilern ruht. Wegen Mangel der Fenſter iſt der innere Raum hier, wie faſt in allen Tempeln, ziemlich dunkel, indem das Licht nur zur Thuͤr und einigen Mauerloͤchern hineindringt. Der Vorſaal iſt erhaben; ſeine vielfache Daͤcher ruhn auf acht in zwei Reihen ſtehenden Pfeilern mit ver- guldeten Kapitaͤlen. Die aͤußerſten Pfeiler werden durch ein rothgefaͤrbtes Gitter mit einander vereinigt, um die Vorderſeite des Tempels oder vielmehr deſſen koſtbare Thuͤren zu beſchuͤtzen. Man ſiehet dieſer Thuͤren drei Paar nebeneinander, deren jedes Paar aus zwei Brettern beſteht, welche mit vielen durcheinander geflochtenen und mit Laub und Blumen gezierten Ranken ſehr fein und kuͤnſtlich ausgearbeitet ſind. Man findet immer drei Lagen von dieſen Zierrathen uͤbereinander, und hin und wieder ragen auch noch kleine Bildniſſe von heidniſchen Goͤtzen in mannichfacher Geſtalt und Stellung hervor. Einige haben vier Arme und Haͤnde, und in denſelben vielerlei Gewehr und Werkzeuge; alle ſehr proportionirt ausgearbeitet und mit Gold und Farben geſchmuͤkt. Neben dieſem Tempel ſteht ein kleines offenes Haͤuslein, von mir mit a bezeich- B iſt ein dem vorigen gleichfoͤrmiger Tempel, doch hat er weniger Schmuk. Jm C iſt eine Thurm hohe, von oben bis uͤber die Haͤlfte verguldete Piramide; ſie D iſt
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Erſtes Buch.
Eingangsthuͤre iſt beſonders ein recht bewundernswuͤrdiges Kunſtſtuͤk, das geſchnizte Bilder
und Laubwerk vorſtelt. Die Bauart iſt der, des Tempels bei der Piramide Pkahthon
aͤhnlich, und ſind beide hier in einem Abriſſe vorgeſtelt. Zur Pracht iſt die Mitte des
Tempels mit vier gebogenen Daͤchern uͤbereinander bedekt, von denen das unterſte an jeder
Seite des Tempels wie ein Fluͤgel hervorſteht, und auf acht Pfeilern ruht. Wegen
Mangel der Fenſter iſt der innere Raum hier, wie faſt in allen Tempeln, ziemlich dunkel,
indem das Licht nur zur Thuͤr und einigen Mauerloͤchern hineindringt. Der Vorſaal iſt
erhaben; ſeine vielfache Daͤcher ruhn auf acht in zwei Reihen ſtehenden Pfeilern mit ver-
guldeten Kapitaͤlen. Die aͤußerſten Pfeiler werden durch ein rothgefaͤrbtes Gitter mit
einander vereinigt, um die Vorderſeite des Tempels oder vielmehr deſſen koſtbare Thuͤren
zu beſchuͤtzen. Man ſiehet dieſer Thuͤren drei Paar nebeneinander, deren jedes Paar aus
zwei Brettern beſteht, welche mit vielen durcheinander geflochtenen und mit Laub und
Blumen gezierten Ranken ſehr fein und kuͤnſtlich ausgearbeitet ſind. Man findet immer
drei Lagen von dieſen Zierrathen uͤbereinander, und hin und wieder ragen auch noch kleine
Bildniſſe von heidniſchen Goͤtzen in mannichfacher Geſtalt und Stellung hervor. Einige
haben vier Arme und Haͤnde, und in denſelben vielerlei Gewehr und Werkzeuge; alle ſehr
proportionirt ausgearbeitet und mit Gold und Farben geſchmuͤkt.
Tab. III
Fig. 2. 3
Neben dieſem Tempel ſteht ein kleines offenes Haͤuslein, von mir mit a bezeich-
net, mit einer in der Mitte hangenden Glocke, welche zwei Ellen lang iſt. Sie wird
Morgens und Abends mit einem Hammer angeſchlagen, um den Moͤnchen ein Zeichen zu
geben, daß ſie Gebet halten ſollen, welches ſie mit einer bebenden Choralſtimme thun, ge-
rade wie unſre Moͤnche den Pſalter ſingen.
B iſt ein dem vorigen gleichfoͤrmiger Tempel, doch hat er weniger Schmuk. Jm
Vorhauſe deſſelben ſieht man zwei offene Kammern mit Stukaturarbeit und verguldeten
kleinen Goͤtzen geziert. Das Eſtrich war ganz mit breiten Palmblaͤttern von ihrer Pali,
d. i. Bibel, bedekt. Denn ſie pflegen dieſelbe, wenn ſie zerriſſen und unbrauchbar gewor-
den iſt, hier als am heiligen Orte auf dieſe Art niederzulegen. Es befremdete mich hier
beſonders, daß ich noch nirgends, weder bei Brahmanen noch bei Sineſern in den Tem-
peln einige Thiere und monſtroͤſe Goͤtzen, ſondern keine andere als menſchliche Geſtalten,
ſtehend oder ſitzend angetroffen hatte. Doch aber ſahe ich wol bei den Thuͤren, Eingaͤngen
und Piramiden dergleichen Thiere. So befanden ſich beſonders in den Vorhoͤfen dieſer
beiden Tempel viele abſcheuliche Geſtalten und Nebengoͤtzen mit Teufelsgeſichtern.
C iſt eine Thurm hohe, von oben bis uͤber die Haͤlfte verguldete Piramide; ſie
ſtehet auf ſteinernem hohen Grunde mit einer Allee ins Vierek umgeben. Die Spitze um-
faßt eine umgekehrte und weit abſtehende verguldete Krone, mit abhangenden verguldeten
Gloͤklein, welche vom Winde bewegt und gelaͤutet werden.
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