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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

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Sechst. Kap. Ueber den Ursprung der Japaner.

Sie fuhren zuerst von Astrakan über das kaspische Meer (welches sie 200 Mei-
len lang und 150 breit hielten) bis Seratsjik 15 Tage; von da zu Lande bis Urgenz, der
Residenz eines usbekischen Prinzen fünf Tage; durch eine unbewohnte Wüste bis Bochan
15 Tage. Von hier konte man die Reise auf zwei verschiednen Wegen machen. Der
eine gieng über Curga, und war damals unsicher. Der andre zog sich durch ein benach-
bartes Land bis Taarkend 14 Tage; bis Oxiend 7 Tage. Von da bis Kaasker,
der Hauptstadt in Turkestaan und dem vornehmsten Orte zwischen Buchara und Kattai
ohngefehr 20 Tage.*) Ferner bis zu der ersten Gränzstadt vor Kattai Tsutsjick 30 Tage;
bis Hamtsjik 5 Tage; dann durch ein bevölkertes Land bis an die Mauern von Kattai
oder Sina 60 Tage, und endlich bis zu der Hauptstadt Cambalu oder Pekin 10 Tage.
Diese ganze Reise hatte also sechs Monate gewährt.

Jn Jspahan lernte ich bei dem Gesandten eines kalmuckischen Prinzen an den
Kaiser von Persien einen kalmuckischen Kaufmann kennen, der die aus Sina mitge-
brachte Wurzel Tai Chuun, d. i. großes gelb oder Rhabarber in Jspahan verkaufte
und auch mir feilbot. Jch bat auch diesen, daß er mir seine Reiseroute von Mien Kisi
Laag
bis zur sinesischen großen Mauer mittheilen möchte, sie war folgende: Von
Mien Kisj Laag bis Dsjem 20 Tage; bis Yilgoas, wo man ein großes Wasser pas-
sirt, 15 Tage; bis Torgai einige Tage; bis Milantsji 10 Tage; bis Loktan 10 Tage;
bis Tsjehrehsu 5 Tage; bis Jsjiel 10 Tage; bis Karlah 4 Tage; bis Bulane 6 Tage;
bis Karbo Katai 10 Tage; bis zur sinesischen Mauer durch zum Theil dürre ungebahnte
Gegenden 9 Tage. Hier fand er an einigen Orten herumziehende Hirten, die unter schwar-
zen Zelten wohnten. -- Mien Kisi Laag heist 1000 Winter oder Ruheplätze; es ist eine
Jnsel am Ostufer des kaspischen Meers unter 45 Gr. N. Br. und die Residenz des Aiju-
keh,
oder des Fürsten der dasigen Kalmucken. Diese haben die Turkmannen oder Tür-
ken
aus dieser Gegend und vom östlichen Ufer des kaspischen Meers ganz weg-
getrieben.

Die ersten Sineser, denk ich, haben wahrscheinlich nicht einen so dürren Weg
gewählt, wo die Reisenden sehr oft Wasser und Futter für das Vieh mit sich führen müs-
sen. Sie nahmen vermuthlich eine weit südlichere Route die Nordseite des Gebirges
Jmaus vorbei, wo das Land fruchtbar und wasserreich ist, und wo sie auch bald auf den
großen Flus Croceus oder dessen Aerme stoßen musten, und dadurch dann in das Herz von
Sina gebracht wurden.

Um
*) Jn der Handschrift, die Scheuchzer vor sich hatte, war diese Zahl ausgelassen.
O
Sechſt. Kap. Ueber den Urſprung der Japaner.

Sie fuhren zuerſt von Aſtrakan uͤber das kaſpiſche Meer (welches ſie 200 Mei-
len lang und 150 breit hielten) bis Seratſjik 15 Tage; von da zu Lande bis Urgenz, der
Reſidenz eines usbekiſchen Prinzen fuͤnf Tage; durch eine unbewohnte Wuͤſte bis Bochan
15 Tage. Von hier konte man die Reiſe auf zwei verſchiednen Wegen machen. Der
eine gieng uͤber Curga, und war damals unſicher. Der andre zog ſich durch ein benach-
bartes Land bis Taarkend 14 Tage; bis Oxiend 7 Tage. Von da bis Kaasker,
der Hauptſtadt in Turkeſtaan und dem vornehmſten Orte zwiſchen Buchara und Kattai
ohngefehr 20 Tage.*) Ferner bis zu der erſten Graͤnzſtadt vor Kattai Tſutſjick 30 Tage;
bis Hamtſjik 5 Tage; dann durch ein bevoͤlkertes Land bis an die Mauern von Kattai
oder Sina 60 Tage, und endlich bis zu der Hauptſtadt Cambalu oder Pekin 10 Tage.
Dieſe ganze Reiſe hatte alſo ſechs Monate gewaͤhrt.

Jn Jspahan lernte ich bei dem Geſandten eines kalmuckiſchen Prinzen an den
Kaiſer von Perſien einen kalmuckiſchen Kaufmann kennen, der die aus Sina mitge-
brachte Wurzel Tai Chuun, d. i. großes gelb oder Rhabarber in Jspahan verkaufte
und auch mir feilbot. Jch bat auch dieſen, daß er mir ſeine Reiſeroute von Mien Kiſi
Laag
bis zur ſineſiſchen großen Mauer mittheilen moͤchte, ſie war folgende: Von
Mien Kiſj Laag bis Dſjem 20 Tage; bis Yilgoas, wo man ein großes Waſſer paſ-
ſirt, 15 Tage; bis Torgai einige Tage; bis Milantſji 10 Tage; bis Loktan 10 Tage;
bis Tſjehrehſu 5 Tage; bis Jsjiel 10 Tage; bis Karlah 4 Tage; bis Bulane 6 Tage;
bis Karbo Katai 10 Tage; bis zur ſineſiſchen Mauer durch zum Theil duͤrre ungebahnte
Gegenden 9 Tage. Hier fand er an einigen Orten herumziehende Hirten, die unter ſchwar-
zen Zelten wohnten. — Mien Kiſi Laag heiſt 1000 Winter oder Ruheplaͤtze; es iſt eine
Jnſel am Oſtufer des kaſpiſchen Meers unter 45 Gr. N. Br. und die Reſidenz des Aiju-
keh,
oder des Fuͤrſten der daſigen Kalmucken. Dieſe haben die Turkmannen oder Tuͤr-
ken
aus dieſer Gegend und vom oͤſtlichen Ufer des kaſpiſchen Meers ganz weg-
getrieben.

Die erſten Sineſer, denk ich, haben wahrſcheinlich nicht einen ſo duͤrren Weg
gewaͤhlt, wo die Reiſenden ſehr oft Waſſer und Futter fuͤr das Vieh mit ſich fuͤhren muͤſ-
ſen. Sie nahmen vermuthlich eine weit ſuͤdlichere Route die Nordſeite des Gebirges
Jmaus vorbei, wo das Land fruchtbar und waſſerreich iſt, und wo ſie auch bald auf den
großen Flus Croceus oder deſſen Aerme ſtoßen muſten, und dadurch dann in das Herz von
Sina gebracht wurden.

Um
*) Jn der Handſchrift, die Scheuchzer vor ſich hatte, war dieſe Zahl ausgelaſſen.
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[105/0193] Sechſt. Kap. Ueber den Urſprung der Japaner. Sie fuhren zuerſt von Aſtrakan uͤber das kaſpiſche Meer (welches ſie 200 Mei- len lang und 150 breit hielten) bis Seratſjik 15 Tage; von da zu Lande bis Urgenz, der Reſidenz eines usbekiſchen Prinzen fuͤnf Tage; durch eine unbewohnte Wuͤſte bis Bochan 15 Tage. Von hier konte man die Reiſe auf zwei verſchiednen Wegen machen. Der eine gieng uͤber Curga, und war damals unſicher. Der andre zog ſich durch ein benach- bartes Land bis Taarkend 14 Tage; bis Oxiend 7 Tage. Von da bis Kaasker, der Hauptſtadt in Turkeſtaan und dem vornehmſten Orte zwiſchen Buchara und Kattai ohngefehr 20 Tage. *) Ferner bis zu der erſten Graͤnzſtadt vor Kattai Tſutſjick 30 Tage; bis Hamtſjik 5 Tage; dann durch ein bevoͤlkertes Land bis an die Mauern von Kattai oder Sina 60 Tage, und endlich bis zu der Hauptſtadt Cambalu oder Pekin 10 Tage. Dieſe ganze Reiſe hatte alſo ſechs Monate gewaͤhrt. Jn Jspahan lernte ich bei dem Geſandten eines kalmuckiſchen Prinzen an den Kaiſer von Perſien einen kalmuckiſchen Kaufmann kennen, der die aus Sina mitge- brachte Wurzel Tai Chuun, d. i. großes gelb oder Rhabarber in Jspahan verkaufte und auch mir feilbot. Jch bat auch dieſen, daß er mir ſeine Reiſeroute von Mien Kiſi Laag bis zur ſineſiſchen großen Mauer mittheilen moͤchte, ſie war folgende: Von Mien Kiſj Laag bis Dſjem 20 Tage; bis Yilgoas, wo man ein großes Waſſer paſ- ſirt, 15 Tage; bis Torgai einige Tage; bis Milantſji 10 Tage; bis Loktan 10 Tage; bis Tſjehrehſu 5 Tage; bis Jsjiel 10 Tage; bis Karlah 4 Tage; bis Bulane 6 Tage; bis Karbo Katai 10 Tage; bis zur ſineſiſchen Mauer durch zum Theil duͤrre ungebahnte Gegenden 9 Tage. Hier fand er an einigen Orten herumziehende Hirten, die unter ſchwar- zen Zelten wohnten. — Mien Kiſi Laag heiſt 1000 Winter oder Ruheplaͤtze; es iſt eine Jnſel am Oſtufer des kaſpiſchen Meers unter 45 Gr. N. Br. und die Reſidenz des Aiju- keh, oder des Fuͤrſten der daſigen Kalmucken. Dieſe haben die Turkmannen oder Tuͤr- ken aus dieſer Gegend und vom oͤſtlichen Ufer des kaſpiſchen Meers ganz weg- getrieben. Die erſten Sineſer, denk ich, haben wahrſcheinlich nicht einen ſo duͤrren Weg gewaͤhlt, wo die Reiſenden ſehr oft Waſſer und Futter fuͤr das Vieh mit ſich fuͤhren muͤſ- ſen. Sie nahmen vermuthlich eine weit ſuͤdlichere Route die Nordſeite des Gebirges Jmaus vorbei, wo das Land fruchtbar und waſſerreich iſt, und wo ſie auch bald auf den großen Flus Croceus oder deſſen Aerme ſtoßen muſten, und dadurch dann in das Herz von Sina gebracht wurden. Um *) Jn der Handſchrift, die Scheuchzer vor ſich hatte, war dieſe Zahl ausgelaſſen. O

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/193>, abgerufen am 21.11.2024.