Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.Siebent. Kap. Vom Ursprung der Japaner etc. nere Kriege geführt wurden; da die Japaner durch Hungersnoth auch oft viele 1000Menschen verlohren: so folgt daraus offenbar, daß sie nicht damals zuerst hier entstanden seyn können, sondern schon viele Jahrhunderte vorher in diesem Lande gewohnt und eine zahlreiche Nation ausgemacht haben müssen. Man müste sonst annehmen, daß sie kurz vorher ein andres großes Reich verlassen und dieses Land bezogen hätten, oder auch plözlich wie Erdschwämme aus der Erde hervorgekommen wären. Beide Meinungen sind, wie man sieht, lächerlich.*) Die wahrscheinlichere Meinung ist vielmehr, daß die Japaner nach der Lage der Seit diesem ihrem ersten Monarchen beschreiben die Japaner die Thaten und Be- Diese Herrschaft hat also bis zu dem Jahre unsrer Zeitrechnung 1700 gewährt Achtes *) [Spaltenumbruch]
Die englische Uebersetzung giebt hier den Werth dieser beiden Meinungen etwas dentlicher und bestimter an. Die eine, sagt sie, sey lächer- lich, die andre unwahrscheinlich. Und in der That ist auch die Behauptung, daß die Japaner aus ei- [Spaltenumbruch] nem fremden Lande gekommen wären, nicht gerade lächerlich, ob sie zwar wohl etwas unwahrschein- lich seyn mag, und keine beweisende Gründe für sich hat. P 3
Siebent. Kap. Vom Urſprung der Japaner ꝛc. nere Kriege gefuͤhrt wurden; da die Japaner durch Hungersnoth auch oft viele 1000Menſchen verlohren: ſo folgt daraus offenbar, daß ſie nicht damals zuerſt hier entſtanden ſeyn koͤnnen, ſondern ſchon viele Jahrhunderte vorher in dieſem Lande gewohnt und eine zahlreiche Nation ausgemacht haben muͤſſen. Man muͤſte ſonſt annehmen, daß ſie kurz vorher ein andres großes Reich verlaſſen und dieſes Land bezogen haͤtten, oder auch ploͤzlich wie Erdſchwaͤmme aus der Erde hervorgekommen waͤren. Beide Meinungen ſind, wie man ſieht, laͤcherlich.*) Die wahrſcheinlichere Meinung iſt vielmehr, daß die Japaner nach der Lage der Seit dieſem ihrem erſten Monarchen beſchreiben die Japaner die Thaten und Be- Dieſe Herrſchaft hat alſo bis zu dem Jahre unſrer Zeitrechnung 1700 gewaͤhrt Achtes *) [Spaltenumbruch]
Die engliſche Ueberſetzung giebt hier den Werth dieſer beiden Meinungen etwas dentlicher und beſtimter an. Die eine, ſagt ſie, ſey laͤcher- lich, die andre unwahrſcheinlich. Und in der That iſt auch die Behauptung, daß die Japaner aus ei- [Spaltenumbruch] nem fremden Lande gekommen waͤren, nicht gerade laͤcherlich, ob ſie zwar wohl etwas unwahrſchein- lich ſeyn mag, und keine beweiſende Gruͤnde fuͤr ſich hat. P 3
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Siebent. Kap. Vom Urſprung der Japaner ꝛc.
nere Kriege gefuͤhrt wurden; da die Japaner durch Hungersnoth auch oft viele 1000
Menſchen verlohren: ſo folgt daraus offenbar, daß ſie nicht damals zuerſt hier entſtanden
ſeyn koͤnnen, ſondern ſchon viele Jahrhunderte vorher in dieſem Lande gewohnt und eine
zahlreiche Nation ausgemacht haben muͤſſen. Man muͤſte ſonſt annehmen, daß ſie kurz
vorher ein andres großes Reich verlaſſen und dieſes Land bezogen haͤtten, oder auch ploͤzlich
wie Erdſchwaͤmme aus der Erde hervorgekommen waͤren. Beide Meinungen ſind, wie
man ſieht, laͤcherlich. *)
Die wahrſcheinlichere Meinung iſt vielmehr, daß die Japaner nach der Lage der
Landſchaften, welche durch Berge, Stroͤhme und Seen von einander getrennt ſind, in viele
Heerden und Haufen vertheilt, mehrere Jahrhunderte hindurch fortgelebt haben, bis endlich
der gluͤkliche japaniſche Ninus Dſin Mu Ten Oo durch Liſt, Gewalt, oder freye Wahl
der Herr der ganzen Nation wurde, und ſie unter einer monarchiſchen Regierungsform
vereinigte.
Seit dieſem ihrem erſten Monarchen beſchreiben die Japaner die Thaten und Be-
gebenheiten ihres Volks mit einer ganz unfehlbaren Zeitrechnung. So wie der Dadſino
Mikotto unter den himliſchen Goͤttern wie der Tendſjo Daioſjn unter den irdiſchen Goͤt-
tern, ſo iſt dieſer erſte Monarch Dſin Mu Ten Oo unter den Menſchen der erſte und
groͤſte. Jn ſeiner Familie iſt denn auch das Recht der kaiſerlichen Gewalt, die Ausuͤbung
nicht mehr, wie ich weiter unten zeigen werde, nebſt einem anbetenswuͤrdigen Anſehn erblich
geblieben bis zu dem jezt regierenden 114ten Mikaddo, dem Kin ſan Kwo tei.
Dieſe Herrſchaft hat alſo bis zu dem Jahre unſrer Zeitrechnung 1700 gewaͤhrt
2360 Jahre.
Achtes
*)
Die engliſche Ueberſetzung giebt hier den
Werth dieſer beiden Meinungen etwas dentlicher
und beſtimter an. Die eine, ſagt ſie, ſey laͤcher-
lich, die andre unwahrſcheinlich. Und in der That
iſt auch die Behauptung, daß die Japaner aus ei-
nem fremden Lande gekommen waͤren, nicht gerade
laͤcherlich, ob ſie zwar wohl etwas unwahrſchein-
lich ſeyn mag, und keine beweiſende Gruͤnde fuͤr
ſich hat.
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