Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite

Acht. Kap. Von dem Clima der japanischen Länder etc.
Japaner sehr von den ankommenden Fremden, und bezahlen ihn sehr theuer. Sie brau-
chen es zum Merkurialwasser in fressenden Schäden; und ich glaube auch, als ein sicheres
Mittel zum Selbstmord, wenn ihnen etwas begegnet, daß sie sich dazu entschließen. Der
natürliche Zinnober wird zum Arzneigebrauch, und der künstliche zum Färben aus Sina
eingeführt; darf aber nicht anders als an die Tsjusa oder privilegirte Zinnoberkrämer ver-
kauft werden. Der natürliche ist sehr fein; und einiger so theuer, daß er den Werth des
Silbers weit übersteigt.



Neuntes Kapitel.
Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen.


Der Boden bringt wegen des gütigen Climas, und des arbeitsamen Fleißes der Ein-
wohner viele wilde und fruchtbare Pflanzen hervor, die anfangs ohne Unterscheid
nur zur Speise und zum Unterhalt des bloßen Lebens aus Noth gebraucht wurden: allein die
Scharfsinnigkeit hat die Einwohner in spätern Zeiten auch gelehrt, dieselben zur Wollust und
Pracht anzuwenden. Jn diesem Kapitel wollen wir blos die nüzlichsten und gemeinsten
Pflanzen anführen; und verweisen die Liebhaber der seltenen und unbekanten auf unsere
Amoenitates Exoticae, in welchen wir einen Anfang gemacht haben, dieselben zu
beschreiben.

Maulbeerbaum.

Der Maulbeerbaum verdient in der ersten Classe angeführt zu werden; denn ob-
gleich dessen Früchte, so wol weiße als braune, in diesen Ländern unschmakhaft sind, und
von Menschen nicht können gegessen werden, so ersezt er doch durch seine Blätter, als einer
Speise der Seidenwürmer, diesen Mangel. Man samlet in vielen nordlichen und andern
Provinzen, wo dieser Baum wächset, eine mittelmäßig gute Seide; und wirket aus der-

selben
R

Acht. Kap. Von dem Clima der japaniſchen Laͤnder ꝛc.
Japaner ſehr von den ankommenden Fremden, und bezahlen ihn ſehr theuer. Sie brau-
chen es zum Merkurialwaſſer in freſſenden Schaͤden; und ich glaube auch, als ein ſicheres
Mittel zum Selbſtmord, wenn ihnen etwas begegnet, daß ſie ſich dazu entſchließen. Der
natuͤrliche Zinnober wird zum Arzneigebrauch, und der kuͤnſtliche zum Faͤrben aus Sina
eingefuͤhrt; darf aber nicht anders als an die Tſjuſa oder privilegirte Zinnoberkraͤmer ver-
kauft werden. Der natuͤrliche iſt ſehr fein; und einiger ſo theuer, daß er den Werth des
Silbers weit uͤberſteigt.



Neuntes Kapitel.
Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen.


Der Boden bringt wegen des guͤtigen Climas, und des arbeitſamen Fleißes der Ein-
wohner viele wilde und fruchtbare Pflanzen hervor, die anfangs ohne Unterſcheid
nur zur Speiſe und zum Unterhalt des bloßen Lebens aus Noth gebraucht wurden: allein die
Scharfſinnigkeit hat die Einwohner in ſpaͤtern Zeiten auch gelehrt, dieſelben zur Wolluſt und
Pracht anzuwenden. Jn dieſem Kapitel wollen wir blos die nuͤzlichſten und gemeinſten
Pflanzen anfuͤhren; und verweiſen die Liebhaber der ſeltenen und unbekanten auf unſere
Amoenitates Exoticae, in welchen wir einen Anfang gemacht haben, dieſelben zu
beſchreiben.

Maulbeerbaum.

Der Maulbeerbaum verdient in der erſten Claſſe angefuͤhrt zu werden; denn ob-
gleich deſſen Fruͤchte, ſo wol weiße als braune, in dieſen Laͤndern unſchmakhaft ſind, und
von Menſchen nicht koͤnnen gegeſſen werden, ſo erſezt er doch durch ſeine Blaͤtter, als einer
Speiſe der Seidenwuͤrmer, dieſen Mangel. Man ſamlet in vielen nordlichen und andern
Provinzen, wo dieſer Baum waͤchſet, eine mittelmaͤßig gute Seide; und wirket aus der-

ſelben
R
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0217" n="129"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Acht. Kap. Von dem Clima der japani&#x017F;chen La&#x0364;nder &#xA75B;c.</hi></fw><lb/>
Japaner &#x017F;ehr von den ankommenden Fremden, und bezahlen ihn &#x017F;ehr theuer. Sie brau-<lb/>
chen es zum Merkurialwa&#x017F;&#x017F;er in fre&#x017F;&#x017F;enden Scha&#x0364;den; und ich glaube auch, als ein &#x017F;icheres<lb/>
Mittel zum Selb&#x017F;tmord, wenn ihnen etwas begegnet, daß &#x017F;ie &#x017F;ich dazu ent&#x017F;chließen. Der<lb/>
natu&#x0364;rliche Zinnober wird zum Arzneigebrauch, und der ku&#x0364;n&#x017F;tliche zum Fa&#x0364;rben aus Sina<lb/>
eingefu&#x0364;hrt; darf aber nicht anders als an die <hi rendition="#fr">T&#x017F;ju&#x017F;a</hi> oder privilegirte Zinnoberkra&#x0364;mer ver-<lb/>
kauft werden. Der natu&#x0364;rliche i&#x017F;t &#x017F;ehr fein; und einiger &#x017F;o theuer, daß er den Werth des<lb/>
Silbers weit u&#x0364;ber&#x017F;teigt.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Neuntes Kapitel</hi>.<lb/>
Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen.</hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>er Boden bringt wegen des gu&#x0364;tigen Climas, und des arbeit&#x017F;amen Fleißes der Ein-<lb/>
wohner viele wilde und fruchtbare Pflanzen hervor, die anfangs ohne Unter&#x017F;cheid<lb/>
nur zur Spei&#x017F;e und zum Unterhalt des bloßen Lebens aus Noth gebraucht wurden: allein die<lb/>
Scharf&#x017F;innigkeit hat die Einwohner in &#x017F;pa&#x0364;tern Zeiten auch gelehrt, die&#x017F;elben zur Wollu&#x017F;t und<lb/>
Pracht anzuwenden. Jn die&#x017F;em Kapitel wollen wir blos die nu&#x0364;zlich&#x017F;ten und gemein&#x017F;ten<lb/>
Pflanzen anfu&#x0364;hren; und verwei&#x017F;en die Liebhaber der &#x017F;eltenen und unbekanten auf un&#x017F;ere<lb/><hi rendition="#aq">Amoenitates Exoticae,</hi> in welchen wir einen Anfang gemacht haben, die&#x017F;elben zu<lb/>
be&#x017F;chreiben.</p><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Maulbeerbaum</hi>.</hi> </head><lb/>
            <p>Der Maulbeerbaum verdient in der er&#x017F;ten Cla&#x017F;&#x017F;e angefu&#x0364;hrt zu werden; denn ob-<lb/>
gleich de&#x017F;&#x017F;en Fru&#x0364;chte, &#x017F;o wol weiße als braune, in die&#x017F;en La&#x0364;ndern un&#x017F;chmakhaft &#x017F;ind, und<lb/>
von Men&#x017F;chen nicht ko&#x0364;nnen gege&#x017F;&#x017F;en werden, &#x017F;o er&#x017F;ezt er doch durch &#x017F;eine Bla&#x0364;tter, als einer<lb/>
Spei&#x017F;e der Seidenwu&#x0364;rmer, die&#x017F;en Mangel. Man &#x017F;amlet in vielen nordlichen und andern<lb/>
Provinzen, wo die&#x017F;er Baum wa&#x0364;ch&#x017F;et, eine mittelma&#x0364;ßig gute Seide; und wirket aus der-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">R</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x017F;elben</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[129/0217] Acht. Kap. Von dem Clima der japaniſchen Laͤnder ꝛc. Japaner ſehr von den ankommenden Fremden, und bezahlen ihn ſehr theuer. Sie brau- chen es zum Merkurialwaſſer in freſſenden Schaͤden; und ich glaube auch, als ein ſicheres Mittel zum Selbſtmord, wenn ihnen etwas begegnet, daß ſie ſich dazu entſchließen. Der natuͤrliche Zinnober wird zum Arzneigebrauch, und der kuͤnſtliche zum Faͤrben aus Sina eingefuͤhrt; darf aber nicht anders als an die Tſjuſa oder privilegirte Zinnoberkraͤmer ver- kauft werden. Der natuͤrliche iſt ſehr fein; und einiger ſo theuer, daß er den Werth des Silbers weit uͤberſteigt. Neuntes Kapitel. Von der Fruchtbarkeit des Landes an Pflanzen. Der Boden bringt wegen des guͤtigen Climas, und des arbeitſamen Fleißes der Ein- wohner viele wilde und fruchtbare Pflanzen hervor, die anfangs ohne Unterſcheid nur zur Speiſe und zum Unterhalt des bloßen Lebens aus Noth gebraucht wurden: allein die Scharfſinnigkeit hat die Einwohner in ſpaͤtern Zeiten auch gelehrt, dieſelben zur Wolluſt und Pracht anzuwenden. Jn dieſem Kapitel wollen wir blos die nuͤzlichſten und gemeinſten Pflanzen anfuͤhren; und verweiſen die Liebhaber der ſeltenen und unbekanten auf unſere Amoenitates Exoticae, in welchen wir einen Anfang gemacht haben, dieſelben zu beſchreiben. Maulbeerbaum. Der Maulbeerbaum verdient in der erſten Claſſe angefuͤhrt zu werden; denn ob- gleich deſſen Fruͤchte, ſo wol weiße als braune, in dieſen Laͤndern unſchmakhaft ſind, und von Menſchen nicht koͤnnen gegeſſen werden, ſo erſezt er doch durch ſeine Blaͤtter, als einer Speiſe der Seidenwuͤrmer, dieſen Mangel. Man ſamlet in vielen nordlichen und andern Provinzen, wo dieſer Baum waͤchſet, eine mittelmaͤßig gute Seide; und wirket aus der- ſelben R

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/217
Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 1. Lemgo, 1777, S. 129. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan01_1777/217>, abgerufen am 21.11.2024.