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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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Acht. Kap. Nachrichten von dem holländischen Handel in Japan.
doch auch diese volkreiche Stadt *) mit ihren Oberherrn ohne fremden Handel nicht bestehn,
vorzüglich weil ihr der Zuflus von den Portugiesen nunmehr ganz entzogen war. Wir
führten deshalb jährlich große Ladungen von Waaren auf sechs oder sieben Schiffen zu, die
wir mit großem Gewin verkaufen konten. Besonders war das Jahr 1641 vorzüglich vor-
theilhaft für uns. Wir sezten damals für 80 Tonnen Goldes Waaren um, und führten
noch die schon vorher erwähnte Summe von 1400 Kisten Silber aus. Die edle Compa-
gnie hielt nachher um die freie Ausfuhr des Kupfers an, welche 1637 verboten war. Diese
wurde ihr auch verstattet, und dagegen die Ausfuhr des Silbers untersagt. Wir sind mit
dieser Einrichtung ungemein wohl zufrieden gewesen, doch ohne daß wir es uns eben zu
sehr hätten merken lassen. Das Kupfer ist in dem großen indischen Handel viel wichtiger,
als das Silber. Dieses giebt nur 4, jenes 90 bis 95 Procent Gewin, besonders zu Su-
rate,
wohin wir gemeiniglich 6000 Kisten jedes Jahr zu versenden pflegen.

Auf diese Art wurde uns der vielfältige Verdrus in die harten Zumuthungen, de-
nen wir damals noch mehr wie jezt ausgesezt waren, noch so ziemlich vergütet. Dieser
Zustand währte dreißig Jahre, bis unser Handel im Jahr 1672 die dritte Periode erreichte.
Die Ungnade des Reichsraths Jnaba Mino, (der nebst seinem Collegen Uto bei dem
damaligen Ruheliebenden Kaiser Deijo jin das gröste Vermögen und die ganze Reichsre-
gierung in Händen hatte) verwandelte unser güldenes Flies, das wir jährlich aus diesem
Colchis abholten, in ein gemeines Fel, und brachte unsern so blühenden Handel sehr her-
unter. Jch wil hier diese für uns so traurige Geschichte erzählen, und dadurch zugleich ein
Beispiel von der ausnehmenden Nachsicht dieser Nation geben.

Mino (mit hinzugefügtem Titel heist er, als großer Herr, nach der Landesge-
wonheit Minosama) war ein Minister, dem sich der Kaiser selbst verpflichtet hielt, und
der außer seinem Antheil an der algemeinen Landesregierung auch noch besonders die Ober-
aufsicht über die Fremden und ihre Handlung hatte. Da es das beständige Bestreben aller
Hofleute ist, dem Kaiser zu gefallen, und sie alle mögliche Mittel dazu aufsuchen, so machte
auch dieser Minister bald die Anmerkung, daß es seinem Herrn sehr gefallen würde, wenn
er den Tempel, worin seine Väter begraben waren, mit einem großen europäischen Kirchen-
leuchter ausschmükte, da mit einem ähnlichen Geschenk die Holländer, wie sie noch zu Fi-
rando
waren, sich das höchste Wohlgefallen und Gnade eines der vorigen Kaiser erworben
hatten, weil die Regenten so wie das ganze Volk seine vornehmste Religionspflicht darin
setzen, dem Tempel ihrer Vorfahren Ehre und Schmuk zu verschaffen. Der Minister lies
also durch die Holländer einen sehr prächtigen Kirchenleuchter aus Europa verschreiben.

Durch
*) [Spaltenumbruch] Der Verfasser versteht hier Nangasacki,
seine Anmerkung gilt aber eigentlich vom ganzen[Spaltenumbruch]
Reich, für welches jene Stadt die europäischen Waa-
ren nur in Empfang nimt.
O 2

Acht. Kap. Nachrichten von dem hollaͤndiſchen Handel in Japan.
doch auch dieſe volkreiche Stadt *) mit ihren Oberherrn ohne fremden Handel nicht beſtehn,
vorzuͤglich weil ihr der Zuflus von den Portugieſen nunmehr ganz entzogen war. Wir
fuͤhrten deshalb jaͤhrlich große Ladungen von Waaren auf ſechs oder ſieben Schiffen zu, die
wir mit großem Gewin verkaufen konten. Beſonders war das Jahr 1641 vorzuͤglich vor-
theilhaft fuͤr uns. Wir ſezten damals fuͤr 80 Tonnen Goldes Waaren um, und fuͤhrten
noch die ſchon vorher erwaͤhnte Summe von 1400 Kiſten Silber aus. Die edle Compa-
gnie hielt nachher um die freie Ausfuhr des Kupfers an, welche 1637 verboten war. Dieſe
wurde ihr auch verſtattet, und dagegen die Ausfuhr des Silbers unterſagt. Wir ſind mit
dieſer Einrichtung ungemein wohl zufrieden geweſen, doch ohne daß wir es uns eben zu
ſehr haͤtten merken laſſen. Das Kupfer iſt in dem großen indiſchen Handel viel wichtiger,
als das Silber. Dieſes giebt nur 4, jenes 90 bis 95 Procent Gewin, beſonders zu Su-
rate,
wohin wir gemeiniglich 6000 Kiſten jedes Jahr zu verſenden pflegen.

Auf dieſe Art wurde uns der vielfaͤltige Verdrus in die harten Zumuthungen, de-
nen wir damals noch mehr wie jezt ausgeſezt waren, noch ſo ziemlich verguͤtet. Dieſer
Zuſtand waͤhrte dreißig Jahre, bis unſer Handel im Jahr 1672 die dritte Periode erreichte.
Die Ungnade des Reichsraths Jnaba Mino, (der nebſt ſeinem Collegen Uto bei dem
damaligen Ruheliebenden Kaiſer Deijo jin das groͤſte Vermoͤgen und die ganze Reichsre-
gierung in Haͤnden hatte) verwandelte unſer guͤldenes Flies, das wir jaͤhrlich aus dieſem
Colchis abholten, in ein gemeines Fel, und brachte unſern ſo bluͤhenden Handel ſehr her-
unter. Jch wil hier dieſe fuͤr uns ſo traurige Geſchichte erzaͤhlen, und dadurch zugleich ein
Beiſpiel von der ausnehmenden Nachſicht dieſer Nation geben.

Mino (mit hinzugefuͤgtem Titel heiſt er, als großer Herr, nach der Landesge-
wonheit Minoſama) war ein Miniſter, dem ſich der Kaiſer ſelbſt verpflichtet hielt, und
der außer ſeinem Antheil an der algemeinen Landesregierung auch noch beſonders die Ober-
aufſicht uͤber die Fremden und ihre Handlung hatte. Da es das beſtaͤndige Beſtreben aller
Hofleute iſt, dem Kaiſer zu gefallen, und ſie alle moͤgliche Mittel dazu aufſuchen, ſo machte
auch dieſer Miniſter bald die Anmerkung, daß es ſeinem Herrn ſehr gefallen wuͤrde, wenn
er den Tempel, worin ſeine Vaͤter begraben waren, mit einem großen europaͤiſchen Kirchen-
leuchter ausſchmuͤkte, da mit einem aͤhnlichen Geſchenk die Hollaͤnder, wie ſie noch zu Fi-
rando
waren, ſich das hoͤchſte Wohlgefallen und Gnade eines der vorigen Kaiſer erworben
hatten, weil die Regenten ſo wie das ganze Volk ſeine vornehmſte Religionspflicht darin
ſetzen, dem Tempel ihrer Vorfahren Ehre und Schmuk zu verſchaffen. Der Miniſter lies
alſo durch die Hollaͤnder einen ſehr praͤchtigen Kirchenleuchter aus Europa verſchreiben.

Durch
*) [Spaltenumbruch] Der Verfaſſer verſteht hier Nangaſacki,
ſeine Anmerkung gilt aber eigentlich vom ganzen[Spaltenumbruch]
Reich, fuͤr welches jene Stadt die europaͤiſchen Waa-
ren nur in Empfang nimt.
O 2
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[107/0121] Acht. Kap. Nachrichten von dem hollaͤndiſchen Handel in Japan. doch auch dieſe volkreiche Stadt *) mit ihren Oberherrn ohne fremden Handel nicht beſtehn, vorzuͤglich weil ihr der Zuflus von den Portugieſen nunmehr ganz entzogen war. Wir fuͤhrten deshalb jaͤhrlich große Ladungen von Waaren auf ſechs oder ſieben Schiffen zu, die wir mit großem Gewin verkaufen konten. Beſonders war das Jahr 1641 vorzuͤglich vor- theilhaft fuͤr uns. Wir ſezten damals fuͤr 80 Tonnen Goldes Waaren um, und fuͤhrten noch die ſchon vorher erwaͤhnte Summe von 1400 Kiſten Silber aus. Die edle Compa- gnie hielt nachher um die freie Ausfuhr des Kupfers an, welche 1637 verboten war. Dieſe wurde ihr auch verſtattet, und dagegen die Ausfuhr des Silbers unterſagt. Wir ſind mit dieſer Einrichtung ungemein wohl zufrieden geweſen, doch ohne daß wir es uns eben zu ſehr haͤtten merken laſſen. Das Kupfer iſt in dem großen indiſchen Handel viel wichtiger, als das Silber. Dieſes giebt nur 4, jenes 90 bis 95 Procent Gewin, beſonders zu Su- rate, wohin wir gemeiniglich 6000 Kiſten jedes Jahr zu verſenden pflegen. Auf dieſe Art wurde uns der vielfaͤltige Verdrus in die harten Zumuthungen, de- nen wir damals noch mehr wie jezt ausgeſezt waren, noch ſo ziemlich verguͤtet. Dieſer Zuſtand waͤhrte dreißig Jahre, bis unſer Handel im Jahr 1672 die dritte Periode erreichte. Die Ungnade des Reichsraths Jnaba Mino, (der nebſt ſeinem Collegen Uto bei dem damaligen Ruheliebenden Kaiſer Deijo jin das groͤſte Vermoͤgen und die ganze Reichsre- gierung in Haͤnden hatte) verwandelte unſer guͤldenes Flies, das wir jaͤhrlich aus dieſem Colchis abholten, in ein gemeines Fel, und brachte unſern ſo bluͤhenden Handel ſehr her- unter. Jch wil hier dieſe fuͤr uns ſo traurige Geſchichte erzaͤhlen, und dadurch zugleich ein Beiſpiel von der ausnehmenden Nachſicht dieſer Nation geben. Mino (mit hinzugefuͤgtem Titel heiſt er, als großer Herr, nach der Landesge- wonheit Minoſama) war ein Miniſter, dem ſich der Kaiſer ſelbſt verpflichtet hielt, und der außer ſeinem Antheil an der algemeinen Landesregierung auch noch beſonders die Ober- aufſicht uͤber die Fremden und ihre Handlung hatte. Da es das beſtaͤndige Beſtreben aller Hofleute iſt, dem Kaiſer zu gefallen, und ſie alle moͤgliche Mittel dazu aufſuchen, ſo machte auch dieſer Miniſter bald die Anmerkung, daß es ſeinem Herrn ſehr gefallen wuͤrde, wenn er den Tempel, worin ſeine Vaͤter begraben waren, mit einem großen europaͤiſchen Kirchen- leuchter ausſchmuͤkte, da mit einem aͤhnlichen Geſchenk die Hollaͤnder, wie ſie noch zu Fi- rando waren, ſich das hoͤchſte Wohlgefallen und Gnade eines der vorigen Kaiſer erworben hatten, weil die Regenten ſo wie das ganze Volk ſeine vornehmſte Religionspflicht darin ſetzen, dem Tempel ihrer Vorfahren Ehre und Schmuk zu verſchaffen. Der Miniſter lies alſo durch die Hollaͤnder einen ſehr praͤchtigen Kirchenleuchter aus Europa verſchreiben. Durch *) Der Verfaſſer verſteht hier Nangaſacki, ſeine Anmerkung gilt aber eigentlich vom ganzen Reich, fuͤr welches jene Stadt die europaͤiſchen Waa- ren nur in Empfang nimt. O 2

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/121>, abgerufen am 25.11.2024.