Geschenke an roher Seide oder Stoffen, welche die zween jedesmal in Naga- Rthlr. sacki gegenwärtigen Gouverneurs schon vor unserer Abreise zu ihrem Antheil empfangen, und denn mit Gewinst wieder verhandlen - 2500
Der ganze Aufwand also, den die Edle Holländ. Compagnie von der Hofreise jährlich hat, ist - - - - 20,000.
Bevor wir nun unser Reisejournal nach dem Kaiserlichen Hofe und Residenz Jedo mittheilen, so haben wir noch anzumerken, daß es einem hier zu Lande nicht gleich viel ist, zu welcher Zeit man eine Reise unternimt, sondern daß man dazu einen glüklichen Tag auswählt. Man bedient sich zu dem Ende einer von langer Zeit bewährt befundenen Tafel der verworfenen Reisetage, an welchen man sich eines Unfalles zu befürchten hat. Nach derselben sezt jemand, wenn er noch zu Hause ist, die Reise aus, um seinem Unglük, wie es dafür gehalten wird, nicht entgegen zu eilen, oder die Reise nicht vergebens und unver- richteter Sache zu thun. Jedoch mus ich auch hiebei sagen, daß dieses und dergleichen anderes Zeit- und Tagewählen bei vernünftigen Japanern wenig gilt, sondern nur bei dem gemeinen Pöbel, den Bergpfaffen und Klostermönchen den meisten Beifal findet. Man trift diese Tafel in den Japanischen Haus-Land- und Reisebüchern auf folgende Weise an:
Tafel der in jedem Monat verworfenen Reisetage, erfunden von dem Sternkundigen Wahrsager Abino Sei Mei.
[Tabelle]
Um dieser Tafel Glauben und Ansehen zu verschaffen, wird der obengemeldete we- gen seiner Kunst und Geburt berühmte Wahrsager Sei Mei als der Erfinder derselben angegeben. Dieser hatte zum Vater eines Königs Sohn, Abino Jassima genant, und zur Mutter einen Fuchs. Diese Eltern waren folgendergestalt zusammen gekommen: Abino Jassima befand sich mit einem seiner Diener einstens in dem Tempel des Jnari, des Herrn und Abgottes der Füchse, eben zu einer Zeit, als andere Hofkavaliers draußen in der Fuchsjagd begriffen waren, um deren Lunge zu einer gewissen Arznei habhaft zu wer- den. Ein verfolgter junger Fuchs flohe in den offenen Tempel und in den Schoos des Jassima, der diesen Clienten wegen seiner zu ihm genommenen Zuflucht und seines Vertrauens
errettete,
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
Geſchenke an roher Seide oder Stoffen, welche die zween jedesmal in Naga- Rthlr. ſacki gegenwaͤrtigen Gouverneurs ſchon vor unſerer Abreiſe zu ihrem Antheil empfangen, und denn mit Gewinſt wieder verhandlen ‒ 2500
Der ganze Aufwand alſo, den die Edle Hollaͤnd. Compagnie von der Hofreiſe jaͤhrlich hat, iſt ‒ ‒ ‒ ‒ 20,000.
Bevor wir nun unſer Reiſejournal nach dem Kaiſerlichen Hofe und Reſidenz Jedo mittheilen, ſo haben wir noch anzumerken, daß es einem hier zu Lande nicht gleich viel iſt, zu welcher Zeit man eine Reiſe unternimt, ſondern daß man dazu einen gluͤklichen Tag auswaͤhlt. Man bedient ſich zu dem Ende einer von langer Zeit bewaͤhrt befundenen Tafel der verworfenen Reiſetage, an welchen man ſich eines Unfalles zu befuͤrchten hat. Nach derſelben ſezt jemand, wenn er noch zu Hauſe iſt, die Reiſe aus, um ſeinem Ungluͤk, wie es dafuͤr gehalten wird, nicht entgegen zu eilen, oder die Reiſe nicht vergebens und unver- richteter Sache zu thun. Jedoch mus ich auch hiebei ſagen, daß dieſes und dergleichen anderes Zeit- und Tagewaͤhlen bei vernuͤnftigen Japanern wenig gilt, ſondern nur bei dem gemeinen Poͤbel, den Bergpfaffen und Kloſtermoͤnchen den meiſten Beifal findet. Man trift dieſe Tafel in den Japaniſchen Haus-Land- und Reiſebuͤchern auf folgende Weiſe an:
Tafel der in jedem Monat verworfenen Reiſetage, erfunden von dem Sternkundigen Wahrſager Abino Sei Mei.
[Tabelle]
Um dieſer Tafel Glauben und Anſehen zu verſchaffen, wird der obengemeldete we- gen ſeiner Kunſt und Geburt beruͤhmte Wahrſager Sei Mei als der Erfinder derſelben angegeben. Dieſer hatte zum Vater eines Koͤnigs Sohn, Abino Jaſſima genant, und zur Mutter einen Fuchs. Dieſe Eltern waren folgendergeſtalt zuſammen gekommen: Abino Jaſſima befand ſich mit einem ſeiner Diener einſtens in dem Tempel des Jnari, des Herrn und Abgottes der Fuͤchſe, eben zu einer Zeit, als andere Hofkavaliers draußen in der Fuchsjagd begriffen waren, um deren Lunge zu einer gewiſſen Arznei habhaft zu wer- den. Ein verfolgter junger Fuchs flohe in den offenen Tempel und in den Schoos des Jaſſima, der dieſen Clienten wegen ſeiner zu ihm genommenen Zuflucht und ſeines Vertrauens
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
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ſacki gegenwaͤrtigen Gouverneurs ſchon vor unſerer Abreiſe zu ihrem Antheil
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Der ganze Aufwand alſo, den die Edle Hollaͤnd. Compagnie von der Hofreiſe
jaͤhrlich hat, iſt ‒ ‒ ‒ ‒ 20,000.
Bevor wir nun unſer Reiſejournal nach dem Kaiſerlichen Hofe und Reſidenz Jedo
mittheilen, ſo haben wir noch anzumerken, daß es einem hier zu Lande nicht gleich viel iſt,
zu welcher Zeit man eine Reiſe unternimt, ſondern daß man dazu einen gluͤklichen Tag
auswaͤhlt. Man bedient ſich zu dem Ende einer von langer Zeit bewaͤhrt befundenen Tafel
der verworfenen Reiſetage, an welchen man ſich eines Unfalles zu befuͤrchten hat. Nach
derſelben ſezt jemand, wenn er noch zu Hauſe iſt, die Reiſe aus, um ſeinem Ungluͤk, wie
es dafuͤr gehalten wird, nicht entgegen zu eilen, oder die Reiſe nicht vergebens und unver-
richteter Sache zu thun. Jedoch mus ich auch hiebei ſagen, daß dieſes und dergleichen
anderes Zeit- und Tagewaͤhlen bei vernuͤnftigen Japanern wenig gilt, ſondern nur bei dem
gemeinen Poͤbel, den Bergpfaffen und Kloſtermoͤnchen den meiſten Beifal findet. Man
trift dieſe Tafel in den Japaniſchen Haus-Land- und Reiſebuͤchern auf folgende Weiſe an:
Tafel der in jedem Monat verworfenen Reiſetage, erfunden von dem
Sternkundigen Wahrſager Abino Sei Mei.
Um dieſer Tafel Glauben und Anſehen zu verſchaffen, wird der obengemeldete we-
gen ſeiner Kunſt und Geburt beruͤhmte Wahrſager Sei Mei als der Erfinder derſelben
angegeben. Dieſer hatte zum Vater eines Koͤnigs Sohn, Abino Jaſſima genant, und
zur Mutter einen Fuchs. Dieſe Eltern waren folgendergeſtalt zuſammen gekommen:
Abino Jaſſima befand ſich mit einem ſeiner Diener einſtens in dem Tempel des Jnari,
des Herrn und Abgottes der Fuͤchſe, eben zu einer Zeit, als andere Hofkavaliers draußen
in der Fuchsjagd begriffen waren, um deren Lunge zu einer gewiſſen Arznei habhaft zu wer-
den. Ein verfolgter junger Fuchs flohe in den offenen Tempel und in den Schoos des
Jaſſima, der dieſen Clienten wegen ſeiner zu ihm genommenen Zuflucht und ſeines Vertrauens
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/214>, abgerufen am 16.02.2025.
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