Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Kämpfers Geschichte von Japan. Fünftes Buch. weil man gleichwol darauf dachte, daß das Ansehen unserer Oberherren in seiner Personungekränkt bleiben muste; wie er sich denn auch wegen seines ernsihaften und empfindlichen Gemüths außerdem gar schlecht dazu geschikt haben würde. Nachdem wir denn solcherma- ßen in die zwei Stunden lang, obwol unter beständig sehr freundlichem Ansinnen, zur Schau gedient hatten, wurde jedem von geschornen Dienern ein kleiner Tisch mit Japanischen An- bissen, dabei stat der Messer und Gabel ein paar Stökchen lagen, vorgesezt. Es war wenig, was wir davon aßen. Das übrig gebliebene muste der alte Dolmetscher vor sich mit beiden Armen davon tragen, ob er gleich kaum die Macht hatte, sich selbst auf seinen Füßen fortzubringen. Man hies uns darauf die Mäntel anlegen und Abschied nehmen, dem wir denn auch ohnverzüglich nachkamen, und hiemit unsern zweiten Auftrit beschlossen. Unsere Führer begleiteten uns wiederum in den Wartsaal, woselbst sie uns verließen. Es war schon drei Uhr Nachmittags, und wir hatten für heute noch den Ober- und wir [Spaltenumbruch]
2. Ja, was sag ich, Pflicht und Schuld?Was Versprechen und Beloben? Deine Schönheit, die von oben Dir vergönt der Götter Huld, Deine Tugend, die man findet Nirgend in der ganzen Welt Jst die Kette, die mich bindet, Jst der Kerker, der mich hält. 3. Ach zu meiner harten ZuchtHab ich armer mich vermessen, Deiner, Engel! zu vergessen, Durch so weite wüste Flucht. Taur und Caucas, Türk und Heiden Noch der Jnd- und Gangesfluth Können mich von dir nicht scheiden, Nicht vermindern meine Gluth. 4. Großer Kaiser, Himmels Sohn,Herrscher dieser fernen Landen, Reich von Gold und stark von Handen, Jch betheur bei deinem Thron, Daß ich alle diese Strahlen Deines Reichthums, deiner Pracht, Deiner Dames, die sich mahlen, Nichts vor meinem Engel acht. 5. Weg du Hof der Eitelkeit,Weg du Land mit so viel Schätzen. Zeitlich kan mich nichts ergötzen, Als die keusche Lieblichkeit Meiner edlen Florimenen, Meiuer einzigen Begier, Die wir uns so herzlich sehnen, Sie nach mich und ich nach ihr. Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch. weil man gleichwol darauf dachte, daß das Anſehen unſerer Oberherren in ſeiner Perſonungekraͤnkt bleiben muſte; wie er ſich denn auch wegen ſeines ernſihaften und empfindlichen Gemuͤths außerdem gar ſchlecht dazu geſchikt haben wuͤrde. Nachdem wir denn ſolcherma- ßen in die zwei Stunden lang, obwol unter beſtaͤndig ſehr freundlichem Anſinnen, zur Schau gedient hatten, wurde jedem von geſchornen Dienern ein kleiner Tiſch mit Japaniſchen An- biſſen, dabei ſtat der Meſſer und Gabel ein paar Stoͤkchen lagen, vorgeſezt. Es war wenig, was wir davon aßen. Das uͤbrig gebliebene muſte der alte Dolmetſcher vor ſich mit beiden Armen davon tragen, ob er gleich kaum die Macht hatte, ſich ſelbſt auf ſeinen Fuͤßen fortzubringen. Man hies uns darauf die Maͤntel anlegen und Abſchied nehmen, dem wir denn auch ohnverzuͤglich nachkamen, und hiemit unſern zweiten Auftrit beſchloſſen. Unſere Fuͤhrer begleiteten uns wiederum in den Wartſaal, woſelbſt ſie uns verließen. Es war ſchon drei Uhr Nachmittags, und wir hatten fuͤr heute noch den Ober- und wir [Spaltenumbruch]
2. Ja, was ſag ich, Pflicht und Schuld?Was Verſprechen und Beloben? Deine Schoͤnheit, die von oben Dir vergoͤnt der Goͤtter Huld, Deine Tugend, die man findet Nirgend in der ganzen Welt Jſt die Kette, die mich bindet, Jſt der Kerker, der mich haͤlt. 3. Ach zu meiner harten ZuchtHab ich armer mich vermeſſen, Deiner, Engel! zu vergeſſen, Durch ſo weite wuͤſte Flucht. Taur und Caucas, Tuͤrk und Heiden Noch der Jnd- und Gangesfluth Koͤnnen mich von dir nicht ſcheiden, Nicht vermindern meine Gluth. 4. Großer Kaiſer, Himmels Sohn,Herrſcher dieſer fernen Landen, Reich von Gold und ſtark von Handen, Jch betheur bei deinem Thron, Daß ich alle dieſe Strahlen Deines Reichthums, deiner Pracht, Deiner Dames, die ſich mahlen, Nichts vor meinem Engel acht. 5. Weg du Hof der Eitelkeit,Weg du Land mit ſo viel Schaͤtzen. Zeitlich kan mich nichts ergoͤtzen, Als die keuſche Lieblichkeit Meiner edlen Florimenen, Meiuer einzigen Begier, Die wir uns ſo herzlich ſehnen, Sie nach mich und ich nach ihr. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0326" n="286"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.</hi></fw><lb/> weil man gleichwol darauf dachte, daß das Anſehen unſerer Oberherren in ſeiner Perſon<lb/> ungekraͤnkt bleiben muſte; wie er ſich denn auch wegen ſeines ernſihaften und empfindlichen<lb/> Gemuͤths außerdem gar ſchlecht dazu geſchikt haben wuͤrde. Nachdem wir denn ſolcherma-<lb/> ßen in die zwei Stunden lang, obwol unter beſtaͤndig ſehr freundlichem Anſinnen, zur Schau<lb/> gedient hatten, wurde jedem von geſchornen Dienern ein kleiner Tiſch mit Japaniſchen An-<lb/> biſſen, dabei ſtat der Meſſer und Gabel ein paar Stoͤkchen lagen, vorgeſezt. Es war<lb/> wenig, was wir davon aßen. Das uͤbrig gebliebene muſte der alte Dolmetſcher vor ſich<lb/> mit beiden Armen davon tragen, ob er gleich kaum die Macht hatte, ſich ſelbſt auf ſeinen<lb/> Fuͤßen fortzubringen. Man hies uns darauf die Maͤntel anlegen und Abſchied nehmen,<lb/> dem wir denn auch ohnverzuͤglich nachkamen, und hiemit unſern zweiten Auftrit beſchloſſen.<lb/> Unſere Fuͤhrer begleiteten uns wiederum in den Wartſaal, woſelbſt ſie uns verließen.</p><lb/> <p>Es war ſchon drei Uhr Nachmittags, und wir hatten fuͤr heute noch den Ober- und<lb/> Unterreichsraͤthen, ſo wie ſie oben, unterm 25 Maͤrz, benent worden, mit den Geſchen-<lb/> ken unſere Aufwartung zu machen. Wir verließen alſo den Kaiſerlichen Pallaſt, gruͤßeten<lb/> im Vorbeigehen die Hauptleute in dem großen Wachtſaale, und ſezten unſern Gang zu<lb/> Fuße fort. Die Geſchenke waren bereits vor uns her nach eines jeden Wohnung von den<lb/> Schreibern abgetragen, und vermuthlich in eine beſondere Kammer geſezt worden, weil<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wir</fw><lb/><note xml:id="a08" prev="#a07" place="foot" n="**)"><cb/><lg n="2"><head><hi rendition="#c">2.</hi></head><lb/><l>Ja, was ſag ich, Pflicht und Schuld?</l><lb/><l>Was Verſprechen und Beloben?</l><lb/><l>Deine Schoͤnheit, die von oben</l><lb/><l>Dir vergoͤnt der Goͤtter Huld,</l><lb/><l>Deine Tugend, die man findet</l><lb/><l>Nirgend in der ganzen Welt</l><lb/><l>Jſt die Kette, die mich bindet,</l><lb/><l>Jſt der Kerker, der mich haͤlt.</l></lg><lb/><lg n="3"><head><hi rendition="#c">3.</hi></head><lb/><l>Ach zu meiner harten Zucht</l><lb/><l>Hab ich armer mich vermeſſen,</l><lb/><l>Deiner, Engel! zu vergeſſen,</l><lb/><l>Durch ſo weite wuͤſte Flucht.</l><lb/><l>Taur und Caucas, Tuͤrk und Heiden</l><lb/><l>Noch der Jnd- und Gangesfluth</l><lb/><l>Koͤnnen mich von dir nicht ſcheiden,</l><lb/><l>Nicht vermindern meine Gluth.</l></lg><cb/><lb/><lg n="4"><head><hi rendition="#c">4.</hi></head><lb/><l>Großer Kaiſer, Himmels Sohn,</l><lb/><l>Herrſcher dieſer fernen Landen,</l><lb/><l>Reich von Gold und ſtark von Handen,</l><lb/><l>Jch betheur bei deinem Thron,</l><lb/><l>Daß ich alle dieſe Strahlen</l><lb/><l>Deines Reichthums, deiner Pracht,</l><lb/><l>Deiner Dames, die ſich mahlen,</l><lb/><l>Nichts vor meinem Engel acht.</l></lg><lb/><lg n="5"><head><hi rendition="#c">5.</hi></head><lb/><l>Weg du Hof der Eitelkeit,</l><lb/><l>Weg du Land mit ſo viel Schaͤtzen.</l><lb/><l>Zeitlich kan mich nichts ergoͤtzen,</l><lb/><l>Als die keuſche Lieblichkeit</l><lb/><l>Meiner edlen Florimenen,</l><lb/><l>Meiuer einzigen Begier,</l><lb/><l>Die wir uns ſo herzlich ſehnen,</l><lb/><l>Sie nach mich und ich nach ihr.</l></lg></note><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [286/0326]
Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
weil man gleichwol darauf dachte, daß das Anſehen unſerer Oberherren in ſeiner Perſon
ungekraͤnkt bleiben muſte; wie er ſich denn auch wegen ſeines ernſihaften und empfindlichen
Gemuͤths außerdem gar ſchlecht dazu geſchikt haben wuͤrde. Nachdem wir denn ſolcherma-
ßen in die zwei Stunden lang, obwol unter beſtaͤndig ſehr freundlichem Anſinnen, zur Schau
gedient hatten, wurde jedem von geſchornen Dienern ein kleiner Tiſch mit Japaniſchen An-
biſſen, dabei ſtat der Meſſer und Gabel ein paar Stoͤkchen lagen, vorgeſezt. Es war
wenig, was wir davon aßen. Das uͤbrig gebliebene muſte der alte Dolmetſcher vor ſich
mit beiden Armen davon tragen, ob er gleich kaum die Macht hatte, ſich ſelbſt auf ſeinen
Fuͤßen fortzubringen. Man hies uns darauf die Maͤntel anlegen und Abſchied nehmen,
dem wir denn auch ohnverzuͤglich nachkamen, und hiemit unſern zweiten Auftrit beſchloſſen.
Unſere Fuͤhrer begleiteten uns wiederum in den Wartſaal, woſelbſt ſie uns verließen.
Es war ſchon drei Uhr Nachmittags, und wir hatten fuͤr heute noch den Ober- und
Unterreichsraͤthen, ſo wie ſie oben, unterm 25 Maͤrz, benent worden, mit den Geſchen-
ken unſere Aufwartung zu machen. Wir verließen alſo den Kaiſerlichen Pallaſt, gruͤßeten
im Vorbeigehen die Hauptleute in dem großen Wachtſaale, und ſezten unſern Gang zu
Fuße fort. Die Geſchenke waren bereits vor uns her nach eines jeden Wohnung von den
Schreibern abgetragen, und vermuthlich in eine beſondere Kammer geſezt worden, weil
wir
**)
**)
2.
Ja, was ſag ich, Pflicht und Schuld?
Was Verſprechen und Beloben?
Deine Schoͤnheit, die von oben
Dir vergoͤnt der Goͤtter Huld,
Deine Tugend, die man findet
Nirgend in der ganzen Welt
Jſt die Kette, die mich bindet,
Jſt der Kerker, der mich haͤlt.
3.
Ach zu meiner harten Zucht
Hab ich armer mich vermeſſen,
Deiner, Engel! zu vergeſſen,
Durch ſo weite wuͤſte Flucht.
Taur und Caucas, Tuͤrk und Heiden
Noch der Jnd- und Gangesfluth
Koͤnnen mich von dir nicht ſcheiden,
Nicht vermindern meine Gluth.
4.
Großer Kaiſer, Himmels Sohn,
Herrſcher dieſer fernen Landen,
Reich von Gold und ſtark von Handen,
Jch betheur bei deinem Thron,
Daß ich alle dieſe Strahlen
Deines Reichthums, deiner Pracht,
Deiner Dames, die ſich mahlen,
Nichts vor meinem Engel acht.
5.
Weg du Hof der Eitelkeit,
Weg du Land mit ſo viel Schaͤtzen.
Zeitlich kan mich nichts ergoͤtzen,
Als die keuſche Lieblichkeit
Meiner edlen Florimenen,
Meiuer einzigen Begier,
Die wir uns ſo herzlich ſehnen,
Sie nach mich und ich nach ihr.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |