eigentlich erhandelt worden, wie auch der Wirth des Kaufmans, auf Befehl des Gouver- neurs, von dem Quartierkommissair, jeder gefesselt und in gefängliche Verwahrung ge- nommen worden.
Den 22 und einige folgende Tage durchsuchte man im Beiseyn zweier Dolmetscher jedes unserer Schiffe theils wegen der Sylviusschen Panacee für die Verlängerung des Le- bens, (davon ich dem Kaiser in der Audienz etwas gesagt hatte) theils auch sonstiger Ur- sachen halber.
Den 24 wurden drei im Handel verbotener und von den Chinesen erkaufter Waa- ren ergriffene Gefangene anhero gebracht. Zwei davon entflohen, der dritte, weil solches ihm nicht gelingen wolte, schnit sich selbst den Bauch auf; jenen musten der Kuli und alle Bedienten, die alsbald Befehl bekamen, sich von ihrer Arbeit und ein jeder in seinen Quartierstand zu verfügen, nachspüren.
Den 25 lies der Gouverneur das gefälte Todesurtheil über den mit Campher er- tapten Kuli und über den Kaufman, für den er selbigen gekauft hatte, unserm Residenten durch seinen Sekretär und Benjosen mittheilen und vorlesen, zufolge dem sie nämlich beide enthauptet werden solten. Es wurde zu gleicher Zeit unser Resident ersucht, den vorhin ge- dachten Reinß, der den Campher eigentlich verkauft gehabt, aus dem Reiche zu schaffen, ihn an Bord bringen und dem höchsten Gericht auf Batavia übergeben zu lassen, damit er heimlich abgestraft werden möge, widrigenfals, und da so öfters die Landesbewohner ihr Le- ben darüber einbüßen müsten, man sich genöthigt sähe, es künftig mit aller Schärfe selbst zu thun, dem man jedoch für diesesmal noch so nachsehen wolte.
Den 1 November war der lezte Tag des am 27ten vorigen Monats seinen Anfang genommenen Festes Kuanitz genant. Jn ganz Japan legt niemand an diesem Tage eine Hand an die Arbeit.
Den 5 kamen einige von dem Gouverneur abgeordnete Herren auf Desima, für denen wir sämtliche Holländer vom höchsten bis zu dem geringsten ohne Ausnahme auf einem Platze erscheinen musten; zuerst führten sie unserm Residenten in einer langen ernsthaften Rede zu Gemüthe, wie nothwendig es sey, den Landesgesetzen nachzukommen, und daß man die scharfen Verbote wider die Contrebande, worüber die ihrigen so schwere Strafen leiden müsten, nicht so schlecht und obenhin anzusehen hätte: hernach wurden die zwei zur Enthauptung verurtheilte Japaner, welche mit zwei Catti Campher unerlaubt gehandelt, vorgestelt, und dabei die Erinnerung gemacht, daß man unserer Seits eben wol solche Strenge gebrauchen und verhindern möchte, daß kein Anlaß zu dergleichen Verbrechen
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
eigentlich erhandelt worden, wie auch der Wirth des Kaufmans, auf Befehl des Gouver- neurs, von dem Quartierkommiſſair, jeder gefeſſelt und in gefaͤngliche Verwahrung ge- nommen worden.
Den 22 und einige folgende Tage durchſuchte man im Beiſeyn zweier Dolmetſcher jedes unſerer Schiffe theils wegen der Sylviusſchen Panacee fuͤr die Verlaͤngerung des Le- bens, (davon ich dem Kaiſer in der Audienz etwas geſagt hatte) theils auch ſonſtiger Ur- ſachen halber.
Den 24 wurden drei im Handel verbotener und von den Chineſen erkaufter Waa- ren ergriffene Gefangene anhero gebracht. Zwei davon entflohen, der dritte, weil ſolches ihm nicht gelingen wolte, ſchnit ſich ſelbſt den Bauch auf; jenen muſten der Kuli und alle Bedienten, die alsbald Befehl bekamen, ſich von ihrer Arbeit und ein jeder in ſeinen Quartierſtand zu verfuͤgen, nachſpuͤren.
Den 25 lies der Gouverneur das gefaͤlte Todesurtheil uͤber den mit Campher er- tapten Kuli und uͤber den Kaufman, fuͤr den er ſelbigen gekauft hatte, unſerm Reſidenten durch ſeinen Sekretaͤr und Benjoſen mittheilen und vorleſen, zufolge dem ſie naͤmlich beide enthauptet werden ſolten. Es wurde zu gleicher Zeit unſer Reſident erſucht, den vorhin ge- dachten Reinß, der den Campher eigentlich verkauft gehabt, aus dem Reiche zu ſchaffen, ihn an Bord bringen und dem hoͤchſten Gericht auf Batavia uͤbergeben zu laſſen, damit er heimlich abgeſtraft werden moͤge, widrigenfals, und da ſo oͤfters die Landesbewohner ihr Le- ben daruͤber einbuͤßen muͤſten, man ſich genoͤthigt ſaͤhe, es kuͤnftig mit aller Schaͤrfe ſelbſt zu thun, dem man jedoch fuͤr dieſesmal noch ſo nachſehen wolte.
Den 1 November war der lezte Tag des am 27ten vorigen Monats ſeinen Anfang genommenen Feſtes Kuanitz genant. Jn ganz Japan legt niemand an dieſem Tage eine Hand an die Arbeit.
Den 5 kamen einige von dem Gouverneur abgeordnete Herren auf Deſima, fuͤr denen wir ſaͤmtliche Hollaͤnder vom hoͤchſten bis zu dem geringſten ohne Ausnahme auf einem Platze erſcheinen muſten; zuerſt fuͤhrten ſie unſerm Reſidenten in einer langen ernſthaften Rede zu Gemuͤthe, wie nothwendig es ſey, den Landesgeſetzen nachzukommen, und daß man die ſcharfen Verbote wider die Contrebande, woruͤber die ihrigen ſo ſchwere Strafen leiden muͤſten, nicht ſo ſchlecht und obenhin anzuſehen haͤtte: hernach wurden die zwei zur Enthauptung verurtheilte Japaner, welche mit zwei Catti Campher unerlaubt gehandelt, vorgeſtelt, und dabei die Erinnerung gemacht, daß man unſerer Seits eben wol ſolche Strenge gebrauchen und verhindern moͤchte, daß kein Anlaß zu dergleichen Verbrechen
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Kaͤmpfers Geſchichte von Japan. Fuͤnftes Buch.
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neurs, von dem Quartierkommiſſair, jeder gefeſſelt und in gefaͤngliche Verwahrung ge-
nommen worden.
Den 22 und einige folgende Tage durchſuchte man im Beiſeyn zweier Dolmetſcher
jedes unſerer Schiffe theils wegen der Sylviusſchen Panacee fuͤr die Verlaͤngerung des Le-
bens, (davon ich dem Kaiſer in der Audienz etwas geſagt hatte) theils auch ſonſtiger Ur-
ſachen halber.
Den 24 wurden drei im Handel verbotener und von den Chineſen erkaufter Waa-
ren ergriffene Gefangene anhero gebracht. Zwei davon entflohen, der dritte, weil ſolches
ihm nicht gelingen wolte, ſchnit ſich ſelbſt den Bauch auf; jenen muſten der Kuli und alle
Bedienten, die alsbald Befehl bekamen, ſich von ihrer Arbeit und ein jeder in ſeinen
Quartierſtand zu verfuͤgen, nachſpuͤren.
Den 25 lies der Gouverneur das gefaͤlte Todesurtheil uͤber den mit Campher er-
tapten Kuli und uͤber den Kaufman, fuͤr den er ſelbigen gekauft hatte, unſerm Reſidenten
durch ſeinen Sekretaͤr und Benjoſen mittheilen und vorleſen, zufolge dem ſie naͤmlich beide
enthauptet werden ſolten. Es wurde zu gleicher Zeit unſer Reſident erſucht, den vorhin ge-
dachten Reinß, der den Campher eigentlich verkauft gehabt, aus dem Reiche zu ſchaffen,
ihn an Bord bringen und dem hoͤchſten Gericht auf Batavia uͤbergeben zu laſſen, damit er
heimlich abgeſtraft werden moͤge, widrigenfals, und da ſo oͤfters die Landesbewohner ihr Le-
ben daruͤber einbuͤßen muͤſten, man ſich genoͤthigt ſaͤhe, es kuͤnftig mit aller Schaͤrfe ſelbſt
zu thun, dem man jedoch fuͤr dieſesmal noch ſo nachſehen wolte.
Den 1 November war der lezte Tag des am 27ten vorigen Monats ſeinen Anfang
genommenen Feſtes Kuanitz genant. Jn ganz Japan legt niemand an dieſem Tage eine
Hand an die Arbeit.
Den 5 kamen einige von dem Gouverneur abgeordnete Herren auf Deſima, fuͤr
denen wir ſaͤmtliche Hollaͤnder vom hoͤchſten bis zu dem geringſten ohne Ausnahme auf einem
Platze erſcheinen muſten; zuerſt fuͤhrten ſie unſerm Reſidenten in einer langen ernſthaften
Rede zu Gemuͤthe, wie nothwendig es ſey, den Landesgeſetzen nachzukommen, und daß
man die ſcharfen Verbote wider die Contrebande, woruͤber die ihrigen ſo ſchwere Strafen
leiden muͤſten, nicht ſo ſchlecht und obenhin anzuſehen haͤtte: hernach wurden die zwei zur
Enthauptung verurtheilte Japaner, welche mit zwei Catti Campher unerlaubt gehandelt,
vorgeſtelt, und dabei die Erinnerung gemacht, daß man unſerer Seits eben wol ſolche
Strenge gebrauchen und verhindern moͤchte, daß kein Anlaß zu dergleichen Verbrechen
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/370>, abgerufen am 16.06.2024.
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