Den 11 wolten die beiden Dolmetscher Josoimon und Senbe behaupten, daß Sadaje, ein anderer Dolmetscher, lediglich an dieser Exekution Schuld sey, indem er allein eben nicht nöthig gehabt hätte, die Unglüklichen anzugeben, da die andern davon stil geschwiegen, und auch selbst das Verbrechen, worauf sie ertapt worden, kaum die Summe von 10 Tail ausmache. Man hatte zwar auch den Tag vor ihrer Hiurichtung eine Schrift an den Gouverneur überreicht, und darinnen Vorstellung zu machen gesucht, als ob sie den Campher von unserer Jnsel gestohlen und nicht gekauft hätten, um sie etwa durch die- sen Weg von der Todesstrafe zu befreien; allein der blutdürstige Tsino Cami gab darauf kein Gehör. Die Richter handeln hier überhaupt nicht nach Gefühl und Billigkeit, son- dern mit dem strengsten Rechte und der äußersten Schärfe nach That und Beweis. So hatte in diesen Tagen der Gouverneur Sjubo Sama einem seiner Diener, einem Benjosen, blos darum den Kopf abschlagen lassen, weil er betrunken gewesen war, und dabei ungebührliche Händel angefangen hatte: einen andern, der ihm diese strenge Ahndung widerrieth, lies er, weil er das übol aufnahm, ins Gefängnis werfen. Und so, sagt man, ereigneten sich jähr- lich wol fünf bis sechs Exempel von dergleichen blutigen Auftritten in ihrem eige- nen Hausstaate.
Den 20 in der Nacht um zwei Uhr reisete der gedachte Gouverneur Sjubo Sama von hier ab nach Jedo. Ob es gleich die ganze Nacht durch unaufhörlich regnete, so wolte es die schuldige Achtung für ihn dennoch nicht anders erlauben, als daß ihn neben den andern Bedienten der Stadt auch die unsrigen von der Jnsel begleiteten. Einer von den Kuli, die bei einem Flusse des Jsafarischen Weges des Nachts seiner wahrnehmen musten, blieb wegen der Kälte tod, der andere aber gerieth in die gefährlichste Krankheit.
Den 28 wurden 23 Personen, die des Schleichhandels schuldig erkant, vom Le- ben zum Tod gebracht, 13 davon wurden ans Creuz geheftet, die übrigen geköpft; unter jenen befanden sich fünf, die sich bei der Ertappung den Bauch selbst aufgeschnitten, diese waren eingesalzen und so die Strafe an ihnen volzogen. Noch viele, die aus gleichen Ursachen im Gefängnis sitzen, werden kein besseres Schicksal zu erwarten haben.
1692 den 18 Januarius verbreitete sich die Nachricht, daß von vier geflüchteten Schleichhändlern drei in Osacka gefänglich eingezogen worden; es waren selbige, da sie eben gutes Muths und in vermeinter Sicherheit bei einander gewesen, von den Spions, die der Gouverneur Tsino Cami ausgeschikt, entdekt worden; man befürchtete, daß vielleicht durch ihre Aussagen und Bekäntnis noch mancher andrer mit in Unglük kömmen dürfte.
Den
Dreizehntes Kap. Nuͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki.
Den 11 wolten die beiden Dolmetſcher Joſoimon und Senbe behaupten, daß Sadaje, ein anderer Dolmetſcher, lediglich an dieſer Exekution Schuld ſey, indem er allein eben nicht noͤthig gehabt haͤtte, die Ungluͤklichen anzugeben, da die andern davon ſtil geſchwiegen, und auch ſelbſt das Verbrechen, worauf ſie ertapt worden, kaum die Summe von 10 Tail ausmache. Man hatte zwar auch den Tag vor ihrer Hiurichtung eine Schrift an den Gouverneur uͤberreicht, und darinnen Vorſtellung zu machen geſucht, als ob ſie den Campher von unſerer Jnſel geſtohlen und nicht gekauft haͤtten, um ſie etwa durch die- ſen Weg von der Todesſtrafe zu befreien; allein der blutduͤrſtige Tſino Cami gab darauf kein Gehoͤr. Die Richter handeln hier uͤberhaupt nicht nach Gefuͤhl und Billigkeit, ſon- dern mit dem ſtrengſten Rechte und der aͤußerſten Schaͤrfe nach That und Beweis. So hatte in dieſen Tagen der Gouverneur Sjubo Sama einem ſeiner Diener, einem Benjoſen, blos darum den Kopf abſchlagen laſſen, weil er betrunken geweſen war, und dabei ungebuͤhrliche Haͤndel angefangen hatte: einen andern, der ihm dieſe ſtrenge Ahndung widerrieth, lies er, weil er das uͤbol aufnahm, ins Gefaͤngnis werfen. Und ſo, ſagt man, ereigneten ſich jaͤhr- lich wol fuͤnf bis ſechs Exempel von dergleichen blutigen Auftritten in ihrem eige- nen Hausſtaate.
Den 20 in der Nacht um zwei Uhr reiſete der gedachte Gouverneur Sjubo Sama von hier ab nach Jedo. Ob es gleich die ganze Nacht durch unaufhoͤrlich regnete, ſo wolte es die ſchuldige Achtung fuͤr ihn dennoch nicht anders erlauben, als daß ihn neben den andern Bedienten der Stadt auch die unſrigen von der Jnſel begleiteten. Einer von den Kuli, die bei einem Fluſſe des Jſafariſchen Weges des Nachts ſeiner wahrnehmen muſten, blieb wegen der Kaͤlte tod, der andere aber gerieth in die gefaͤhrlichſte Krankheit.
Den 28 wurden 23 Perſonen, die des Schleichhandels ſchuldig erkant, vom Le- ben zum Tod gebracht, 13 davon wurden ans Creuz geheftet, die uͤbrigen gekoͤpft; unter jenen befanden ſich fuͤnf, die ſich bei der Ertappung den Bauch ſelbſt aufgeſchnitten, dieſe waren eingeſalzen und ſo die Strafe an ihnen volzogen. Noch viele, die aus gleichen Urſachen im Gefaͤngnis ſitzen, werden kein beſſeres Schickſal zu erwarten haben.
1692 den 18 Januarius verbreitete ſich die Nachricht, daß von vier gefluͤchteten Schleichhaͤndlern drei in Oſacka gefaͤnglich eingezogen worden; es waren ſelbige, da ſie eben gutes Muths und in vermeinter Sicherheit bei einander geweſen, von den Spions, die der Gouverneur Tſino Cami ausgeſchikt, entdekt worden; man befuͤrchtete, daß vielleicht durch ihre Ausſagen und Bekaͤntnis noch mancher andrer mit in Ungluͤk koͤmmen duͤrfte.
Den
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Dreizehntes Kap. Nuͤkreiſe von Jedo bis Nagaſacki.
Den 11 wolten die beiden Dolmetſcher Joſoimon und Senbe behaupten, daß
Sadaje, ein anderer Dolmetſcher, lediglich an dieſer Exekution Schuld ſey, indem er
allein eben nicht noͤthig gehabt haͤtte, die Ungluͤklichen anzugeben, da die andern davon
ſtil geſchwiegen, und auch ſelbſt das Verbrechen, worauf ſie ertapt worden, kaum die
Summe von 10 Tail ausmache. Man hatte zwar auch den Tag vor ihrer Hiurichtung eine
Schrift an den Gouverneur uͤberreicht, und darinnen Vorſtellung zu machen geſucht, als ob
ſie den Campher von unſerer Jnſel geſtohlen und nicht gekauft haͤtten, um ſie etwa durch die-
ſen Weg von der Todesſtrafe zu befreien; allein der blutduͤrſtige Tſino Cami gab darauf
kein Gehoͤr. Die Richter handeln hier uͤberhaupt nicht nach Gefuͤhl und Billigkeit, ſon-
dern mit dem ſtrengſten Rechte und der aͤußerſten Schaͤrfe nach That und Beweis. So
hatte in dieſen Tagen der Gouverneur Sjubo Sama einem ſeiner Diener, einem Benjoſen,
blos darum den Kopf abſchlagen laſſen, weil er betrunken geweſen war, und dabei ungebuͤhrliche
Haͤndel angefangen hatte: einen andern, der ihm dieſe ſtrenge Ahndung widerrieth, lies er, weil
er das uͤbol aufnahm, ins Gefaͤngnis werfen. Und ſo, ſagt man, ereigneten ſich jaͤhr-
lich wol fuͤnf bis ſechs Exempel von dergleichen blutigen Auftritten in ihrem eige-
nen Hausſtaate.
Den 20 in der Nacht um zwei Uhr reiſete der gedachte Gouverneur Sjubo Sama
von hier ab nach Jedo. Ob es gleich die ganze Nacht durch unaufhoͤrlich regnete, ſo wolte es
die ſchuldige Achtung fuͤr ihn dennoch nicht anders erlauben, als daß ihn neben den andern
Bedienten der Stadt auch die unſrigen von der Jnſel begleiteten. Einer von den Kuli,
die bei einem Fluſſe des Jſafariſchen Weges des Nachts ſeiner wahrnehmen muſten, blieb
wegen der Kaͤlte tod, der andere aber gerieth in die gefaͤhrlichſte Krankheit.
Den 28 wurden 23 Perſonen, die des Schleichhandels ſchuldig erkant, vom Le-
ben zum Tod gebracht, 13 davon wurden ans Creuz geheftet, die uͤbrigen gekoͤpft; unter
jenen befanden ſich fuͤnf, die ſich bei der Ertappung den Bauch ſelbſt aufgeſchnitten, dieſe
waren eingeſalzen und ſo die Strafe an ihnen volzogen. Noch viele, die
aus gleichen Urſachen im Gefaͤngnis ſitzen, werden kein beſſeres Schickſal zu
erwarten haben.
1692 den 18 Januarius verbreitete ſich die Nachricht, daß von vier gefluͤchteten
Schleichhaͤndlern drei in Oſacka gefaͤnglich eingezogen worden; es waren ſelbige, da ſie
eben gutes Muths und in vermeinter Sicherheit bei einander geweſen, von den Spions,
die der Gouverneur Tſino Cami ausgeſchikt, entdekt worden; man befuͤrchtete, daß
vielleicht durch ihre Ausſagen und Bekaͤntnis noch mancher andrer mit in Ungluͤk
koͤmmen duͤrfte.
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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 327. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/373>, abgerufen am 26.11.2024.
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