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Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.

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IV. Von der Moxa, dem vortreflichen Brenmittel,
angezündete Schwämme, und die ins Feuer gebrachten Wurzeln von Struthium und Ari-
stologia
war. Andern aber gefiel es mehr mit brennendem Schwefel oder mit Buchs-
baumzweigen, die mit warmen Oel angefeuchtet waren, die körperlichen Gebrechen zu hei-
len. Wer von der Verschiedenheit der Brenmaterien und der Arten, sie zu gebrauchen,
bei den Alten sich unterrichten wil, der darf nur den Mercatum Pr. L. 4. c. 1. p. 162.
und von den Neuern den M. A. Severinum lesen. Jch rede hier nur von den Brenmit-
teln der Asiater, die noch heutiges Tages üblich sind.

§. 2.

Bei den Arabern, und denen, die ihre Kentnisse von ihnen erhalten haben, nem-
lich den Persern und den mogolischen Jndiern, die der mahommedanischen Religion zuge-
than sind, habe ich bei diesem Brennen kein andres Behältnis für das Feuer gefunden, als
ein baumwolnes mit Wayd (Französisch cotton bleu) gefärbtes Tuch. Dieses wird
in einer cylindrischen Figur in der Dicke eines einen halben Daumen langen Diameters, und
in der Länge von etwa zwei Zol, um sich selbst sehr enge gewunden, auf den zu brennenden
Ort gebracht, oben angezündet, und so almählig nach und nach abgebrant, bis der ganze
Cylinder in Asche zerfält. Dieses Verfahren ist also, wie leicht zu erachten, ganz uner-
träglich langwierig; denn es währt allemal eine Viertelstunde, und zuweilen noch länger,
ehe das Tuch ganz verbrant ist; und bei diesem Brennen pflegt dann oft das unterliegende
Fleisch so abgenagt zu werden, daß manchmal ein ganz unheilbares Geschwür nachbleibt.
Man hat mir in diesen Landen oft solche Geschwüre, die sehr häslich und gefährlich, und
aus dieser Ursache entstanden waren, zu heilen vorgelegt. So bald indes das Brennen
geschehn ist, hat der Wundarzt weiter nichts zu thun, als täglich die Wunde zu salben,
und sie, nach abgenommener häutigen Rinde, zum Eitern zu bringen.

Die Marter, welche bei dem Brennen ausgehalten werden mus, und die lang-
wierigen folgenden Beschwerlichkeiten veranlassen, wie ich glaube, daß sich die Eingebor-
nen dieser Länder in der That dieses Mittels nicht so häufig bedienen, als man es aus den
großen Lobpreisungen desselben in ihren Schriften und Schulen schließen solte.

Jch habe des Wayds erwähnt, und mus noch hinzusetzen, daß die Araber es
ganz nothwendig halten, die zum Brenmittel bestimte Materie mit dem Saft desselben an-
zufeuchten, und glauben, daß dadurch die Kraft des Feuers nicht wenig verstärkt werde.
Eine Meinung, die, wie sie wenigstens glauben, gar nicht Vorurtheil ist, sondern auf
eine sehr algemeine und durch Jahrhunderte bewährte Meinung sich gründet. Jn der
That stimt mit derselben auch der gemeine Glaube des europäischen Pöbels zusammen, daß
ein noch rauchendes und unter die Nase gehaltenes Stük Leinwand, das aber mit dem Saft

von

IV. Von der Moxa, dem vortreflichen Brenmittel,
angezuͤndete Schwaͤmme, und die ins Feuer gebrachten Wurzeln von Struthium und Ari-
ſtologia
war. Andern aber gefiel es mehr mit brennendem Schwefel oder mit Buchs-
baumzweigen, die mit warmen Oel angefeuchtet waren, die koͤrperlichen Gebrechen zu hei-
len. Wer von der Verſchiedenheit der Brenmaterien und der Arten, ſie zu gebrauchen,
bei den Alten ſich unterrichten wil, der darf nur den Mercatum Pr. L. 4. c. 1. p. 162.
und von den Neuern den M. A. Severinum leſen. Jch rede hier nur von den Brenmit-
teln der Aſiater, die noch heutiges Tages uͤblich ſind.

§. 2.

Bei den Arabern, und denen, die ihre Kentniſſe von ihnen erhalten haben, nem-
lich den Perſern und den mogoliſchen Jndiern, die der mahommedaniſchen Religion zuge-
than ſind, habe ich bei dieſem Brennen kein andres Behaͤltnis fuͤr das Feuer gefunden, als
ein baumwolnes mit Wayd (Franzoͤſiſch cotton bleu) gefaͤrbtes Tuch. Dieſes wird
in einer cylindriſchen Figur in der Dicke eines einen halben Daumen langen Diameters, und
in der Laͤnge von etwa zwei Zol, um ſich ſelbſt ſehr enge gewunden, auf den zu brennenden
Ort gebracht, oben angezuͤndet, und ſo almaͤhlig nach und nach abgebrant, bis der ganze
Cylinder in Aſche zerfaͤlt. Dieſes Verfahren iſt alſo, wie leicht zu erachten, ganz uner-
traͤglich langwierig; denn es waͤhrt allemal eine Viertelſtunde, und zuweilen noch laͤnger,
ehe das Tuch ganz verbrant iſt; und bei dieſem Brennen pflegt dann oft das unterliegende
Fleiſch ſo abgenagt zu werden, daß manchmal ein ganz unheilbares Geſchwuͤr nachbleibt.
Man hat mir in dieſen Landen oft ſolche Geſchwuͤre, die ſehr haͤslich und gefaͤhrlich, und
aus dieſer Urſache entſtanden waren, zu heilen vorgelegt. So bald indes das Brennen
geſchehn iſt, hat der Wundarzt weiter nichts zu thun, als taͤglich die Wunde zu ſalben,
und ſie, nach abgenommener haͤutigen Rinde, zum Eitern zu bringen.

Die Marter, welche bei dem Brennen ausgehalten werden mus, und die lang-
wierigen folgenden Beſchwerlichkeiten veranlaſſen, wie ich glaube, daß ſich die Eingebor-
nen dieſer Laͤnder in der That dieſes Mittels nicht ſo haͤufig bedienen, als man es aus den
großen Lobpreiſungen deſſelben in ihren Schriften und Schulen ſchließen ſolte.

Jch habe des Wayds erwaͤhnt, und mus noch hinzuſetzen, daß die Araber es
ganz nothwendig halten, die zum Brenmittel beſtimte Materie mit dem Saft deſſelben an-
zufeuchten, und glauben, daß dadurch die Kraft des Feuers nicht wenig verſtaͤrkt werde.
Eine Meinung, die, wie ſie wenigſtens glauben, gar nicht Vorurtheil iſt, ſondern auf
eine ſehr algemeine und durch Jahrhunderte bewaͤhrte Meinung ſich gruͤndet. Jn der
That ſtimt mit derſelben auch der gemeine Glaube des europaͤiſchen Poͤbels zuſammen, daß
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von
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[430/0488] IV. Von der Moxa, dem vortreflichen Brenmittel, angezuͤndete Schwaͤmme, und die ins Feuer gebrachten Wurzeln von Struthium und Ari- ſtologia war. Andern aber gefiel es mehr mit brennendem Schwefel oder mit Buchs- baumzweigen, die mit warmen Oel angefeuchtet waren, die koͤrperlichen Gebrechen zu hei- len. Wer von der Verſchiedenheit der Brenmaterien und der Arten, ſie zu gebrauchen, bei den Alten ſich unterrichten wil, der darf nur den Mercatum Pr. L. 4. c. 1. p. 162. und von den Neuern den M. A. Severinum leſen. Jch rede hier nur von den Brenmit- teln der Aſiater, die noch heutiges Tages uͤblich ſind. §. 2. Bei den Arabern, und denen, die ihre Kentniſſe von ihnen erhalten haben, nem- lich den Perſern und den mogoliſchen Jndiern, die der mahommedaniſchen Religion zuge- than ſind, habe ich bei dieſem Brennen kein andres Behaͤltnis fuͤr das Feuer gefunden, als ein baumwolnes mit Wayd (Franzoͤſiſch cotton bleu) gefaͤrbtes Tuch. Dieſes wird in einer cylindriſchen Figur in der Dicke eines einen halben Daumen langen Diameters, und in der Laͤnge von etwa zwei Zol, um ſich ſelbſt ſehr enge gewunden, auf den zu brennenden Ort gebracht, oben angezuͤndet, und ſo almaͤhlig nach und nach abgebrant, bis der ganze Cylinder in Aſche zerfaͤlt. Dieſes Verfahren iſt alſo, wie leicht zu erachten, ganz uner- traͤglich langwierig; denn es waͤhrt allemal eine Viertelſtunde, und zuweilen noch laͤnger, ehe das Tuch ganz verbrant iſt; und bei dieſem Brennen pflegt dann oft das unterliegende Fleiſch ſo abgenagt zu werden, daß manchmal ein ganz unheilbares Geſchwuͤr nachbleibt. Man hat mir in dieſen Landen oft ſolche Geſchwuͤre, die ſehr haͤslich und gefaͤhrlich, und aus dieſer Urſache entſtanden waren, zu heilen vorgelegt. So bald indes das Brennen geſchehn iſt, hat der Wundarzt weiter nichts zu thun, als taͤglich die Wunde zu ſalben, und ſie, nach abgenommener haͤutigen Rinde, zum Eitern zu bringen. Die Marter, welche bei dem Brennen ausgehalten werden mus, und die lang- wierigen folgenden Beſchwerlichkeiten veranlaſſen, wie ich glaube, daß ſich die Eingebor- nen dieſer Laͤnder in der That dieſes Mittels nicht ſo haͤufig bedienen, als man es aus den großen Lobpreiſungen deſſelben in ihren Schriften und Schulen ſchließen ſolte. Jch habe des Wayds erwaͤhnt, und mus noch hinzuſetzen, daß die Araber es ganz nothwendig halten, die zum Brenmittel beſtimte Materie mit dem Saft deſſelben an- zufeuchten, und glauben, daß dadurch die Kraft des Feuers nicht wenig verſtaͤrkt werde. Eine Meinung, die, wie ſie wenigſtens glauben, gar nicht Vorurtheil iſt, ſondern auf eine ſehr algemeine und durch Jahrhunderte bewaͤhrte Meinung ſich gruͤndet. Jn der That ſtimt mit derſelben auch der gemeine Glaube des europaͤiſchen Poͤbels zuſammen, daß ein noch rauchendes und unter die Naſe gehaltenes Stuͤk Leinwand, das aber mit dem Saft von

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Zitationshilfe: Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kaempfer_japan02_1779/488>, abgerufen am 24.11.2024.