Kaempfer, Engelbert: Geschichte und Beschreibung von Japan. Hrsg. v. Christian Wilhelm von Dohm. Bd. 2. Lemgo, 1779.Sechst. Kap. Von der Verfas. der Holländer in Japan überhaupt. aber mit weit nachtheiligern Bedingungen zugestanden wurde. Jnzwischen wandte unsreNation, seit der Zeit, daß sie sich in Firando niedergelassen, allen Fleis an, um aus dem Verfal des portugiesischen Handels für den ihrigen Vortheil zu ziehn. Man bemühte sich dem Hofe, dessen Räthen, den Landesherrn in Firando und andern Großen, die nur irgend einen vortheilhaften oder schädlichen Einflus haben konten, auf alle nur mögliche Weise zu gefallen. Keine Kosten und Mühe wurden gespart, um die grösten Seltsamkeiten der Welt aufzubringen, und als ein jährliches Geschenk nach Hofe zu schicken. Die vorneh- men Japaner bewiesen dabei eine sehr lächerliche Begierde, allerlei ganz sonderbar gefärbte und gestaltete Thiere zu haben, welche meistens von der Natur nur so gebildet waren, wie sie sie wünschten, und uns die Zeichnungen von diesen Thieren gaben, damit wir sie aufsu- chen könten. Unsre Bediente gaben sich dann auch alle mögliche Mühe, was nur in Jn- dien, Persien und Europa zu finden, herbeizuschaffen. Unsre Nation bewies auch in allen, und selbst den unredlichsten Zumuthungen, den grösten Gehorsam, um nur bei der japanischen sich in guten Credit zu setzen und vortheilhafte Handelsbedingungen zu erhalten. So durften wir z. B. im Jahr 1638 keine Widersezlichkeit blicken lassen, als wir auf kaiser- lichen Befehl unsre neu erbauete Residenz und Pakhaus auf Firando (welche doch so kostbare steinerne Palläste waren, als Japan noch nie gesehn hatte) in gröster Eil selbst niederrei- ßen musten, weil diese Gebäude wider den Landsgebrauch zu prächtig gebauet waren, und im Giebel die Jahrzahl nach Christi Geburt führten. Kurz nachher, noch in eben dem Jahre 1638 trug dieser Hof auch kein Bedenken, Japa-
Sechſt. Kap. Von der Verfaſ. der Hollaͤnder in Japan uͤberhaupt. aber mit weit nachtheiligern Bedingungen zugeſtanden wurde. Jnzwiſchen wandte unſreNation, ſeit der Zeit, daß ſie ſich in Firando niedergelaſſen, allen Fleis an, um aus dem Verfal des portugieſiſchen Handels fuͤr den ihrigen Vortheil zu ziehn. Man bemuͤhte ſich dem Hofe, deſſen Raͤthen, den Landesherrn in Firando und andern Großen, die nur irgend einen vortheilhaften oder ſchaͤdlichen Einflus haben konten, auf alle nur moͤgliche Weiſe zu gefallen. Keine Koſten und Muͤhe wurden geſpart, um die groͤſten Seltſamkeiten der Welt aufzubringen, und als ein jaͤhrliches Geſchenk nach Hofe zu ſchicken. Die vorneh- men Japaner bewieſen dabei eine ſehr laͤcherliche Begierde, allerlei ganz ſonderbar gefaͤrbte und geſtaltete Thiere zu haben, welche meiſtens von der Natur nur ſo gebildet waren, wie ſie ſie wuͤnſchten, und uns die Zeichnungen von dieſen Thieren gaben, damit wir ſie aufſu- chen koͤnten. Unſre Bediente gaben ſich dann auch alle moͤgliche Muͤhe, was nur in Jn- dien, Perſien und Europa zu finden, herbeizuſchaffen. Unſre Nation bewies auch in allen, und ſelbſt den unredlichſten Zumuthungen, den groͤſten Gehorſam, um nur bei der japaniſchen ſich in guten Credit zu ſetzen und vortheilhafte Handelsbedingungen zu erhalten. So durften wir z. B. im Jahr 1638 keine Widerſezlichkeit blicken laſſen, als wir auf kaiſer- lichen Befehl unſre neu erbauete Reſidenz und Pakhaus auf Firando (welche doch ſo koſtbare ſteinerne Pallaͤſte waren, als Japan noch nie geſehn hatte) in groͤſter Eil ſelbſt niederrei- ßen muſten, weil dieſe Gebaͤude wider den Landsgebrauch zu praͤchtig gebauet waren, und im Giebel die Jahrzahl nach Chriſti Geburt fuͤhrten. Kurz nachher, noch in eben dem Jahre 1638 trug dieſer Hof auch kein Bedenken, Japa-
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Sechſt. Kap. Von der Verfaſ. der Hollaͤnder in Japan uͤberhaupt.
aber mit weit nachtheiligern Bedingungen zugeſtanden wurde. Jnzwiſchen wandte unſre
Nation, ſeit der Zeit, daß ſie ſich in Firando niedergelaſſen, allen Fleis an, um aus
dem Verfal des portugieſiſchen Handels fuͤr den ihrigen Vortheil zu ziehn. Man bemuͤhte
ſich dem Hofe, deſſen Raͤthen, den Landesherrn in Firando und andern Großen, die nur
irgend einen vortheilhaften oder ſchaͤdlichen Einflus haben konten, auf alle nur moͤgliche
Weiſe zu gefallen. Keine Koſten und Muͤhe wurden geſpart, um die groͤſten Seltſamkeiten
der Welt aufzubringen, und als ein jaͤhrliches Geſchenk nach Hofe zu ſchicken. Die vorneh-
men Japaner bewieſen dabei eine ſehr laͤcherliche Begierde, allerlei ganz ſonderbar gefaͤrbte
und geſtaltete Thiere zu haben, welche meiſtens von der Natur nur ſo gebildet waren, wie
ſie ſie wuͤnſchten, und uns die Zeichnungen von dieſen Thieren gaben, damit wir ſie aufſu-
chen koͤnten. Unſre Bediente gaben ſich dann auch alle moͤgliche Muͤhe, was nur in Jn-
dien, Perſien und Europa zu finden, herbeizuſchaffen. Unſre Nation bewies auch in
allen, und ſelbſt den unredlichſten Zumuthungen, den groͤſten Gehorſam, um nur bei der
japaniſchen ſich in guten Credit zu ſetzen und vortheilhafte Handelsbedingungen zu erhalten.
So durften wir z. B. im Jahr 1638 keine Widerſezlichkeit blicken laſſen, als wir auf kaiſer-
lichen Befehl unſre neu erbauete Reſidenz und Pakhaus auf Firando (welche doch ſo koſtbare
ſteinerne Pallaͤſte waren, als Japan noch nie geſehn hatte) in groͤſter Eil ſelbſt niederrei-
ßen muſten, weil dieſe Gebaͤude wider den Landsgebrauch zu praͤchtig gebauet waren, und im
Giebel die Jahrzahl nach Chriſti Geburt fuͤhrten.
Kurz nachher, noch in eben dem Jahre 1638 trug dieſer Hof auch kein Bedenken,
den Hollaͤndern eine abſcheuliche Probe ihres Gehorſams anzumuthen, aus der er urtheilen
wolte, ob die Gebote des Kaiſers oder die Liebe zu ihren Mitchriſten groͤßere Kraft bei ihnen
habe? Dieſe beſtund darin, daß wir dem Reich in Ausrottung der einheimiſchen Chriſten
dienen und Huͤlfe leiſten ſolten. Von dieſen hatte ſich nemlich ein noch uͤbriger Haufe, der
etwa aus 40000 Menſchen beſtand, aus Furcht vor dem Maͤrtirthum, in eine alte Feſtung
der Provinz Simibara geworfen, um ſich mit aller Staͤrke der Verzweiflung zu vertheidi-
gen. Die Hollaͤnder ſtanden nicht an, auch dieſe verlangte Probe ihres Gehorſams zu ge-
ben. Unſer Reſident Koͤkebecker verfuͤgte ſich ſelbſt mit einem noch vorhandnen Schiffe
(denn mit den andern war Caron den Tag vorher abgeſegelt und alſo dieſer Zumuthung ent-
wiſcht) an den beſtimten Ort, und beſchos binnen 14 Tagen die belagerten Chriſten ſowohl
vom Schiffe als auch vom Lande (wo man eine Batterie angelegt) mit 426 groben Kanon-
ſchuͤſſen. Die Japaner bezeigten ſich mit dieſem Beiſtande zufrieden, und obgleich die
Belagerten noch nicht zur Uebergabe gebracht und gaͤnzlich gedemuͤthigt worden; ſo waren
doch ihre Kraͤfte ganz ungemein geſchwaͤcht. Man erlaubte unſerm Schiffe daher wieder
abzuziehen, doch muſte es noch ſechs Kanonen, zu Ausfuͤhrung ihrer graufamen Abſicht, den
Japa-
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