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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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wovon die Rede war und dachte bald an die Pflegerin und an die schlechte Behandlung, die sie vom Onkel erfahren hatte, bald daran, ob er den Kanzleidirektor nicht schon einmal gesehn hatte, vielleicht sogar in der Versammlung bei seiner ersten Untersuchung. Wenn er sich auch vielleicht auch täuschte, so hätte sich doch der Kanzleidirektor den Versammlungsteilnehmern in der ersten Reihe, den alten Herren mit den schüttern Bärten, vorzüglich eingefügt.

Da ließ ein Lärm aus dem Vorzimmer wie von zerbrechendem Porzellan, alle aufhorchen. "Ich will nachsehn, was geschehen ist," sagte K. und ging langsam hinaus, als gebe er den andern noch Gelegenheit, ihn zurückzuhalten. Kaum war er ins Vorzimmer getreten und wollte sich im Dunkel zurechtfinden, als sich auf die Hand, mit der er die Tür noch festhielt, eine kleine Hand legte, viel kleiner als K.s Hand und die Tür leise schloß. Es war die Pflegerin, die hier gewartet hatte. "Es ist nichts geschehn," flüsterte sie, "ich habe nur einen Teller gegen die Mauer geworfen, um Sie herauszuholen." In seiner Befangenheit sagte K.: "Ich habe auch an Sie gedacht." "Desto besser," sagte

wovon die Rede war und dachte bald an die Pflegerin und an die schlechte Behandlung, die sie vom Onkel erfahren hatte, bald daran, ob er den Kanzleidirektor nicht schon einmal gesehn hatte, vielleicht sogar in der Versammlung bei seiner ersten Untersuchung. Wenn er sich auch vielleicht auch täuschte, so hätte sich doch der Kanzleidirektor den Versammlungsteilnehmern in der ersten Reihe, den alten Herren mit den schüttern Bärten, vorzüglich eingefügt.

Da ließ ein Lärm aus dem Vorzimmer wie von zerbrechendem Porzellan, alle aufhorchen. „Ich will nachsehn, was geschehen ist,“ sagte K. und ging langsam hinaus, als gebe er den andern noch Gelegenheit, ihn zurückzuhalten. Kaum war er ins Vorzimmer getreten und wollte sich im Dunkel zurechtfinden, als sich auf die Hand, mit der er die Tür noch festhielt, eine kleine Hand legte, viel kleiner als K.s Hand und die Tür leise schloß. Es war die Pflegerin, die hier gewartet hatte. „Es ist nichts geschehn,“ flüsterte sie, „ich habe nur einen Teller gegen die Mauer geworfen, um Sie herauszuholen.“ In seiner Befangenheit sagte K.: „Ich habe auch an Sie gedacht.“ „Desto besser,“ sagte

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[183/0185] wovon die Rede war und dachte bald an die Pflegerin und an die schlechte Behandlung, die sie vom Onkel erfahren hatte, bald daran, ob er den Kanzleidirektor nicht schon einmal gesehn hatte, vielleicht sogar in der Versammlung bei seiner ersten Untersuchung. Wenn er sich auch vielleicht auch täuschte, so hätte sich doch der Kanzleidirektor den Versammlungsteilnehmern in der ersten Reihe, den alten Herren mit den schüttern Bärten, vorzüglich eingefügt. Da ließ ein Lärm aus dem Vorzimmer wie von zerbrechendem Porzellan, alle aufhorchen. „Ich will nachsehn, was geschehen ist,“ sagte K. und ging langsam hinaus, als gebe er den andern noch Gelegenheit, ihn zurückzuhalten. Kaum war er ins Vorzimmer getreten und wollte sich im Dunkel zurechtfinden, als sich auf die Hand, mit der er die Tür noch festhielt, eine kleine Hand legte, viel kleiner als K.s Hand und die Tür leise schloß. Es war die Pflegerin, die hier gewartet hatte. „Es ist nichts geschehn,“ flüsterte sie, „ich habe nur einen Teller gegen die Mauer geworfen, um Sie herauszuholen.“ In seiner Befangenheit sagte K.: „Ich habe auch an Sie gedacht.“ „Desto besser,“ sagte

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/185>, abgerufen am 21.11.2024.