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Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925.

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Nennen Sie mich übrigens Leni," fügte sie noch rasch und unvermittelt zu, als solle kein Augenblick dieser Aussprache versäumt werden. "Gern," sagte K. "Was aber die Merkwürdigkeit betrifft, Leni, so ist sie leicht zu erklären. Erstens mußte ich doch das Geschwätz der alten Herren anhören und konnte nicht grundlos weglaufen, zweitens aber bin ich nicht frech, sondern eher schüchtern und auch Sie, Leni, sahen wahrhaftig nicht so aus, als ob Sie in einem Sprung zu gewinnen wären." "Das ist es nicht," sagte Leni, legte den Arm über die Lehne und sah K. an, "aber ich gefiel Ihnen nicht und gefalle Ihnen wahrscheinlich auch jetzt nicht." "Gefallen wäre ja nicht viel," sagte K. ausweichend. "Oh!" sagte sie lächelnd und gewann durch K.s Bemerkung und diesen kleinen Ausruf eine gewisse Überlegenheit. Deshalb schwieg K. ein Weilchen. Da er sich an das Dunkel im Zimmer schon gewöhnt hatte, konnte er verschiedene Einzelheiten der Einrichtung unterscheiden. Besonders fiel ihm ein großes Bild auf, das rechts von der Tür hing, er beugte sich vor, um es besser zu sehn. Es stellte einen Mann im Richtertalar dar; er saß auf einem hohen Thronsessel,

Nennen Sie mich übrigens Leni,“ fügte sie noch rasch und unvermittelt zu, als solle kein Augenblick dieser Aussprache versäumt werden. „Gern,“ sagte K. „Was aber die Merkwürdigkeit betrifft, Leni, so ist sie leicht zu erklären. Erstens mußte ich doch das Geschwätz der alten Herren anhören und konnte nicht grundlos weglaufen, zweitens aber bin ich nicht frech, sondern eher schüchtern und auch Sie, Leni, sahen wahrhaftig nicht so aus, als ob Sie in einem Sprung zu gewinnen wären.“ „Das ist es nicht,“ sagte Leni, legte den Arm über die Lehne und sah K. an, „aber ich gefiel Ihnen nicht und gefalle Ihnen wahrscheinlich auch jetzt nicht.“ „Gefallen wäre ja nicht viel,“ sagte K. ausweichend. „Oh!“ sagte sie lächelnd und gewann durch K.s Bemerkung und diesen kleinen Ausruf eine gewisse Überlegenheit. Deshalb schwieg K. ein Weilchen. Da er sich an das Dunkel im Zimmer schon gewöhnt hatte, konnte er verschiedene Einzelheiten der Einrichtung unterscheiden. Besonders fiel ihm ein großes Bild auf, das rechts von der Tür hing, er beugte sich vor, um es besser zu sehn. Es stellte einen Mann im Richtertalar dar; er saß auf einem hohen Thronsessel,

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[185/0187] Nennen Sie mich übrigens Leni,“ fügte sie noch rasch und unvermittelt zu, als solle kein Augenblick dieser Aussprache versäumt werden. „Gern,“ sagte K. „Was aber die Merkwürdigkeit betrifft, Leni, so ist sie leicht zu erklären. Erstens mußte ich doch das Geschwätz der alten Herren anhören und konnte nicht grundlos weglaufen, zweitens aber bin ich nicht frech, sondern eher schüchtern und auch Sie, Leni, sahen wahrhaftig nicht so aus, als ob Sie in einem Sprung zu gewinnen wären.“ „Das ist es nicht,“ sagte Leni, legte den Arm über die Lehne und sah K. an, „aber ich gefiel Ihnen nicht und gefalle Ihnen wahrscheinlich auch jetzt nicht.“ „Gefallen wäre ja nicht viel,“ sagte K. ausweichend. „Oh!“ sagte sie lächelnd und gewann durch K.s Bemerkung und diesen kleinen Ausruf eine gewisse Überlegenheit. Deshalb schwieg K. ein Weilchen. Da er sich an das Dunkel im Zimmer schon gewöhnt hatte, konnte er verschiedene Einzelheiten der Einrichtung unterscheiden. Besonders fiel ihm ein großes Bild auf, das rechts von der Tür hing, er beugte sich vor, um es besser zu sehn. Es stellte einen Mann im Richtertalar dar; er saß auf einem hohen Thronsessel,

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Zitationshilfe: Kafka, Franz: Der Prozess (Hg. Max Brod). Berlin, 1925, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kafka_prozess_1925/187>, abgerufen am 24.11.2024.