Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.Allgemeine Naturgeschichte der Mangel der Luft, werden der Sonne ein Ziel se-tzen, da ihre Flamme dereinst erlöschen, und ihren Ort, der anjetzo der Mittelpunkt des Lichtes und des Lebens dem ganzen Weltgebäude ist, ewige Fin- sternisse einnehmen werden. Die abwechselnde Be- strebung ihres Feuers, durch die Eröfnung neuer Grüfte, wiederum aufzuleben, wodurch sie sich vie- leicht vor ihrem Untergange etlichemal herstellet, könnte eine Erklärung des Verschwindens und der Wiedererscheinung einiger Fixsterne abgeben. Es würden Sonnen seyn, welche ihrem Erlöschen na- he sind, und die noch etlichemal aus ihrem Schut- te aufzuleben trachten. Es mag diese Erklärung Beyfall verdienen, oder nicht, so wird man sich doch gewiß diese Betrachtung dazu dienen lassen, einzusehen, daß, da der Vollkommenheit aller Welt- ordnungen, es sey auf die eine oder andere Art, ein unvermeidlicher Verfall drohet, man keine Schwie- rigkeit in dem oben angeführten Gesetze ihres Unter- ganges, durch den Hang der mechanischen Einrich- tung, finden werde, welche dadurch aber vornem- lich annehmungswürdig wird, weil sie den Saa- men der Wiedererneurung, selbst in der Vermen- gung mit dem Choas, bey sich führet. Zuletzt lasset uns der Einbildungskraft ein so che,
Allgemeine Naturgeſchichte der Mangel der Luft, werden der Sonne ein Ziel ſe-tzen, da ihre Flamme dereinſt erloͤſchen, und ihren Ort, der anjetzo der Mittelpunkt des Lichtes und des Lebens dem ganzen Weltgebaͤude iſt, ewige Fin- ſterniſſe einnehmen werden. Die abwechſelnde Be- ſtrebung ihres Feuers, durch die Eroͤfnung neuer Gruͤfte, wiederum aufzuleben, wodurch ſie ſich vie- leicht vor ihrem Untergange etlichemal herſtellet, koͤnnte eine Erklaͤrung des Verſchwindens und der Wiedererſcheinung einiger Fixſterne abgeben. Es wuͤrden Sonnen ſeyn, welche ihrem Erloͤſchen na- he ſind, und die noch etlichemal aus ihrem Schut- te aufzuleben trachten. Es mag dieſe Erklaͤrung Beyfall verdienen, oder nicht, ſo wird man ſich doch gewiß dieſe Betrachtung dazu dienen laſſen, einzuſehen, daß, da der Vollkommenheit aller Welt- ordnungen, es ſey auf die eine oder andere Art, ein unvermeidlicher Verfall drohet, man keine Schwie- rigkeit in dem oben angefuͤhrten Geſetze ihres Unter- ganges, durch den Hang der mechaniſchen Einrich- tung, finden werde, welche dadurch aber vornem- lich annehmungswuͤrdig wird, weil ſie den Saa- men der Wiedererneurung, ſelbſt in der Vermen- gung mit dem Choas, bey ſich fuͤhret. Zuletzt laſſet uns der Einbildungskraft ein ſo che,
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Allgemeine Naturgeſchichte
der Mangel der Luft, werden der Sonne ein Ziel ſe-
tzen, da ihre Flamme dereinſt erloͤſchen, und ihren
Ort, der anjetzo der Mittelpunkt des Lichtes und
des Lebens dem ganzen Weltgebaͤude iſt, ewige Fin-
ſterniſſe einnehmen werden. Die abwechſelnde Be-
ſtrebung ihres Feuers, durch die Eroͤfnung neuer
Gruͤfte, wiederum aufzuleben, wodurch ſie ſich vie-
leicht vor ihrem Untergange etlichemal herſtellet,
koͤnnte eine Erklaͤrung des Verſchwindens und der
Wiedererſcheinung einiger Fixſterne abgeben. Es
wuͤrden Sonnen ſeyn, welche ihrem Erloͤſchen na-
he ſind, und die noch etlichemal aus ihrem Schut-
te aufzuleben trachten. Es mag dieſe Erklaͤrung
Beyfall verdienen, oder nicht, ſo wird man ſich
doch gewiß dieſe Betrachtung dazu dienen laſſen,
einzuſehen, daß, da der Vollkommenheit aller Welt-
ordnungen, es ſey auf die eine oder andere Art, ein
unvermeidlicher Verfall drohet, man keine Schwie-
rigkeit in dem oben angefuͤhrten Geſetze ihres Unter-
ganges, durch den Hang der mechaniſchen Einrich-
tung, finden werde, welche dadurch aber vornem-
lich annehmungswuͤrdig wird, weil ſie den Saa-
men der Wiedererneurung, ſelbſt in der Vermen-
gung mit dem Choas, bey ſich fuͤhret.
Zuletzt laſſet uns der Einbildungskraft ein ſo
wunderſeltſames Object, als eine brennende Sonne
iſt, gleichſam von nahen vorſtellen. Man ſiehet
in einem Anblicke weite Feuerſeen, die ihre Flam-
men gen Himmel erheben, raſende Stuͤrme, de-
ren Wuth die Heftigkeit der erſten verdoppelt, wel-
che,
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