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Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755.

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Allgemeine Naturgeschichte
zu dem gemeinen Plane ihrer Beziehung, uns, die
wir mit unserer Erde in eben demselben Plane be-
findlich seyn, eine von unzählbaren Sternen dicht
erleuchtete Zone darstellen, deren Richtung nach
dem grössesten Zirkel gienge; dieser lichte Streifen
würde allenthalben mit Sternen genugsam besetzet
seyn, obgleich gemäß der Hypothese es Wandelster-
ne, mithin nicht an einen Ort geheftet sind, denn
es würden sich allezeit nach einer Seite Sterne ge-
nug durch ihre Versetzung befinden, obgleich andere
diesen Ort geändert hätten.

Die Breite dieser erleuchteten Zone, welche ei-
ne Art eines Thierkreises vorstellet, wird durch die
verschiedene Grade der Abweichung besagter Jrr-
sterne von dem Plane ihrer Beziehung und durch
die Neigung ihrer Kreise gegen dieselbe Fläche ver-
anlasset werden; und weil die meisten diesem Pla-
ne nahe seyn, so wird ihre Anzahl nach dem Maasse
der Entfernung von dieser Fläche zerstreuter erschei-
nen; die Cometen aber, die alle Gegenden ohne
Unterscheid einnehmen, werden das Feld des Him-
mels von beyden Seiten bedecken.

Die Gestalt des Himmels der Fixsterne hat al-
so keine andere Ursache, als eben eine dergleichen
systematische Verfassung im Grossen, als der pla-
netische Weltbau im Kleinen hat, indem alle Son-
nen ein System ausmachen, dessen allgemeine Be-
ziehungsfläche die Milchstrasse ist; die sich am we-
nigsten auf diese Fläche beziehende, werden zur Sei-
te gesehen, sie sind aber eben deswegen weniger ge-

häu-

Allgemeine Naturgeſchichte
zu dem gemeinen Plane ihrer Beziehung, uns, die
wir mit unſerer Erde in eben demſelben Plane be-
findlich ſeyn, eine von unzaͤhlbaren Sternen dicht
erleuchtete Zone darſtellen, deren Richtung nach
dem groͤſſeſten Zirkel gienge; dieſer lichte Streifen
wuͤrde allenthalben mit Sternen genugſam beſetzet
ſeyn, obgleich gemaͤß der Hypotheſe es Wandelſter-
ne, mithin nicht an einen Ort geheftet ſind, denn
es wuͤrden ſich allezeit nach einer Seite Sterne ge-
nug durch ihre Verſetzung befinden, obgleich andere
dieſen Ort geaͤndert haͤtten.

Die Breite dieſer erleuchteten Zone, welche ei-
ne Art eines Thierkreiſes vorſtellet, wird durch die
verſchiedene Grade der Abweichung beſagter Jrr-
ſterne von dem Plane ihrer Beziehung und durch
die Neigung ihrer Kreiſe gegen dieſelbe Flaͤche ver-
anlaſſet werden; und weil die meiſten dieſem Pla-
ne nahe ſeyn, ſo wird ihre Anzahl nach dem Maaſſe
der Entfernung von dieſer Flaͤche zerſtreuter erſchei-
nen; die Cometen aber, die alle Gegenden ohne
Unterſcheid einnehmen, werden das Feld des Him-
mels von beyden Seiten bedecken.

Die Geſtalt des Himmels der Fixſterne hat al-
ſo keine andere Urſache, als eben eine dergleichen
ſyſtematiſche Verfaſſung im Groſſen, als der pla-
netiſche Weltbau im Kleinen hat, indem alle Son-
nen ein Syſtem ausmachen, deſſen allgemeine Be-
ziehungsflaͤche die Milchſtraſſe iſt; die ſich am we-
nigſten auf dieſe Flaͤche beziehende, werden zur Sei-
te geſehen, ſie ſind aber eben deswegen weniger ge-

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[8/0076] Allgemeine Naturgeſchichte zu dem gemeinen Plane ihrer Beziehung, uns, die wir mit unſerer Erde in eben demſelben Plane be- findlich ſeyn, eine von unzaͤhlbaren Sternen dicht erleuchtete Zone darſtellen, deren Richtung nach dem groͤſſeſten Zirkel gienge; dieſer lichte Streifen wuͤrde allenthalben mit Sternen genugſam beſetzet ſeyn, obgleich gemaͤß der Hypotheſe es Wandelſter- ne, mithin nicht an einen Ort geheftet ſind, denn es wuͤrden ſich allezeit nach einer Seite Sterne ge- nug durch ihre Verſetzung befinden, obgleich andere dieſen Ort geaͤndert haͤtten. Die Breite dieſer erleuchteten Zone, welche ei- ne Art eines Thierkreiſes vorſtellet, wird durch die verſchiedene Grade der Abweichung beſagter Jrr- ſterne von dem Plane ihrer Beziehung und durch die Neigung ihrer Kreiſe gegen dieſelbe Flaͤche ver- anlaſſet werden; und weil die meiſten dieſem Pla- ne nahe ſeyn, ſo wird ihre Anzahl nach dem Maaſſe der Entfernung von dieſer Flaͤche zerſtreuter erſchei- nen; die Cometen aber, die alle Gegenden ohne Unterſcheid einnehmen, werden das Feld des Him- mels von beyden Seiten bedecken. Die Geſtalt des Himmels der Fixſterne hat al- ſo keine andere Urſache, als eben eine dergleichen ſyſtematiſche Verfaſſung im Groſſen, als der pla- netiſche Weltbau im Kleinen hat, indem alle Son- nen ein Syſtem ausmachen, deſſen allgemeine Be- ziehungsflaͤche die Milchſtraſſe iſt; die ſich am we- nigſten auf dieſe Flaͤche beziehende, werden zur Sei- te geſehen, ſie ſind aber eben deswegen weniger ge- haͤu-

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Allgemeine Naturgeschichte und Theorie des Himmels. Königsberg u. a., 1755, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_naturgeschichte_1755/76>, abgerufen am 23.11.2024.