unzertrennlich, wenn gleich nicht immer mit Effect ver- bunden, der aber doch auch, durch die öftere Beschäffti- gung mit derselben, und die anfangs kleinern Versuche ihres Gebrauchs, Hoffnung zu seiner Bewirkung giebt, um in uns nach und nach das größte, aber reine mora- lische Interesse daran hervorzubringen.
Die Methode nimmt also folgenden Gang. Zuerst ist es nur darum zu thun, die Beurtheilung nach mo- ralischen Gesetzen zu einer natürlichen, alle unsere eigene, sowol als die Beobachtung fremder freyer Handlungen begleitenden Beschäfftigung und gleichsam zur Gewohn- heit zu machen, und sie zu schärfen, indem man vorerst frägt, ob die Handlung objectiv dem moralischen Ge- setze, und welchem, gemäß sey; wobey man denn die Aufmerksamkeit auf dasjenige Gesetz, welches blos einen Grund zur Verbindlichkeit an die Hand giebt, von dem unterscheidet, welches in der That verbindend ist (le- ges obligandi a legibus obligantibus), (wie z. B. das Gesetz desjenigen, was das Bedürfniß der Menschen im Gegensatze dessen, was das Recht derselben von mir fordert, wovon das Letztere wesentliche, das Erstere aber nur außerwesentliche Pflichten vorschreibt,) und so ver- schiedene Pflichten, die in einer Handlung zusammen- kommen, unterscheiden lehrt. Der andere Punct, wor- auf die Aufmerksamkeit gerichtet werden muß, ist die Frage: ob die Handlung auch (subjectiv) um des mo-
rali-
II. Th. Methodenlehre
unzertrennlich, wenn gleich nicht immer mit Effect ver- bunden, der aber doch auch, durch die oͤftere Beſchaͤffti- gung mit derſelben, und die anfangs kleinern Verſuche ihres Gebrauchs, Hoffnung zu ſeiner Bewirkung giebt, um in uns nach und nach das groͤßte, aber reine mora- liſche Intereſſe daran hervorzubringen.
Die Methode nimmt alſo folgenden Gang. Zuerſt iſt es nur darum zu thun, die Beurtheilung nach mo- raliſchen Geſetzen zu einer natuͤrlichen, alle unſere eigene, ſowol als die Beobachtung fremder freyer Handlungen begleitenden Beſchaͤfftigung und gleichſam zur Gewohn- heit zu machen, und ſie zu ſchaͤrfen, indem man vorerſt fraͤgt, ob die Handlung objectiv dem moraliſchen Ge- ſetze, und welchem, gemaͤß ſey; wobey man denn die Aufmerkſamkeit auf dasjenige Geſetz, welches blos einen Grund zur Verbindlichkeit an die Hand giebt, von dem unterſcheidet, welches in der That verbindend iſt (le- ges obligandi a legibus obligantibus), (wie z. B. das Geſetz desjenigen, was das Beduͤrfniß der Menſchen im Gegenſatze deſſen, was das Recht derſelben von mir fordert, wovon das Letztere weſentliche, das Erſtere aber nur außerweſentliche Pflichten vorſchreibt,) und ſo ver- ſchiedene Pflichten, die in einer Handlung zuſammen- kommen, unterſcheiden lehrt. Der andere Punct, wor- auf die Aufmerkſamkeit gerichtet werden muß, iſt die Frage: ob die Handlung auch (ſubjectiv) um des mo-
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II. Th. Methodenlehre
unzertrennlich, wenn gleich nicht immer mit Effect ver-
bunden, der aber doch auch, durch die oͤftere Beſchaͤffti-
gung mit derſelben, und die anfangs kleinern Verſuche
ihres Gebrauchs, Hoffnung zu ſeiner Bewirkung giebt,
um in uns nach und nach das groͤßte, aber reine mora-
liſche Intereſſe daran hervorzubringen.
Die Methode nimmt alſo folgenden Gang. Zuerſt
iſt es nur darum zu thun, die Beurtheilung nach mo-
raliſchen Geſetzen zu einer natuͤrlichen, alle unſere eigene,
ſowol als die Beobachtung fremder freyer Handlungen
begleitenden Beſchaͤfftigung und gleichſam zur Gewohn-
heit zu machen, und ſie zu ſchaͤrfen, indem man vorerſt
fraͤgt, ob die Handlung objectiv dem moraliſchen Ge-
ſetze, und welchem, gemaͤß ſey; wobey man denn die
Aufmerkſamkeit auf dasjenige Geſetz, welches blos einen
Grund zur Verbindlichkeit an die Hand giebt, von dem
unterſcheidet, welches in der That verbindend iſt (le-
ges obligandi a legibus obligantibus), (wie z. B. das
Geſetz desjenigen, was das Beduͤrfniß der Menſchen
im Gegenſatze deſſen, was das Recht derſelben von mir
fordert, wovon das Letztere weſentliche, das Erſtere aber
nur außerweſentliche Pflichten vorſchreibt,) und ſo ver-
ſchiedene Pflichten, die in einer Handlung zuſammen-
kommen, unterſcheiden lehrt. Der andere Punct, wor-
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Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_pvernunft_1788/292>, abgerufen am 16.07.2024.
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