Kant, Immanuel: Critik der practischen Vernunft. Riga, 1788.der reinen practischen Vernunft. kam die Beurtheilung des Weltgebäudes eine ganz an-dere Richtung, und, mit dieser, zugleich einen, ohne Vergleichung, glücklichern Ausgang. Der Fall eines Steins, die Bewegung einer Schleuder, in ihre Ele- mente und dabey sich äußernde Kräfte aufgelöst, und mathematisch bearbeitet, brachte zuletzt diejenige klare und für alle Zukunft unveränderliche Einsicht in den Weltbau hervor, die, bey fortgehender Beobachtung, hoffen kann, sich immer nur zu erweitern, niemals aber, zurückgehen zu müssen, fürchten darf. Diesen Weg nun in Behandlung der moralischen und
der reinen practiſchen Vernunft. kam die Beurtheilung des Weltgebaͤudes eine ganz an-dere Richtung, und, mit dieſer, zugleich einen, ohne Vergleichung, gluͤcklichern Ausgang. Der Fall eines Steins, die Bewegung einer Schleuder, in ihre Ele- mente und dabey ſich aͤußernde Kraͤfte aufgeloͤſt, und mathematiſch bearbeitet, brachte zuletzt diejenige klare und fuͤr alle Zukunft unveraͤnderliche Einſicht in den Weltbau hervor, die, bey fortgehender Beobachtung, hoffen kann, ſich immer nur zu erweitern, niemals aber, zuruͤckgehen zu muͤſſen, fuͤrchten darf. Dieſen Weg nun in Behandlung der moraliſchen und
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0299" n="291"/><fw place="top" type="header">der reinen practiſchen Vernunft.</fw><lb/> kam die Beurtheilung des Weltgebaͤudes eine ganz an-<lb/> dere Richtung, und, mit dieſer, zugleich einen, ohne<lb/> Vergleichung, gluͤcklichern Ausgang. Der Fall eines<lb/> Steins, die Bewegung einer Schleuder, in ihre Ele-<lb/> mente und dabey ſich aͤußernde Kraͤfte aufgeloͤſt, und<lb/> mathematiſch bearbeitet, brachte zuletzt diejenige klare<lb/> und fuͤr alle Zukunft unveraͤnderliche Einſicht in den<lb/> Weltbau hervor, die, bey fortgehender Beobachtung,<lb/> hoffen kann, ſich immer nur zu erweitern, niemals aber,<lb/> zuruͤckgehen zu muͤſſen, fuͤrchten darf.</p><lb/> <p>Dieſen Weg nun in Behandlung der moraliſchen<lb/> Anlagen unſerer Natur gleichfalls einzuſchlagen, kann<lb/> uns jenes Beyſpiel anraͤthig ſeyn, und Hoffnung zu<lb/> aͤhnlichem guten Erfolg geben. Wir haben doch die<lb/> Beyſpiele der moraliſch-urtheilenden Vernunft bey Hand.<lb/> Dieſe nun in ihre Elementarbegriffe zu zergliedern, in<lb/> Ermangelung der <hi rendition="#fr">Mathematik</hi> aber ein der <hi rendition="#fr">Chemie</hi><lb/> aͤhnliches Verfahren, der <hi rendition="#fr">Scheidung</hi> des Empiriſchen<lb/> vom Rationalen, das ſich in ihnen vorfinden moͤchte,<lb/> in wiederholten Verſuchen am gemeinen Menſchenver-<lb/> ſtande vorzunehmen, kann uns Beydes rein, und, was<lb/> Jedes fuͤr ſich allein leiſten koͤnne, mit Gewißheit kenn-<lb/> bar machen, und ſo, theils der Verirrung einer noch<lb/><hi rendition="#fr">rohen</hi> ungeuͤbten Beurtheilung, theils (welches weit.<lb/> noͤthiger iſt) den <hi rendition="#fr">Genieſchwuͤngen</hi> vorbeugen, durch<lb/> welche, wie es von Adepten des Steins der Weiſen zu<lb/> geſchehen pflegt, ohne alle methodiſche Nachforſchung<lb/> <fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [291/0299]
der reinen practiſchen Vernunft.
kam die Beurtheilung des Weltgebaͤudes eine ganz an-
dere Richtung, und, mit dieſer, zugleich einen, ohne
Vergleichung, gluͤcklichern Ausgang. Der Fall eines
Steins, die Bewegung einer Schleuder, in ihre Ele-
mente und dabey ſich aͤußernde Kraͤfte aufgeloͤſt, und
mathematiſch bearbeitet, brachte zuletzt diejenige klare
und fuͤr alle Zukunft unveraͤnderliche Einſicht in den
Weltbau hervor, die, bey fortgehender Beobachtung,
hoffen kann, ſich immer nur zu erweitern, niemals aber,
zuruͤckgehen zu muͤſſen, fuͤrchten darf.
Dieſen Weg nun in Behandlung der moraliſchen
Anlagen unſerer Natur gleichfalls einzuſchlagen, kann
uns jenes Beyſpiel anraͤthig ſeyn, und Hoffnung zu
aͤhnlichem guten Erfolg geben. Wir haben doch die
Beyſpiele der moraliſch-urtheilenden Vernunft bey Hand.
Dieſe nun in ihre Elementarbegriffe zu zergliedern, in
Ermangelung der Mathematik aber ein der Chemie
aͤhnliches Verfahren, der Scheidung des Empiriſchen
vom Rationalen, das ſich in ihnen vorfinden moͤchte,
in wiederholten Verſuchen am gemeinen Menſchenver-
ſtande vorzunehmen, kann uns Beydes rein, und, was
Jedes fuͤr ſich allein leiſten koͤnne, mit Gewißheit kenn-
bar machen, und ſo, theils der Verirrung einer noch
rohen ungeuͤbten Beurtheilung, theils (welches weit.
noͤthiger iſt) den Genieſchwuͤngen vorbeugen, durch
welche, wie es von Adepten des Steins der Weiſen zu
geſchehen pflegt, ohne alle methodiſche Nachforſchung
und
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |