nach) in der Anschauung, gegeben werden. Dagegen fängt mit den reinen Verstandesbegriffen die unumgäng- liche Bedürfniß an, nicht allein von ihnen selbst, sondern auch vom Raum die transscendentale Deduction zu suchen, weil, da sie von Gegenständen nicht durch Prädicate der Anschauung und der Sinnlichkeit, sondern des reinen Den- kens a priori redet, sie sich auf Gegenstände ohne alle Be- dingungen der Sinnlichkeit allgemein beziehen, und die, da sie nicht auf Erfahrung gegründet sind, auch in der Anschauung a priori kein Obiect vorzeigen können, wor- auf sie vor aller Erfahrung ihre Synthesis gründeten, und daher nicht allein wegen der obiectiven Gültigkeit und Schranken ihres Gebrauchs Verdacht erregen, sondern auch ienen Begriff des Raumes zweydeutig machen, da- durch, daß sie ihn über die Bedingungen der sinnlichen Anschauung zu gebrauchen geneigt sind, weshalb auch oben von ihm eine transscendent. Deduction von nöthen war. So muß denn der Leser von der unumgänglichen Nothwen- digkeit einer solchen transsc. Deduction, ehe er einen einzigen Schritt im Felde der reinen Vernunft gethan hat, überzeugt werden; weil er sonst blind verfährt, und, nachdem er mannigfaltig umher geirrt hat, doch wieder zu der Un- wissenheit zurück kehren muß, von der er ausgegangen war. Er muß aber auch die unvermeidliche Schwierigkeit zum voraus deutlich einsehen, damit er nicht über Dunkelheit klage, wo die Sache selbst tief eingehüllt ist, oder über der Wegräumung der Hindernisse zu früh verdrossen wer-
den,
Elementarl. II. Th. I. Abth. I. Buch. II. Haupſt.
nach) in der Anſchauung, gegeben werden. Dagegen faͤngt mit den reinen Verſtandesbegriffen die unumgaͤng- liche Beduͤrfniß an, nicht allein von ihnen ſelbſt, ſondern auch vom Raum die transſcendentale Deduction zu ſuchen, weil, da ſie von Gegenſtaͤnden nicht durch Praͤdicate der Anſchauung und der Sinnlichkeit, ſondern des reinen Den- kens a priori redet, ſie ſich auf Gegenſtaͤnde ohne alle Be- dingungen der Sinnlichkeit allgemein beziehen, und die, da ſie nicht auf Erfahrung gegruͤndet ſind, auch in der Anſchauung a priori kein Obiect vorzeigen koͤnnen, wor- auf ſie vor aller Erfahrung ihre Syntheſis gruͤndeten, und daher nicht allein wegen der obiectiven Guͤltigkeit und Schranken ihres Gebrauchs Verdacht erregen, ſondern auch ienen Begriff des Raumes zweydeutig machen, da- durch, daß ſie ihn uͤber die Bedingungen der ſinnlichen Anſchauung zu gebrauchen geneigt ſind, weshalb auch oben von ihm eine transſcendent. Deduction von noͤthen war. So muß denn der Leſer von der unumgaͤnglichen Nothwen- digkeit einer ſolchen transſc. Deduction, ehe er einen einzigen Schritt im Felde der reinen Vernunft gethan hat, uͤberzeugt werden; weil er ſonſt blind verfaͤhrt, und, nachdem er mannigfaltig umher geirrt hat, doch wieder zu der Un- wiſſenheit zuruͤck kehren muß, von der er ausgegangen war. Er muß aber auch die unvermeidliche Schwierigkeit zum voraus deutlich einſehen, damit er nicht uͤber Dunkelheit klage, wo die Sache ſelbſt tief eingehuͤllt iſt, oder uͤber der Wegraͤumung der Hinderniſſe zu fruͤh verdroſſen wer-
den,
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Elementarl. II. Th. I. Abth. I. Buch. II. Haupſt.
nach) in der Anſchauung, gegeben werden. Dagegen
faͤngt mit den reinen Verſtandesbegriffen die unumgaͤng-
liche Beduͤrfniß an, nicht allein von ihnen ſelbſt, ſondern
auch vom Raum die transſcendentale Deduction zu ſuchen,
weil, da ſie von Gegenſtaͤnden nicht durch Praͤdicate der
Anſchauung und der Sinnlichkeit, ſondern des reinen Den-
kens a priori redet, ſie ſich auf Gegenſtaͤnde ohne alle Be-
dingungen der Sinnlichkeit allgemein beziehen, und die,
da ſie nicht auf Erfahrung gegruͤndet ſind, auch in der
Anſchauung a priori kein Obiect vorzeigen koͤnnen, wor-
auf ſie vor aller Erfahrung ihre Syntheſis gruͤndeten, und
daher nicht allein wegen der obiectiven Guͤltigkeit und
Schranken ihres Gebrauchs Verdacht erregen, ſondern
auch ienen Begriff des Raumes zweydeutig machen, da-
durch, daß ſie ihn uͤber die Bedingungen der ſinnlichen
Anſchauung zu gebrauchen geneigt ſind, weshalb auch oben
von ihm eine transſcendent. Deduction von noͤthen war.
So muß denn der Leſer von der unumgaͤnglichen Nothwen-
digkeit einer ſolchen transſc. Deduction, ehe er einen einzigen
Schritt im Felde der reinen Vernunft gethan hat, uͤberzeugt
werden; weil er ſonſt blind verfaͤhrt, und, nachdem er
mannigfaltig umher geirrt hat, doch wieder zu der Un-
wiſſenheit zuruͤck kehren muß, von der er ausgegangen war.
Er muß aber auch die unvermeidliche Schwierigkeit zum
voraus deutlich einſehen, damit er nicht uͤber Dunkelheit
klage, wo die Sache ſelbſt tief eingehuͤllt iſt, oder uͤber
der Wegraͤumung der Hinderniſſe zu fruͤh verdroſſen wer-
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/118>, abgerufen am 21.11.2024.
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