der Vorstellung verknüpfen: aber unerachtet dieser Unter- schiede, muß doch immer ein Bewustseyn angetroffen wer- den, wenn ihm gleich die hervorstechende Klarheit man- gelt, un ohne dasselbe sind Begriffe, und mit ihnen Erkentniß von Gegenständen ganz unmöglich.
Und hier ist es denn nothwendig, sich darüber ver- ständlich zu machen, was man denn unter dem Ausdruck eines Gegenstandes der Vorstellungen meine. Wir haben oben gesagt: daß Erscheinungen selbst nichts als sinnliche Vorstellungen sind, die an sich, in eben derselben Art, nicht als Gegenstände (ausser der Vorstellungskraft) müssen an- gesehen werden. Was versteht man denn, wenn man von einem der Erkenntniß correspondirenden, mithin auch davon unterschiedenen Gegenstande redet? Es ist leicht einzusehen, daß dieser Gegenstand nur als etwas überhaupt = X müsse gedacht werden, weil wir ausser unserer Er- kentniß doch nichts haben, welches wir dieser Erkentniß als correspondirend gegen über setzen könten.
Wir finden aber, daß unser Gedanke von der Be- ziehung aller Erkentniß auf ihren Gegenstand etwas von Nothwendigkeit bey sich führe, da nemlich dieser als dasie- nige angesehen wird, was dawider ist, daß unsere Er- kentnisse nicht aufs Gerathewohl, oder beliebig, sondern a priori auf gewisse Weise bestimt seyn, weil, indem sie sich auf einen Gegenstand beziehen sollen, sie auch nothwen- diger Weise in Beziehung auf diesen unter einander über-
ein-
Elementarl. II. Th. I. Abth. I. Buch. II Hauptſt.
der Vorſtellung verknuͤpfen: aber unerachtet dieſer Unter- ſchiede, muß doch immer ein Bewuſtſeyn angetroffen wer- den, wenn ihm gleich die hervorſtechende Klarheit man- gelt, un ohne daſſelbe ſind Begriffe, und mit ihnen Erkentniß von Gegenſtaͤnden ganz unmoͤglich.
Und hier iſt es denn nothwendig, ſich daruͤber ver- ſtaͤndlich zu machen, was man denn unter dem Ausdruck eines Gegenſtandes der Vorſtellungen meine. Wir haben oben geſagt: daß Erſcheinungen ſelbſt nichts als ſinnliche Vorſtellungen ſind, die an ſich, in eben derſelben Art, nicht als Gegenſtaͤnde (auſſer der Vorſtellungskraft) muͤſſen an- geſehen werden. Was verſteht man denn, wenn man von einem der Erkenntniß correſpondirenden, mithin auch davon unterſchiedenen Gegenſtande redet? Es iſt leicht einzuſehen, daß dieſer Gegenſtand nur als etwas uͤberhaupt = X muͤſſe gedacht werden, weil wir auſſer unſerer Er- kentniß doch nichts haben, welches wir dieſer Erkentniß als correſpondirend gegen uͤber ſetzen koͤnten.
Wir finden aber, daß unſer Gedanke von der Be- ziehung aller Erkentniß auf ihren Gegenſtand etwas von Nothwendigkeit bey ſich fuͤhre, da nemlich dieſer als dasie- nige angeſehen wird, was dawider iſt, daß unſere Er- kentniſſe nicht aufs Gerathewohl, oder beliebig, ſondern a priori auf gewiſſe Weiſe beſtimt ſeyn, weil, indem ſie ſich auf einen Gegenſtand beziehen ſollen, ſie auch nothwen- diger Weiſe in Beziehung auf dieſen unter einander uͤber-
ein-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><divn="6"><divn="7"><p><pbfacs="#f0134"n="104"/><fwplace="top"type="header">Elementarl. <hirendition="#aq">II.</hi> Th. <hirendition="#aq">I.</hi> Abth. <hirendition="#aq">I.</hi> Buch. <hirendition="#aq">II</hi> Hauptſt.</fw><lb/>
der Vorſtellung verknuͤpfen: aber unerachtet dieſer Unter-<lb/>ſchiede, muß doch immer ein Bewuſtſeyn angetroffen wer-<lb/>
den, wenn ihm gleich die hervorſtechende Klarheit man-<lb/>
gelt, un ohne daſſelbe ſind Begriffe, und mit ihnen<lb/>
Erkentniß von Gegenſtaͤnden ganz unmoͤglich.</p><lb/><p>Und hier iſt es denn nothwendig, ſich daruͤber ver-<lb/>ſtaͤndlich zu machen, was man denn unter dem Ausdruck<lb/>
eines Gegenſtandes der Vorſtellungen meine. Wir haben<lb/>
oben geſagt: daß Erſcheinungen ſelbſt nichts als ſinnliche<lb/>
Vorſtellungen ſind, die an ſich, in eben derſelben Art, nicht<lb/>
als Gegenſtaͤnde (auſſer der Vorſtellungskraft) muͤſſen an-<lb/>
geſehen werden. Was verſteht man denn, wenn man<lb/>
von einem der Erkenntniß correſpondirenden, mithin auch<lb/>
davon unterſchiedenen Gegenſtande redet? Es iſt leicht<lb/>
einzuſehen, daß dieſer Gegenſtand nur als etwas uͤberhaupt<lb/>
= <hirendition="#aq">X</hi> muͤſſe gedacht werden, weil wir auſſer unſerer Er-<lb/>
kentniß doch nichts haben, welches wir dieſer Erkentniß als<lb/>
correſpondirend gegen uͤber ſetzen koͤnten.</p><lb/><p>Wir finden aber, daß unſer Gedanke von der Be-<lb/>
ziehung aller Erkentniß auf ihren Gegenſtand etwas von<lb/>
Nothwendigkeit bey ſich fuͤhre, da nemlich dieſer als dasie-<lb/>
nige angeſehen wird, was dawider iſt, daß unſere Er-<lb/>
kentniſſe nicht aufs Gerathewohl, oder beliebig, ſondern<lb/><hirendition="#aq">a priori</hi> auf gewiſſe Weiſe beſtimt ſeyn, weil, indem ſie<lb/>ſich auf einen Gegenſtand beziehen ſollen, ſie auch nothwen-<lb/>
diger Weiſe in Beziehung auf dieſen unter einander uͤber-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ein-</fw><lb/></p></div></div></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[104/0134]
Elementarl. II. Th. I. Abth. I. Buch. II Hauptſt.
der Vorſtellung verknuͤpfen: aber unerachtet dieſer Unter-
ſchiede, muß doch immer ein Bewuſtſeyn angetroffen wer-
den, wenn ihm gleich die hervorſtechende Klarheit man-
gelt, un ohne daſſelbe ſind Begriffe, und mit ihnen
Erkentniß von Gegenſtaͤnden ganz unmoͤglich.
Und hier iſt es denn nothwendig, ſich daruͤber ver-
ſtaͤndlich zu machen, was man denn unter dem Ausdruck
eines Gegenſtandes der Vorſtellungen meine. Wir haben
oben geſagt: daß Erſcheinungen ſelbſt nichts als ſinnliche
Vorſtellungen ſind, die an ſich, in eben derſelben Art, nicht
als Gegenſtaͤnde (auſſer der Vorſtellungskraft) muͤſſen an-
geſehen werden. Was verſteht man denn, wenn man
von einem der Erkenntniß correſpondirenden, mithin auch
davon unterſchiedenen Gegenſtande redet? Es iſt leicht
einzuſehen, daß dieſer Gegenſtand nur als etwas uͤberhaupt
= X muͤſſe gedacht werden, weil wir auſſer unſerer Er-
kentniß doch nichts haben, welches wir dieſer Erkentniß als
correſpondirend gegen uͤber ſetzen koͤnten.
Wir finden aber, daß unſer Gedanke von der Be-
ziehung aller Erkentniß auf ihren Gegenſtand etwas von
Nothwendigkeit bey ſich fuͤhre, da nemlich dieſer als dasie-
nige angeſehen wird, was dawider iſt, daß unſere Er-
kentniſſe nicht aufs Gerathewohl, oder beliebig, ſondern
a priori auf gewiſſe Weiſe beſtimt ſeyn, weil, indem ſie
ſich auf einen Gegenſtand beziehen ſollen, ſie auch nothwen-
diger Weiſe in Beziehung auf dieſen unter einander uͤber-
ein-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/134>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.