braucht, so kan man völlig a priori die ganze Kette der Bedingungen fassen, und die Ableitung des Bedingten be- greifen, indem man vom Unbedingten anfängt, welches die Antithesis nicht leistet, die dadurch sich sehr übel em- pfielt, daß sie auf die Frage, wegen der Bedingungen ih- rer Synthesis, keine Antwort geben kan, die nicht ohne Ende immer weiter zu fragen übrig liesse. Nach ihr muß man von einem gegebenen Anfänge zu einem noch höheren aufsteigen, ieder Theil führt auf einen noch kleineren Theil, iede Begebenheit hat immer noch eine andere Begebenheit als Ursache über sich, und die Bedingungen des Daseyns überhaupt stützen sich immer wiederum auf andere, ohne iemals in einem selbstständigen Dinge als Urwesen unbe- dingte Haltung und Stütze zu bekommen.
Drittens hat diese Seite auch den Vorzug der Popularität, der gewiß nicht den kleinesten Theil seiner Empfehlung ausmacht. Der gemeine Verstand findet in den Ideen des unbedingten Anfangs aller Synthesis nicht die mindeste Schwierigkeit, da er ohnedem mehr gewohnt ist, zu den Folgen abwerts zu gehen, als zu den Gründen hinaufzusteigen, und hat in den Begriffen des absolut Er- sten (über dessen Möglichkeit er nicht grübelt) eine Ge- mächlichkeit und zugleich einen festen Punct, um die Leit- schnur seiner Schritte daran zu knüpfen, da er hingegen an dem rastlosen Aufsteigen vom Bedingten zur Bedingung, iederzeit mit einem Fuße in der Luft, gar keinen Wolge- fallen finden kan.
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III. Abſch. Von dem Intereſſe der Vernunft ꝛc.
braucht, ſo kan man voͤllig a priori die ganze Kette der Bedingungen faſſen, und die Ableitung des Bedingten be- greifen, indem man vom Unbedingten anfaͤngt, welches die Antitheſis nicht leiſtet, die dadurch ſich ſehr uͤbel em- pfielt, daß ſie auf die Frage, wegen der Bedingungen ih- rer Syntheſis, keine Antwort geben kan, die nicht ohne Ende immer weiter zu fragen uͤbrig lieſſe. Nach ihr muß man von einem gegebenen Anfaͤnge zu einem noch hoͤheren aufſteigen, ieder Theil fuͤhrt auf einen noch kleineren Theil, iede Begebenheit hat immer noch eine andere Begebenheit als Urſache uͤber ſich, und die Bedingungen des Daſeyns uͤberhaupt ſtuͤtzen ſich immer wiederum auf andere, ohne iemals in einem ſelbſtſtaͤndigen Dinge als Urweſen unbe- dingte Haltung und Stuͤtze zu bekommen.
Drittens hat dieſe Seite auch den Vorzug der Popularitaͤt, der gewiß nicht den kleineſten Theil ſeiner Empfehlung ausmacht. Der gemeine Verſtand findet in den Ideen des unbedingten Anfangs aller Syntheſis nicht die mindeſte Schwierigkeit, da er ohnedem mehr gewohnt iſt, zu den Folgen abwerts zu gehen, als zu den Gruͤnden hinaufzuſteigen, und hat in den Begriffen des abſolut Er- ſten (uͤber deſſen Moͤglichkeit er nicht gruͤbelt) eine Ge- maͤchlichkeit und zugleich einen feſten Punct, um die Leit- ſchnur ſeiner Schritte daran zu knuͤpfen, da er hingegen an dem raſtloſen Aufſteigen vom Bedingten zur Bedingung, iederzeit mit einem Fuße in der Luft, gar keinen Wolge- fallen finden kan.
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III. Abſch. Von dem Intereſſe der Vernunft ꝛc.
braucht, ſo kan man voͤllig a priori die ganze Kette der
Bedingungen faſſen, und die Ableitung des Bedingten be-
greifen, indem man vom Unbedingten anfaͤngt, welches
die Antitheſis nicht leiſtet, die dadurch ſich ſehr uͤbel em-
pfielt, daß ſie auf die Frage, wegen der Bedingungen ih-
rer Syntheſis, keine Antwort geben kan, die nicht ohne
Ende immer weiter zu fragen uͤbrig lieſſe. Nach ihr muß
man von einem gegebenen Anfaͤnge zu einem noch hoͤheren
aufſteigen, ieder Theil fuͤhrt auf einen noch kleineren Theil,
iede Begebenheit hat immer noch eine andere Begebenheit
als Urſache uͤber ſich, und die Bedingungen des Daſeyns
uͤberhaupt ſtuͤtzen ſich immer wiederum auf andere, ohne
iemals in einem ſelbſtſtaͤndigen Dinge als Urweſen unbe-
dingte Haltung und Stuͤtze zu bekommen.
Drittens hat dieſe Seite auch den Vorzug der
Popularitaͤt, der gewiß nicht den kleineſten Theil ſeiner
Empfehlung ausmacht. Der gemeine Verſtand findet in
den Ideen des unbedingten Anfangs aller Syntheſis nicht
die mindeſte Schwierigkeit, da er ohnedem mehr gewohnt
iſt, zu den Folgen abwerts zu gehen, als zu den Gruͤnden
hinaufzuſteigen, und hat in den Begriffen des abſolut Er-
ſten (uͤber deſſen Moͤglichkeit er nicht gruͤbelt) eine Ge-
maͤchlichkeit und zugleich einen feſten Punct, um die Leit-
ſchnur ſeiner Schritte daran zu knuͤpfen, da er hingegen
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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/497>, abgerufen am 22.11.2024.
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