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Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781.

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Vom Ideal des höchsten Guts.
men, welches wir allen Naturursachen vorsetzen und von dem
wir zugleich diese in allen Stücken abhängend zu machen, hin-
reichende Ursache hätten. Dagegen, wenn wir aus dem
Gesichtspuncte der sittlichen Einheit, als einem nothwen-
digen Weltgesetze, die Ursache erwägen, die diesem allein
den angemessenen Effect, mithin auch vor uns verbindende
Kraft geben kan, so muß es ein einiger oberster Wille seyn,
der alle diese Gesetze in sich befaßt. Denn, wie wolten wir
unter verschiedenen Willen vollkommene Einheit der Zwecke
finden? Dieser Wille muß allgewaltig seyn, damit die gan-
ze Natur und deren Beziehung auf Sittlichkeit in der Welt
ihm unterworfen sey, allwissend, damit er das Innerste
der Gesinnungen und deren moralischen Werth erkenne,
allgegenwärtig, damit er unmittelbar allem Bedürfnisse,
welche das höchste Weltbeste erfodert, nahe sey, ewig,
damit in keiner Zeit diese Uebereinstimmung der Natur und
Freiheit ermangele, u. s. w.

Aber diese systematische Einheit der Zwecke in die-
ser Welt der Intelligenzen, welche, obzwar, als blosse
Natur, nur Sinnenwelt, als ein System der Freiheit
aber, intelligibele, d. i. moralische Welt (regnum gra-
tiae)
genant werden kan, führet unausbleiblich auch auf
die zweckmässige Einheit aller Dinge, die dieses grosse
Ganze ausmachen, nach allgemeinen Naturgesetzen, so
wie die erstere nach allgemeinen und nothwendigen Sitten-
gesetzen und vereinigt die practische Vernunft mit der spe-
culativen. Die Welt muß als aus einer Idee entsprungen

vor-

Vom Ideal des hoͤchſten Guts.
men, welches wir allen Natururſachen vorſetzen und von dem
wir zugleich dieſe in allen Stuͤcken abhaͤngend zu machen, hin-
reichende Urſache haͤtten. Dagegen, wenn wir aus dem
Geſichtspuncte der ſittlichen Einheit, als einem nothwen-
digen Weltgeſetze, die Urſache erwaͤgen, die dieſem allein
den angemeſſenen Effect, mithin auch vor uns verbindende
Kraft geben kan, ſo muß es ein einiger oberſter Wille ſeyn,
der alle dieſe Geſetze in ſich befaßt. Denn, wie wolten wir
unter verſchiedenen Willen vollkommene Einheit der Zwecke
finden? Dieſer Wille muß allgewaltig ſeyn, damit die gan-
ze Natur und deren Beziehung auf Sittlichkeit in der Welt
ihm unterworfen ſey, allwiſſend, damit er das Innerſte
der Geſinnungen und deren moraliſchen Werth erkenne,
allgegenwaͤrtig, damit er unmittelbar allem Beduͤrfniſſe,
welche das hoͤchſte Weltbeſte erfodert, nahe ſey, ewig,
damit in keiner Zeit dieſe Uebereinſtimmung der Natur und
Freiheit ermangele, u. ſ. w.

Aber dieſe ſyſtematiſche Einheit der Zwecke in die-
ſer Welt der Intelligenzen, welche, obzwar, als bloſſe
Natur, nur Sinnenwelt, als ein Syſtem der Freiheit
aber, intelligibele, d. i. moraliſche Welt (regnum gra-
tiae)
genant werden kan, fuͤhret unausbleiblich auch auf
die zweckmaͤſſige Einheit aller Dinge, die dieſes groſſe
Ganze ausmachen, nach allgemeinen Naturgeſetzen, ſo
wie die erſtere nach allgemeinen und nothwendigen Sitten-
geſetzen und vereinigt die practiſche Vernunft mit der ſpe-
culativen. Die Welt muß als aus einer Idee entſprungen

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[815/0845] Vom Ideal des hoͤchſten Guts. men, welches wir allen Natururſachen vorſetzen und von dem wir zugleich dieſe in allen Stuͤcken abhaͤngend zu machen, hin- reichende Urſache haͤtten. Dagegen, wenn wir aus dem Geſichtspuncte der ſittlichen Einheit, als einem nothwen- digen Weltgeſetze, die Urſache erwaͤgen, die dieſem allein den angemeſſenen Effect, mithin auch vor uns verbindende Kraft geben kan, ſo muß es ein einiger oberſter Wille ſeyn, der alle dieſe Geſetze in ſich befaßt. Denn, wie wolten wir unter verſchiedenen Willen vollkommene Einheit der Zwecke finden? Dieſer Wille muß allgewaltig ſeyn, damit die gan- ze Natur und deren Beziehung auf Sittlichkeit in der Welt ihm unterworfen ſey, allwiſſend, damit er das Innerſte der Geſinnungen und deren moraliſchen Werth erkenne, allgegenwaͤrtig, damit er unmittelbar allem Beduͤrfniſſe, welche das hoͤchſte Weltbeſte erfodert, nahe ſey, ewig, damit in keiner Zeit dieſe Uebereinſtimmung der Natur und Freiheit ermangele, u. ſ. w. Aber dieſe ſyſtematiſche Einheit der Zwecke in die- ſer Welt der Intelligenzen, welche, obzwar, als bloſſe Natur, nur Sinnenwelt, als ein Syſtem der Freiheit aber, intelligibele, d. i. moraliſche Welt (regnum gra- tiae) genant werden kan, fuͤhret unausbleiblich auch auf die zweckmaͤſſige Einheit aller Dinge, die dieſes groſſe Ganze ausmachen, nach allgemeinen Naturgeſetzen, ſo wie die erſtere nach allgemeinen und nothwendigen Sitten- geſetzen und vereinigt die practiſche Vernunft mit der ſpe- culativen. Die Welt muß als aus einer Idee entſprungen vor-

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Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der reinen Vernunft. Riga, 1781, S. 815. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_rvernunft_1781/845>, abgerufen am 22.11.2024.