Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.I. Th. Critik der ästhetischen Urtheilskraft. durch einen Begrif vom Object veranlaßt werden muß,in der schönen Natur aber die bloße Reflexion über eine gegebene Anschauung, ohne Begrif von dem was der Gegenstand seyn soll, zur Erweckung und Mittheilung der Jdee, von der jenes Object als der Ausdruck betrachtet wird, hinreichend ist. Wenn wir also die schöne Künste eintheilen wollen: Es giebt also nur dreyerley Arten schöner Künste, *) Der Leser wird diesen Entwurf zu einer möglichen Einthei-
theilung der schönen Künste nicht als beabsichtigte Theorie beurtheilen. Es ist nur einer von den mancherley Versu- chen die man noch anstellen kann und soll. I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft. durch einen Begrif vom Object veranlaßt werden muß,in der ſchoͤnen Natur aber die bloße Reflexion uͤber eine gegebene Anſchauung, ohne Begrif von dem was der Gegenſtand ſeyn ſoll, zur Erweckung und Mittheilung der Jdee, von der jenes Object als der Ausdruck betrachtet wird, hinreichend iſt. Wenn wir alſo die ſchoͤne Kuͤnſte eintheilen wollen: Es giebt alſo nur dreyerley Arten ſchoͤner Kuͤnſte, *) Der Leſer wird dieſen Entwurf zu einer moͤglichen Einthei-
theilung der ſchoͤnen Kuͤnſte nicht als beabſichtigte Theorie beurtheilen. Es iſt nur einer von den mancherley Verſu- chen die man noch anſtellen kann und ſoll. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0266" n="202"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">I.</hi> Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.</fw><lb/> durch einen Begrif vom Object veranlaßt werden muß,<lb/> in der ſchoͤnen Natur aber die bloße Reflexion uͤber eine<lb/> gegebene Anſchauung, ohne Begrif von dem was der<lb/> Gegenſtand ſeyn ſoll, zur Erweckung und Mittheilung<lb/> der Jdee, von der jenes Object als der <hi rendition="#fr">Ausdruck</hi><lb/> betrachtet wird, hinreichend iſt.</p><lb/> <p>Wenn wir alſo die ſchoͤne Kuͤnſte eintheilen wollen:<lb/> ſo koͤnnen wir, wenigſtens zum Verſuche, kein beque-<lb/> meres Princip dazu waͤhlen als die Analogie der Kunſt<lb/> mit der Art des Ausdrucks, deſſen ſich Menſchen im<lb/> Sprechen bedienen, um ſich, ſo vollkommen als moͤglich<lb/> iſt, einander, d. i. nicht blos ihren Begriffen, ſondern<lb/> auch Empfindungen nach, mitzutheilen <note place="foot" n="*)">Der Leſer wird dieſen Entwurf zu einer moͤglichen Einthei-<lb/> theilung der ſchoͤnen Kuͤnſte nicht als beabſichtigte Theorie<lb/> beurtheilen. Es iſt nur einer von den mancherley Verſu-<lb/> chen die man noch anſtellen kann und ſoll.</note>. — Dieſer be-<lb/> ſteht im <hi rendition="#fr">Worte,</hi> der <hi rendition="#fr">Gebehrdung</hi> und dem <hi rendition="#fr">Tone</hi><lb/> (Articulation, Geſticulation und Modulation). Nur<lb/> die Verbindung dieſer drey Arten des Ausdrucks macht<lb/> die vollſtaͤndige Mittheilung des Sprechenden aus.<lb/> Denn Gedanke, Anſchauung und Empfindung werden<lb/> dadurch zugleich und vereinigt auf den andern uͤbertragen.</p><lb/> <p>Es giebt alſo nur dreyerley Arten ſchoͤner Kuͤnſte,<lb/> die <hi rendition="#fr">redende,</hi> die <hi rendition="#fr">bildende</hi> Kunſt und die <hi rendition="#fr">des Spiels<lb/> der Empfindungen</hi> (als aͤußerer Sinneneindruͤcke.)<lb/> Man koͤnnte dieſe Eintheilung auch dichotomiſch einrich-<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [202/0266]
I. Th. Critik der aͤſthetiſchen Urtheilskraft.
durch einen Begrif vom Object veranlaßt werden muß,
in der ſchoͤnen Natur aber die bloße Reflexion uͤber eine
gegebene Anſchauung, ohne Begrif von dem was der
Gegenſtand ſeyn ſoll, zur Erweckung und Mittheilung
der Jdee, von der jenes Object als der Ausdruck
betrachtet wird, hinreichend iſt.
Wenn wir alſo die ſchoͤne Kuͤnſte eintheilen wollen:
ſo koͤnnen wir, wenigſtens zum Verſuche, kein beque-
meres Princip dazu waͤhlen als die Analogie der Kunſt
mit der Art des Ausdrucks, deſſen ſich Menſchen im
Sprechen bedienen, um ſich, ſo vollkommen als moͤglich
iſt, einander, d. i. nicht blos ihren Begriffen, ſondern
auch Empfindungen nach, mitzutheilen *). — Dieſer be-
ſteht im Worte, der Gebehrdung und dem Tone
(Articulation, Geſticulation und Modulation). Nur
die Verbindung dieſer drey Arten des Ausdrucks macht
die vollſtaͤndige Mittheilung des Sprechenden aus.
Denn Gedanke, Anſchauung und Empfindung werden
dadurch zugleich und vereinigt auf den andern uͤbertragen.
Es giebt alſo nur dreyerley Arten ſchoͤner Kuͤnſte,
die redende, die bildende Kunſt und die des Spiels
der Empfindungen (als aͤußerer Sinneneindruͤcke.)
Man koͤnnte dieſe Eintheilung auch dichotomiſch einrich-
*) Der Leſer wird dieſen Entwurf zu einer moͤglichen Einthei-
theilung der ſchoͤnen Kuͤnſte nicht als beabſichtigte Theorie
beurtheilen. Es iſt nur einer von den mancherley Verſu-
chen die man noch anſtellen kann und ſoll.
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