Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
II. Th. Critik der teleologischen Urtheilskraft.
§. 82.
Von dem teleologischen System in den äußern
Verhältnissen organisirter Wesen
.

Unter der äußern Zweckmäßigkeit verstehe ich die-
jenige, da ein Ding der Natur einem andern als
Mittel zum Zwecke dient. Nun können Dinge, die
keine innere Zweckmäßigkeit haben, oder zu ihrer
Möglichkeit vorausetzen, z. B. Erden, Luft, Wasser,
u. s. w. gleichwohl äußerlich, d. i. im Verhältnis
auf andere Wesen sehr zweckmäßig seyn; aber die-
se müssen jederzeit organisirte Wesen, d. i. Natur-
zwecke seyn, denn sonst könnten jene auch nicht als
Mittel beurtheilt werden. So können Wasser, Luft
und Erden nicht als Mittel zu Anhäufung von Ge-
birgen angesehen werden, weil diese an sich gar nichts
enthalten, was einen Grund ihrer Möglichkeit nach
Zwecken erforderte, worauf in Beziehung also ihre
Ursache niemals unter dem Prädicate eines Mittels
(das dazu nützte) vorgestellt werden kann.

Die äußere Zweckmäßigkeit ist ein ganz anderer
Begrif, als der der inneren, welche mit der Möglich-
keit eines Gegenstandes, unangesehen, ob seine Wirk-
lichkeit selbst Zweck sey, oder nicht, verbunden ist.
Man kann von einem organisirten Wesen noch fra-
gen: wozu ist es da? aber nicht leicht von Dingen,
an denen man blos die Wirkung vom Mechanism

A a 4
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
§. 82.
Von dem teleologiſchen Syſtem in den aͤußern
Verhaͤltniſſen organiſirter Weſen
.

Unter der aͤußern Zweckmaͤßigkeit verſtehe ich die-
jenige, da ein Ding der Natur einem andern als
Mittel zum Zwecke dient. Nun koͤnnen Dinge, die
keine innere Zweckmaͤßigkeit haben, oder zu ihrer
Moͤglichkeit vorauſetzen, z. B. Erden, Luft, Waſſer,
u. ſ. w. gleichwohl aͤußerlich, d. i. im Verhaͤltnis
auf andere Weſen ſehr zweckmaͤßig ſeyn; aber die-
ſe muͤſſen jederzeit organiſirte Weſen, d. i. Natur-
zwecke ſeyn, denn ſonſt koͤnnten jene auch nicht als
Mittel beurtheilt werden. So koͤnnen Waſſer, Luft
und Erden nicht als Mittel zu Anhaͤufung von Ge-
birgen angeſehen werden, weil dieſe an ſich gar nichts
enthalten, was einen Grund ihrer Moͤglichkeit nach
Zwecken erforderte, worauf in Beziehung alſo ihre
Urſache niemals unter dem Praͤdicate eines Mittels
(das dazu nuͤtzte) vorgeſtellt werden kann.

Die aͤußere Zweckmaͤßigkeit iſt ein ganz anderer
Begrif, als der der inneren, welche mit der Moͤglich-
keit eines Gegenſtandes, unangeſehen, ob ſeine Wirk-
lichkeit ſelbſt Zweck ſey, oder nicht, verbunden iſt.
Man kann von einem organiſirten Weſen noch fra-
gen: wozu iſt es da? aber nicht leicht von Dingen,
an denen man blos die Wirkung vom Mechanism

A a 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0439" n="375"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. Critik der teleologi&#x017F;chen Urtheilskraft.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#b">§. 82.<lb/>
Von dem teleologi&#x017F;chen Sy&#x017F;tem in den a&#x0364;ußern<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en organi&#x017F;irter We&#x017F;en</hi>.</head><lb/>
              <p>Unter der a&#x0364;ußern Zweckma&#x0364;ßigkeit ver&#x017F;tehe ich die-<lb/>
jenige, da ein Ding der Natur einem andern als<lb/>
Mittel zum Zwecke dient. Nun ko&#x0364;nnen Dinge, die<lb/>
keine innere Zweckma&#x0364;ßigkeit haben, oder zu ihrer<lb/>
Mo&#x0364;glichkeit vorau&#x017F;etzen, z. B. Erden, Luft, Wa&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
u. &#x017F;. w. gleichwohl a&#x0364;ußerlich, d. i. im Verha&#x0364;ltnis<lb/>
auf andere We&#x017F;en &#x017F;ehr zweckma&#x0364;ßig &#x017F;eyn; aber die-<lb/>
&#x017F;e mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en jederzeit organi&#x017F;irte We&#x017F;en, d. i. Natur-<lb/>
zwecke &#x017F;eyn, denn &#x017F;on&#x017F;t ko&#x0364;nnten jene auch nicht als<lb/>
Mittel beurtheilt werden. So ko&#x0364;nnen Wa&#x017F;&#x017F;er, Luft<lb/>
und Erden nicht als Mittel zu Anha&#x0364;ufung von Ge-<lb/>
birgen ange&#x017F;ehen werden, weil die&#x017F;e an &#x017F;ich gar nichts<lb/>
enthalten, was einen Grund ihrer Mo&#x0364;glichkeit nach<lb/>
Zwecken erforderte, worauf in Beziehung al&#x017F;o ihre<lb/>
Ur&#x017F;ache niemals unter dem Pra&#x0364;dicate eines Mittels<lb/>
(das dazu nu&#x0364;tzte) vorge&#x017F;tellt werden kann.</p><lb/>
              <p>Die a&#x0364;ußere Zweckma&#x0364;ßigkeit i&#x017F;t ein ganz anderer<lb/>
Begrif, als der der inneren, welche mit der Mo&#x0364;glich-<lb/>
keit eines Gegen&#x017F;tandes, unange&#x017F;ehen, ob &#x017F;eine Wirk-<lb/>
lichkeit &#x017F;elb&#x017F;t Zweck &#x017F;ey, oder nicht, verbunden i&#x017F;t.<lb/>
Man kann von einem organi&#x017F;irten We&#x017F;en noch fra-<lb/>
gen: wozu i&#x017F;t es da? aber nicht leicht von Dingen,<lb/>
an denen man blos die Wirkung vom Mechanism<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">A a 4</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[375/0439] II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft. §. 82. Von dem teleologiſchen Syſtem in den aͤußern Verhaͤltniſſen organiſirter Weſen. Unter der aͤußern Zweckmaͤßigkeit verſtehe ich die- jenige, da ein Ding der Natur einem andern als Mittel zum Zwecke dient. Nun koͤnnen Dinge, die keine innere Zweckmaͤßigkeit haben, oder zu ihrer Moͤglichkeit vorauſetzen, z. B. Erden, Luft, Waſſer, u. ſ. w. gleichwohl aͤußerlich, d. i. im Verhaͤltnis auf andere Weſen ſehr zweckmaͤßig ſeyn; aber die- ſe muͤſſen jederzeit organiſirte Weſen, d. i. Natur- zwecke ſeyn, denn ſonſt koͤnnten jene auch nicht als Mittel beurtheilt werden. So koͤnnen Waſſer, Luft und Erden nicht als Mittel zu Anhaͤufung von Ge- birgen angeſehen werden, weil dieſe an ſich gar nichts enthalten, was einen Grund ihrer Moͤglichkeit nach Zwecken erforderte, worauf in Beziehung alſo ihre Urſache niemals unter dem Praͤdicate eines Mittels (das dazu nuͤtzte) vorgeſtellt werden kann. Die aͤußere Zweckmaͤßigkeit iſt ein ganz anderer Begrif, als der der inneren, welche mit der Moͤglich- keit eines Gegenſtandes, unangeſehen, ob ſeine Wirk- lichkeit ſelbſt Zweck ſey, oder nicht, verbunden iſt. Man kann von einem organiſirten Weſen noch fra- gen: wozu iſt es da? aber nicht leicht von Dingen, an denen man blos die Wirkung vom Mechanism A a 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/439
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/439>, abgerufen am 05.12.2024.