Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Th. Critik der teleologischen Urtheilskraft.
seinem Jnnern betrachtet, und, wenn die Schöpfung
nicht überall ohne Endzweck seyn soll, so muß er, der,
als Mensch, auch dazu gehört, doch, als böser Mensch,
in einer Welt unter moralischen Gesetzen, diesen gemäs,
seines subjectiven Zwecks (der Glückseeligkeit) verlustig
gehen, als der einzigen Bedingung, unter der seine
Existenz mit dem Endzwecke zusammen bestehen kann.

Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen an-
treffen, und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert,
die Zwecke, die es nur bedingt sind, einem unbedingten
obersten, d. i. einem Endzwecke, unterordnen: so sieht
man erstlich leicht, daß alsdenn nicht von einem Zwecke
der Natur, (innerhalb derselben) sofern sie existirt, son-
dern von dem Zwecke ihrer Existenz mit allen ihren Ein-
richtungen, mithin dem letzten Zwecke der Schö-
pfung
die Rede sey, und in diesem auch eigentlich von
der obersten Bedingung, unter der allein ein Endzweck
(d. i. der Bestimmungsgrund eines höchsten Verstan-
des zu Hervorbringung der Weltwesen) statt finden kann.

Da wir nun den Menschen, nur als moralisches
Wesen, für den Zweck der Schöpfung anerkennen: so
haben wir erstlich einen Grund, wenigstens die Haupt-
bedingung, die Welt als ein nach Zwecken zusammen-
hangendes Ganzes und als System von Endursachen
anzusehen, vornehmlich aber für die, nach der Beschaf-
fenheit unserer Vernunft, uns nothwendige Beziehung
der Naturzwecke auf eine verständige Weltursache

II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ſeinem Jnnern betrachtet, und, wenn die Schoͤpfung
nicht uͤberall ohne Endzweck ſeyn ſoll, ſo muß er, der,
als Menſch, auch dazu gehoͤrt, doch, als boͤſer Menſch,
in einer Welt unter moraliſchen Geſetzen, dieſen gemaͤs,
ſeines ſubjectiven Zwecks (der Gluͤckſeeligkeit) verluſtig
gehen, als der einzigen Bedingung, unter der ſeine
Exiſtenz mit dem Endzwecke zuſammen beſtehen kann.

Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen an-
treffen, und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert,
die Zwecke, die es nur bedingt ſind, einem unbedingten
oberſten, d. i. einem Endzwecke, unterordnen: ſo ſieht
man erſtlich leicht, daß alsdenn nicht von einem Zwecke
der Natur, (innerhalb derſelben) ſofern ſie exiſtirt, ſon-
dern von dem Zwecke ihrer Exiſtenz mit allen ihren Ein-
richtungen, mithin dem letzten Zwecke der Schoͤ-
pfung
die Rede ſey, und in dieſem auch eigentlich von
der oberſten Bedingung, unter der allein ein Endzweck
(d. i. der Beſtimmungsgrund eines hoͤchſten Verſtan-
des zu Hervorbringung der Weltweſen) ſtatt finden kann.

Da wir nun den Menſchen, nur als moraliſches
Weſen, fuͤr den Zweck der Schoͤpfung anerkennen: ſo
haben wir erſtlich einen Grund, wenigſtens die Haupt-
bedingung, die Welt als ein nach Zwecken zuſammen-
hangendes Ganzes und als Syſtem von Endurſachen
anzuſehen, vornehmlich aber fuͤr die, nach der Beſchaf-
fenheit unſerer Vernunft, uns nothwendige Beziehung
der Naturzwecke auf eine verſtaͤndige Welturſache

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0472" n="408"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. Critik der teleologi&#x017F;chen Urtheilskraft.</fw><lb/>
&#x017F;einem Jnnern betrachtet, und, wenn die Scho&#x0364;pfung<lb/>
nicht u&#x0364;berall ohne Endzweck &#x017F;eyn &#x017F;oll, &#x017F;o muß er, der,<lb/>
als Men&#x017F;ch, auch dazu geho&#x0364;rt, doch, als bo&#x0364;&#x017F;er Men&#x017F;ch,<lb/>
in einer Welt unter morali&#x017F;chen Ge&#x017F;etzen, die&#x017F;en gema&#x0364;s,<lb/>
&#x017F;eines &#x017F;ubjectiven Zwecks (der Glu&#x0364;ck&#x017F;eeligkeit) verlu&#x017F;tig<lb/>
gehen, als der einzigen Bedingung, unter der &#x017F;eine<lb/>
Exi&#x017F;tenz mit dem Endzwecke zu&#x017F;ammen be&#x017F;tehen kann.</p><lb/>
              <p>Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen an-<lb/>
treffen, und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert,<lb/>
die Zwecke, die es nur bedingt &#x017F;ind, einem unbedingten<lb/>
ober&#x017F;ten, d. i. einem Endzwecke, unterordnen: &#x017F;o &#x017F;ieht<lb/>
man er&#x017F;tlich leicht, daß alsdenn nicht von einem Zwecke<lb/>
der Natur, (innerhalb der&#x017F;elben) &#x017F;ofern &#x017F;ie exi&#x017F;tirt, &#x017F;on-<lb/>
dern von dem Zwecke ihrer Exi&#x017F;tenz mit allen ihren Ein-<lb/>
richtungen, mithin dem letzten <hi rendition="#fr">Zwecke der Scho&#x0364;-<lb/>
pfung</hi> die Rede &#x017F;ey, und in die&#x017F;em auch eigentlich von<lb/>
der ober&#x017F;ten Bedingung, unter der allein ein Endzweck<lb/>
(d. i. der Be&#x017F;timmungsgrund eines ho&#x0364;ch&#x017F;ten Ver&#x017F;tan-<lb/>
des zu Hervorbringung der Weltwe&#x017F;en) &#x017F;tatt finden kann.</p><lb/>
              <p>Da wir nun den Men&#x017F;chen, nur als morali&#x017F;ches<lb/>
We&#x017F;en, fu&#x0364;r den Zweck der Scho&#x0364;pfung anerkennen: &#x017F;o<lb/>
haben wir er&#x017F;tlich einen Grund, wenig&#x017F;tens die Haupt-<lb/>
bedingung, die Welt als ein nach Zwecken zu&#x017F;ammen-<lb/>
hangendes Ganzes und als <hi rendition="#fr">Sy&#x017F;tem</hi> von Endur&#x017F;achen<lb/>
anzu&#x017F;ehen, vornehmlich aber fu&#x0364;r die, nach der Be&#x017F;chaf-<lb/>
fenheit un&#x017F;erer Vernunft, uns nothwendige Beziehung<lb/>
der Naturzwecke auf eine ver&#x017F;ta&#x0364;ndige Weltur&#x017F;ache<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[408/0472] II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft. ſeinem Jnnern betrachtet, und, wenn die Schoͤpfung nicht uͤberall ohne Endzweck ſeyn ſoll, ſo muß er, der, als Menſch, auch dazu gehoͤrt, doch, als boͤſer Menſch, in einer Welt unter moraliſchen Geſetzen, dieſen gemaͤs, ſeines ſubjectiven Zwecks (der Gluͤckſeeligkeit) verluſtig gehen, als der einzigen Bedingung, unter der ſeine Exiſtenz mit dem Endzwecke zuſammen beſtehen kann. Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen an- treffen, und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert, die Zwecke, die es nur bedingt ſind, einem unbedingten oberſten, d. i. einem Endzwecke, unterordnen: ſo ſieht man erſtlich leicht, daß alsdenn nicht von einem Zwecke der Natur, (innerhalb derſelben) ſofern ſie exiſtirt, ſon- dern von dem Zwecke ihrer Exiſtenz mit allen ihren Ein- richtungen, mithin dem letzten Zwecke der Schoͤ- pfung die Rede ſey, und in dieſem auch eigentlich von der oberſten Bedingung, unter der allein ein Endzweck (d. i. der Beſtimmungsgrund eines hoͤchſten Verſtan- des zu Hervorbringung der Weltweſen) ſtatt finden kann. Da wir nun den Menſchen, nur als moraliſches Weſen, fuͤr den Zweck der Schoͤpfung anerkennen: ſo haben wir erſtlich einen Grund, wenigſtens die Haupt- bedingung, die Welt als ein nach Zwecken zuſammen- hangendes Ganzes und als Syſtem von Endurſachen anzuſehen, vornehmlich aber fuͤr die, nach der Beſchaf- fenheit unſerer Vernunft, uns nothwendige Beziehung der Naturzwecke auf eine verſtaͤndige Welturſache

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/472
Zitationshilfe: Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/472>, abgerufen am 02.06.2024.