seinem Jnnern betrachtet, und, wenn die Schöpfung nicht überall ohne Endzweck seyn soll, so muß er, der, als Mensch, auch dazu gehört, doch, als böser Mensch, in einer Welt unter moralischen Gesetzen, diesen gemäs, seines subjectiven Zwecks (der Glückseeligkeit) verlustig gehen, als der einzigen Bedingung, unter der seine Existenz mit dem Endzwecke zusammen bestehen kann.
Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen an- treffen, und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert, die Zwecke, die es nur bedingt sind, einem unbedingten obersten, d. i. einem Endzwecke, unterordnen: so sieht man erstlich leicht, daß alsdenn nicht von einem Zwecke der Natur, (innerhalb derselben) sofern sie existirt, son- dern von dem Zwecke ihrer Existenz mit allen ihren Ein- richtungen, mithin dem letzten Zwecke der Schö- pfung die Rede sey, und in diesem auch eigentlich von der obersten Bedingung, unter der allein ein Endzweck (d. i. der Bestimmungsgrund eines höchsten Verstan- des zu Hervorbringung der Weltwesen) statt finden kann.
Da wir nun den Menschen, nur als moralisches Wesen, für den Zweck der Schöpfung anerkennen: so haben wir erstlich einen Grund, wenigstens die Haupt- bedingung, die Welt als ein nach Zwecken zusammen- hangendes Ganzes und als System von Endursachen anzusehen, vornehmlich aber für die, nach der Beschaf- fenheit unserer Vernunft, uns nothwendige Beziehung der Naturzwecke auf eine verständige Weltursache
II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ſeinem Jnnern betrachtet, und, wenn die Schoͤpfung nicht uͤberall ohne Endzweck ſeyn ſoll, ſo muß er, der, als Menſch, auch dazu gehoͤrt, doch, als boͤſer Menſch, in einer Welt unter moraliſchen Geſetzen, dieſen gemaͤs, ſeines ſubjectiven Zwecks (der Gluͤckſeeligkeit) verluſtig gehen, als der einzigen Bedingung, unter der ſeine Exiſtenz mit dem Endzwecke zuſammen beſtehen kann.
Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen an- treffen, und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert, die Zwecke, die es nur bedingt ſind, einem unbedingten oberſten, d. i. einem Endzwecke, unterordnen: ſo ſieht man erſtlich leicht, daß alsdenn nicht von einem Zwecke der Natur, (innerhalb derſelben) ſofern ſie exiſtirt, ſon- dern von dem Zwecke ihrer Exiſtenz mit allen ihren Ein- richtungen, mithin dem letzten Zwecke der Schoͤ- pfung die Rede ſey, und in dieſem auch eigentlich von der oberſten Bedingung, unter der allein ein Endzweck (d. i. der Beſtimmungsgrund eines hoͤchſten Verſtan- des zu Hervorbringung der Weltweſen) ſtatt finden kann.
Da wir nun den Menſchen, nur als moraliſches Weſen, fuͤr den Zweck der Schoͤpfung anerkennen: ſo haben wir erſtlich einen Grund, wenigſtens die Haupt- bedingung, die Welt als ein nach Zwecken zuſammen- hangendes Ganzes und als Syſtem von Endurſachen anzuſehen, vornehmlich aber fuͤr die, nach der Beſchaf- fenheit unſerer Vernunft, uns nothwendige Beziehung der Naturzwecke auf eine verſtaͤndige Welturſache
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
ſeinem Jnnern betrachtet, und, wenn die Schoͤpfung
nicht uͤberall ohne Endzweck ſeyn ſoll, ſo muß er, der,
als Menſch, auch dazu gehoͤrt, doch, als boͤſer Menſch,
in einer Welt unter moraliſchen Geſetzen, dieſen gemaͤs,
ſeines ſubjectiven Zwecks (der Gluͤckſeeligkeit) verluſtig
gehen, als der einzigen Bedingung, unter der ſeine
Exiſtenz mit dem Endzwecke zuſammen beſtehen kann.
Wenn wir nun in der Welt Zweckanordnungen an-
treffen, und, wie es die Vernunft unvermeidlich fordert,
die Zwecke, die es nur bedingt ſind, einem unbedingten
oberſten, d. i. einem Endzwecke, unterordnen: ſo ſieht
man erſtlich leicht, daß alsdenn nicht von einem Zwecke
der Natur, (innerhalb derſelben) ſofern ſie exiſtirt, ſon-
dern von dem Zwecke ihrer Exiſtenz mit allen ihren Ein-
richtungen, mithin dem letzten Zwecke der Schoͤ-
pfung die Rede ſey, und in dieſem auch eigentlich von
der oberſten Bedingung, unter der allein ein Endzweck
(d. i. der Beſtimmungsgrund eines hoͤchſten Verſtan-
des zu Hervorbringung der Weltweſen) ſtatt finden kann.
Da wir nun den Menſchen, nur als moraliſches
Weſen, fuͤr den Zweck der Schoͤpfung anerkennen: ſo
haben wir erſtlich einen Grund, wenigſtens die Haupt-
bedingung, die Welt als ein nach Zwecken zuſammen-
hangendes Ganzes und als Syſtem von Endurſachen
anzuſehen, vornehmlich aber fuͤr die, nach der Beſchaf-
fenheit unſerer Vernunft, uns nothwendige Beziehung
der Naturzwecke auf eine verſtaͤndige Welturſache
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/472>, abgerufen am 05.12.2024.
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