zur Ueberredung gehört, von dem was auf Ueberzeugung führt (die beyde nicht blos dem Grade sondern selbst der Art nach unterschiedene Bestimmungen des Beyfalls sind) abzusondern, um die Gemüthsfassung in diesem Beweise in ihrer ganzen Lauterkeit offen darzustellen und diesen der strengsten Prüfung freymüthig unterwerfen zu kön- nen.
Ein Beweis aber, der auf Ueberzeugung angelegt ist kann wiederum zwiefacher Art seyn, entweder ein sol- cher, der, was der Gegenstand an sich sey, oder was er für uns (Menschen überhaupt), nach den uns noth- wendigen Vernunftprincipien seiner Beurtheilung, sey (ein Beweis kat aletheian oder kat anthzopon das letztere Wort in allgemeiner Bedeutung für Menschen überhaupt genommen) ausmachen soll. Jm ersteren Falle ist er auf hinreichende Principien für die bestimmende, im zweyten blos für die reflectirende Urtheilskraft gegründet. Jm letztern Falle kann er, auf blos theoretischen Principien beruhend, niemals auf Ueberzeugung wirken; legt er aber ein praktisches Vernunftprincip zum Grunde (wel- ches mithin allgemein und nothwendig gilt), so darf er wohl auf eine, in reiner practischer Absicht hinreichende, d. i. moralische Ueberzeugung Anspruch machen. Ein Beweis aber wirkt auf Ueberzeugung ohne noch zu überzeugen, wenn er auf dem Wege dazu geführt wird, d. i. nur objective Gründe dazu in sich enthält, die, ob sie gleich noch nicht zur Gewisheit hinreichend, dennoch
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
zur Ueberredung gehoͤrt, von dem was auf Ueberzeugung fuͤhrt (die beyde nicht blos dem Grade ſondern ſelbſt der Art nach unterſchiedene Beſtimmungen des Beyfalls ſind) abzuſondern, um die Gemuͤthsfaſſung in dieſem Beweiſe in ihrer ganzen Lauterkeit offen darzuſtellen und dieſen der ſtrengſten Pruͤfung freymuͤthig unterwerfen zu koͤn- nen.
Ein Beweis aber, der auf Ueberzeugung angelegt iſt kann wiederum zwiefacher Art ſeyn, entweder ein ſol- cher, der, was der Gegenſtand an ſich ſey, oder was er fuͤr uns (Menſchen uͤberhaupt), nach den uns noth- wendigen Vernunftprincipien ſeiner Beurtheilung, ſey (ein Beweis κατ̛ αληϑειαν oder κατ̛ ανϑζωπον das letztere Wort in allgemeiner Bedeutung fuͤr Menſchen uͤberhaupt genommen) ausmachen ſoll. Jm erſteren Falle iſt er auf hinreichende Principien fuͤr die beſtimmende, im zweyten blos fuͤr die reflectirende Urtheilskraft gegruͤndet. Jm letztern Falle kann er, auf blos theoretiſchen Principien beruhend, niemals auf Ueberzeugung wirken; legt er aber ein praktiſches Vernunftprincip zum Grunde (wel- ches mithin allgemein und nothwendig gilt), ſo darf er wohl auf eine, in reiner practiſcher Abſicht hinreichende, d. i. moraliſche Ueberzeugung Anſpruch machen. Ein Beweis aber wirkt auf Ueberzeugung ohne noch zu uͤberzeugen, wenn er auf dem Wege dazu gefuͤhrt wird, d. i. nur objective Gruͤnde dazu in ſich enthaͤlt, die, ob ſie gleich noch nicht zur Gewisheit hinreichend, dennoch
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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
zur Ueberredung gehoͤrt, von dem was auf Ueberzeugung
fuͤhrt (die beyde nicht blos dem Grade ſondern ſelbſt der
Art nach unterſchiedene Beſtimmungen des Beyfalls ſind)
abzuſondern, um die Gemuͤthsfaſſung in dieſem Beweiſe
in ihrer ganzen Lauterkeit offen darzuſtellen und dieſen
der ſtrengſten Pruͤfung freymuͤthig unterwerfen zu koͤn-
nen.
Ein Beweis aber, der auf Ueberzeugung angelegt
iſt kann wiederum zwiefacher Art ſeyn, entweder ein ſol-
cher, der, was der Gegenſtand an ſich ſey, oder was
er fuͤr uns (Menſchen uͤberhaupt), nach den uns noth-
wendigen Vernunftprincipien ſeiner Beurtheilung, ſey
(ein Beweis κατ̛ αληϑειαν oder κατ̛ ανϑζωπον das letztere
Wort in allgemeiner Bedeutung fuͤr Menſchen uͤberhaupt
genommen) ausmachen ſoll. Jm erſteren Falle iſt er auf
hinreichende Principien fuͤr die beſtimmende, im zweyten
blos fuͤr die reflectirende Urtheilskraft gegruͤndet. Jm
letztern Falle kann er, auf blos theoretiſchen Principien
beruhend, niemals auf Ueberzeugung wirken; legt er
aber ein praktiſches Vernunftprincip zum Grunde (wel-
ches mithin allgemein und nothwendig gilt), ſo darf er
wohl auf eine, in reiner practiſcher Abſicht hinreichende,
d. i. moraliſche Ueberzeugung Anſpruch machen. Ein
Beweis aber wirkt auf Ueberzeugung ohne noch zu
uͤberzeugen, wenn er auf dem Wege dazu gefuͤhrt wird,
d. i. nur objective Gruͤnde dazu in ſich enthaͤlt, die, ob
ſie gleich noch nicht zur Gewisheit hinreichend, dennoch
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Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kant_urtheilskraft_1790/505>, abgerufen am 04.12.2024.
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