Kant, Immanuel: Critik der Urtheilskraft. Berlin u. a., 1790.II. Th. Critik der teleologischen Urtheilskraft. tegorie der Caussalität in Ansehung derselben Weltbestimmung(der Bewegung der Materie), denke, so muß ich es nicht in irgend einem Orte im Raume, eben so wenig als ausgedehnt, ja ich darf es nicht einmal als in der Zeit und mit andern zu- gleich existirend denken. Also habe ich gar keine Bestimmun- gen, welche mir die Bedingung der Möglichkeit der Bewe- gung durch dieses Wesen als Grund verständlich machen könn- ten, folglich erkenne ich dasselbe durch das Prädicat der Ur- sache (als ersten Beweger) für sich nicht im mindesten, son- dern ich habe nur die Vorstellung von einem Etwas, was den Grund der Bewegungen in der Welt enthält und die Rela- tion derselben zu diesen, als deren Ursache, da sie mir sonst nichts zur Beschaffenheit des Dinges, welches Ursache ist, ge- höriges, an die Hand giebt, läßt den Begrif von dieser ganz leer. Der Grund davon ist: weil ich mit Prädicaten, die nur in der Sinnenwelt ihr Object finden, zwar zu dem Da- seyn von Etwas, was den Grund der letzteren enthalten muß, aber nicht zu der Bestimmung seines Begrifs als über- sinnlichen Wesens, welcher alle jene Prädicate ausstößt fort- schreiten kan. Durch die Categorie der Caussalität also, wenn ich sie durch den Begrif eines ersten Bewegers bestimme, erkenne ich, was Gott sey, nicht im mindesten; vielleicht aber wird es besser gelingen, wenn ich aus der Weltordnung An- las nehme seine Caussalität, als die eines obersten Verstan- des nicht blos zu denken, sondern ihn auch durch diese Be- stimmung des genannten Begrifs zu erkennen: weil da die lästige Bedingung des Raumes und der Ausdehnung wegfällt. -- Allerdings nöthigt uns die große Zweckverbindung in der Welt eine oberste Ursache zu derselben und deren Caussalität als durch einen Verstand zu denken, aber dadurch sind wir gar nicht befugt ihr diesen beyzulegen (wie z. B. die Ewig- keit Gottes als Daseyn zu aller Zeit zu denken, weil wir II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft. tegorie der Cauſſalitaͤt in Anſehung derſelben Weltbeſtimmung(der Bewegung der Materie), denke, ſo muß ich es nicht in irgend einem Orte im Raume, eben ſo wenig als ausgedehnt, ja ich darf es nicht einmal als in der Zeit und mit andern zu- gleich exiſtirend denken. Alſo habe ich gar keine Beſtimmun- gen, welche mir die Bedingung der Moͤglichkeit der Bewe- gung durch dieſes Weſen als Grund verſtaͤndlich machen koͤnn- ten, folglich erkenne ich daſſelbe durch das Praͤdicat der Ur- ſache (als erſten Beweger) fuͤr ſich nicht im mindeſten, ſon- dern ich habe nur die Vorſtellung von einem Etwas, was den Grund der Bewegungen in der Welt enthaͤlt und die Rela- tion derſelben zu dieſen, als deren Urſache, da ſie mir ſonſt nichts zur Beſchaffenheit des Dinges, welches Urſache iſt, ge- hoͤriges, an die Hand giebt, laͤßt den Begrif von dieſer ganz leer. Der Grund davon iſt: weil ich mit Praͤdicaten, die nur in der Sinnenwelt ihr Object finden, zwar zu dem Da- ſeyn von Etwas, was den Grund der letzteren enthalten muß, aber nicht zu der Beſtimmung ſeines Begrifs als uͤber- ſinnlichen Weſens, welcher alle jene Praͤdicate ausſtoͤßt fort- ſchreiten kan. Durch die Categorie der Cauſſalitaͤt alſo, wenn ich ſie durch den Begrif eines erſten Bewegers beſtimme, erkenne ich, was Gott ſey, nicht im mindeſten; vielleicht aber wird es beſſer gelingen, wenn ich aus der Weltordnung An- las nehme ſeine Cauſſalitaͤt, als die eines oberſten Verſtan- des nicht blos zu denken, ſondern ihn auch durch dieſe Be- ſtimmung des genannten Begrifs zu erkennen: weil da die laͤſtige Bedingung des Raumes und der Ausdehnung wegfaͤllt. — Allerdings noͤthigt uns die große Zweckverbindung in der Welt eine oberſte Urſache zu derſelben und deren Cauſſalitaͤt als durch einen Verſtand zu denken, aber dadurch ſind wir gar nicht befugt ihr dieſen beyzulegen (wie z. B. die Ewig- keit Gottes als Daſeyn zu aller Zeit zu denken, weil wir <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0538" n="474"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi> Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.</fw><lb/> tegorie der Cauſſalitaͤt in Anſehung derſelben Weltbeſtimmung<lb/> (der Bewegung der Materie), denke, ſo muß ich es nicht in<lb/> irgend einem Orte im Raume, eben ſo wenig als ausgedehnt,<lb/> ja ich darf es nicht einmal als in der Zeit und mit andern zu-<lb/> gleich exiſtirend denken. 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II. Th. Critik der teleologiſchen Urtheilskraft.
tegorie der Cauſſalitaͤt in Anſehung derſelben Weltbeſtimmung
(der Bewegung der Materie), denke, ſo muß ich es nicht in
irgend einem Orte im Raume, eben ſo wenig als ausgedehnt,
ja ich darf es nicht einmal als in der Zeit und mit andern zu-
gleich exiſtirend denken. Alſo habe ich gar keine Beſtimmun-
gen, welche mir die Bedingung der Moͤglichkeit der Bewe-
gung durch dieſes Weſen als Grund verſtaͤndlich machen koͤnn-
ten, folglich erkenne ich daſſelbe durch das Praͤdicat der Ur-
ſache (als erſten Beweger) fuͤr ſich nicht im mindeſten, ſon-
dern ich habe nur die Vorſtellung von einem Etwas, was den
Grund der Bewegungen in der Welt enthaͤlt und die Rela-
tion derſelben zu dieſen, als deren Urſache, da ſie mir ſonſt
nichts zur Beſchaffenheit des Dinges, welches Urſache iſt, ge-
hoͤriges, an die Hand giebt, laͤßt den Begrif von dieſer ganz
leer. Der Grund davon iſt: weil ich mit Praͤdicaten, die
nur in der Sinnenwelt ihr Object finden, zwar zu dem Da-
ſeyn von Etwas, was den Grund der letzteren enthalten
muß, aber nicht zu der Beſtimmung ſeines Begrifs als uͤber-
ſinnlichen Weſens, welcher alle jene Praͤdicate ausſtoͤßt fort-
ſchreiten kan. Durch die Categorie der Cauſſalitaͤt alſo, wenn
ich ſie durch den Begrif eines erſten Bewegers beſtimme,
erkenne ich, was Gott ſey, nicht im mindeſten; vielleicht aber
wird es beſſer gelingen, wenn ich aus der Weltordnung An-
las nehme ſeine Cauſſalitaͤt, als die eines oberſten Verſtan-
des nicht blos zu denken, ſondern ihn auch durch dieſe Be-
ſtimmung des genannten Begrifs zu erkennen: weil da die
laͤſtige Bedingung des Raumes und der Ausdehnung wegfaͤllt.
— Allerdings noͤthigt uns die große Zweckverbindung in der
Welt eine oberſte Urſache zu derſelben und deren Cauſſalitaͤt
als durch einen Verſtand zu denken, aber dadurch ſind wir
gar nicht befugt ihr dieſen beyzulegen (wie z. B. die Ewig-
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