Karsch, Anna Luise: Auserlesene Gedichte. Berlin, 1764.Vermischte Gedichte. Allein, an statt das Bild zu nehmen,Greift sie nach Rosen, die ein Liebes-Gott ihr reicht; Die Stolze! Vater, ja, sie sollte sich nur schämen! Ein Held liegt da vor ihr, von Zärtlichkeit erweicht, Und sie allein ist Stein, und kann ihm wiederstreben, Und sie allein wird nicht erweicht? Ach Vater zürne doch! sie spottet! ja! vielleicht Will sie dem armen Held, dem sie das Herz er- weicht, Die Rose zur Erquickung geben! Zu ihrer Rechten stürzt ein Wasserfall, und schilt Laut murmelnd, daß sie so die Zärtlichkeit vergilt, Ihm gegenüber stehn zwey Krieger, und es scheinet, Als ob ihr Herz mitleidig weinet; Voll ritterlicher Treu begleiteten sie ihn Auf seiner Heldenbahn, nun soll er weiter ziehn; Vermiſchte Gedichte. Allein, an ſtatt das Bild zu nehmen,Greift ſie nach Roſen, die ein Liebes-Gott ihr reicht; Die Stolze! Vater, ja, ſie ſollte ſich nur ſchaͤmen! Ein Held liegt da vor ihr, von Zaͤrtlichkeit erweicht, Und ſie allein iſt Stein, und kann ihm wiederſtreben, Und ſie allein wird nicht erweicht? Ach Vater zuͤrne doch! ſie ſpottet! ja! vielleicht Will ſie dem armen Held, dem ſie das Herz er- weicht, Die Roſe zur Erquickung geben! Zu ihrer Rechten ſtuͤrzt ein Waſſerfall, und ſchilt Laut murmelnd, daß ſie ſo die Zaͤrtlichkeit vergilt, Ihm gegenuͤber ſtehn zwey Krieger, und es ſcheinet, Als ob ihr Herz mitleidig weinet; Voll ritterlicher Treu begleiteten ſie ihn Auf ſeiner Heldenbahn, nun ſoll er weiter ziehn; <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem" n="1"> <l><pb facs="#f0320" n="276"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vermiſchte Gedichte.</hi></fw><lb/> Allein, an ſtatt das Bild zu nehmen,<lb/> Greift ſie nach Roſen, die ein Liebes-Gott ihr<lb/><hi rendition="#et">reicht;</hi><lb/> Die Stolze! Vater, ja, ſie ſollte ſich nur ſchaͤmen!<lb/> Ein Held liegt da vor ihr, von Zaͤrtlichkeit erweicht,<lb/> Und ſie allein iſt Stein, und kann ihm wiederſtreben,<lb/> Und ſie allein wird nicht erweicht?</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="2"> <l>Ach Vater zuͤrne doch! ſie ſpottet! ja! vielleicht<lb/> Will ſie dem armen Held, dem ſie das Herz er-<lb/><hi rendition="#et">weicht,</hi><lb/> Die Roſe zur Erquickung geben!</l> </lg><lb/> <lg type="poem" n="3"> <l>Zu ihrer Rechten ſtuͤrzt ein Waſſerfall, und ſchilt<lb/> Laut murmelnd, daß ſie ſo die Zaͤrtlichkeit vergilt,<lb/> Ihm gegenuͤber ſtehn zwey Krieger, und es ſcheinet,<lb/> Als ob ihr Herz mitleidig weinet;<lb/> Voll ritterlicher Treu begleiteten ſie ihn<lb/> Auf ſeiner Heldenbahn, nun ſoll er weiter ziehn;<lb/></l> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [276/0320]
Vermiſchte Gedichte.
Allein, an ſtatt das Bild zu nehmen,
Greift ſie nach Roſen, die ein Liebes-Gott ihr
reicht;
Die Stolze! Vater, ja, ſie ſollte ſich nur ſchaͤmen!
Ein Held liegt da vor ihr, von Zaͤrtlichkeit erweicht,
Und ſie allein iſt Stein, und kann ihm wiederſtreben,
Und ſie allein wird nicht erweicht?
Ach Vater zuͤrne doch! ſie ſpottet! ja! vielleicht
Will ſie dem armen Held, dem ſie das Herz er-
weicht,
Die Roſe zur Erquickung geben!
Zu ihrer Rechten ſtuͤrzt ein Waſſerfall, und ſchilt
Laut murmelnd, daß ſie ſo die Zaͤrtlichkeit vergilt,
Ihm gegenuͤber ſtehn zwey Krieger, und es ſcheinet,
Als ob ihr Herz mitleidig weinet;
Voll ritterlicher Treu begleiteten ſie ihn
Auf ſeiner Heldenbahn, nun ſoll er weiter ziehn;
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |