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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

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chem der edelmüthige Kottwitz sie befreiet hatte, wie-
der zurückgehen. Gelegenheitsgedichte gaben gewis-
ses Einkommen, zu solchen ließ sie sich, aus Noth-
wendigkeit, wieder herab. So verschnitt die erste
Dichterin Deutschlands, ihr herrliches Talent, ihr
Meer von Gedanken, in lauter kleine versiegende
Bäche, und empfand es nicht, daß sie sich etwas be-
raubte, weil sie zu gutmüthig war.

Unterdessen war die Sammlung, welche Herr Sul-
zer
und Herr Kanonikus Gleim besorgte, zu Stande
gekommen. Auch hatte sie schon die Ehre der Unter-
redung mit Friedrich dem Einzigen gehabt *). Der Mo-
narch hatte ihr Versorgung versprochen. Darauf ver-
ließ sie sich vorzüglich, als sie die kleine Haushaltung
mit ihrem Bruder anfing; allein, es schlug fehl. Frie-
drich hielt sein Königliches Wort nicht, sie bekam von
ihm ein Gnadengeschenk von 50 Thalern mit dem Be-
deuten, daß sie sich wieder melden möchte. Ehe sie
dies wagte, hatte eine vormalige Freundin von ihr,
mit welcher sie uneinig geworden war, (jene Phillis,
bei der sie wohnte, als sie ihren Bruder fand, und
welcher sie die unter diesem Namen in gegenwärtiger
Sammlung befindlichen Lieder gedichtet hat) den Sta-
chel der Verleumdung wider sie gebraucht. Einige
Große, die zunächst um den König waren, kannten

*) In den Gedichten S. 183. kann man davon ein Mehreres lesen.

chem der edelmuͤthige Kottwitz ſie befreiet hatte, wie-
der zuruͤckgehen. Gelegenheitsgedichte gaben gewiſ-
ſes Einkommen, zu ſolchen ließ ſie ſich, aus Noth-
wendigkeit, wieder herab. So verſchnitt die erſte
Dichterin Deutſchlands, ihr herrliches Talent, ihr
Meer von Gedanken, in lauter kleine verſiegende
Baͤche, und empfand es nicht, daß ſie ſich etwas be-
raubte, weil ſie zu gutmuͤthig war.

Unterdeſſen war die Sammlung, welche Herr Sul-
zer
und Herr Kanonikus Gleim beſorgte, zu Stande
gekommen. Auch hatte ſie ſchon die Ehre der Unter-
redung mit Friedrich dem Einzigen gehabt *). Der Mo-
narch hatte ihr Verſorgung verſprochen. Darauf ver-
ließ ſie ſich vorzuͤglich, als ſie die kleine Haushaltung
mit ihrem Bruder anfing; allein, es ſchlug fehl. Frie-
drich hielt ſein Koͤnigliches Wort nicht, ſie bekam von
ihm ein Gnadengeſchenk von 50 Thalern mit dem Be-
deuten, daß ſie ſich wieder melden moͤchte. Ehe ſie
dies wagte, hatte eine vormalige Freundin von ihr,
mit welcher ſie uneinig geworden war, (jene Phillis,
bei der ſie wohnte, als ſie ihren Bruder fand, und
welcher ſie die unter dieſem Namen in gegenwaͤrtiger
Sammlung befindlichen Lieder gedichtet hat) den Sta-
chel der Verleumdung wider ſie gebraucht. Einige
Große, die zunaͤchſt um den Koͤnig waren, kannten

*) In den Gedichten S. 183. kann man davon ein Mehreres leſen.
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[104/0136] chem der edelmuͤthige Kottwitz ſie befreiet hatte, wie- der zuruͤckgehen. Gelegenheitsgedichte gaben gewiſ- ſes Einkommen, zu ſolchen ließ ſie ſich, aus Noth- wendigkeit, wieder herab. So verſchnitt die erſte Dichterin Deutſchlands, ihr herrliches Talent, ihr Meer von Gedanken, in lauter kleine verſiegende Baͤche, und empfand es nicht, daß ſie ſich etwas be- raubte, weil ſie zu gutmuͤthig war. Unterdeſſen war die Sammlung, welche Herr Sul- zer und Herr Kanonikus Gleim beſorgte, zu Stande gekommen. Auch hatte ſie ſchon die Ehre der Unter- redung mit Friedrich dem Einzigen gehabt *). Der Mo- narch hatte ihr Verſorgung verſprochen. Darauf ver- ließ ſie ſich vorzuͤglich, als ſie die kleine Haushaltung mit ihrem Bruder anfing; allein, es ſchlug fehl. Frie- drich hielt ſein Koͤnigliches Wort nicht, ſie bekam von ihm ein Gnadengeſchenk von 50 Thalern mit dem Be- deuten, daß ſie ſich wieder melden moͤchte. Ehe ſie dies wagte, hatte eine vormalige Freundin von ihr, mit welcher ſie uneinig geworden war, (jene Phillis, bei der ſie wohnte, als ſie ihren Bruder fand, und welcher ſie die unter dieſem Namen in gegenwaͤrtiger Sammlung befindlichen Lieder gedichtet hat) den Sta- chel der Verleumdung wider ſie gebraucht. Einige Große, die zunaͤchſt um den Koͤnig waren, kannten *) In den Gedichten S. 183. kann man davon ein Mehreres leſen.

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/136>, abgerufen am 21.11.2024.