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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

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Seiner Durchlaucht, der unsterbliche Herzog Ferdi-
nand von Braunschweig-Lüneburg
ward mit ih-
rem Talente bekannt, und munterte sie zwanzig
Jahr hindurch mit den fürstlichen Beweisen sei-
ner bekannten Großmuth auf. Noch ein paar
kleine Pensionen von edlen auswärtigen Freunden
wurden ihr jährlich geschickt, welches mit den Inter-
essen zusammen etwa 200 Thaler bestimmte Ein-
künfte für das Jahr betrug. Eine solche Summe
konnte nicht die Hälfte ihrer bestimmten Haussor-
gen bestreiten, es war daher natürlich, daß sie in
die immerwährende Sprache des Lamento's verfal-
len mußte. Sie wagte es noch oft den König an
sein Versprechen zu erinnern; allein, war der Mo-
narch für Andere oft auf einem Ohre taub, so war er
es für die Deutsche Dichterin auf beiden.

Wie es aber auch mit dem Innern ihrer Lage
stand, so verlor ihr Ansehn nichts dadurch. Ihr
Name war durch die Sammlung ihrer Gedichte ge-
macht, und ihr Ruhm allgemein festgesetzt. Von al-
len Enden Deutschlands, aus allen Hauptstädten Eu-
ropens entstanden für sie Freunde, Bewunderer und
schriftliche Verehrer. Man sah nur auf ihr Genie,
schätzte an ihr das Werk der Natur, und forderte
nicht von ihr was ihr an Lebenston mangelte, und

Seiner Durchlaucht, der unſterbliche Herzog Ferdi-
nand von Braunſchweig-Luͤneburg
ward mit ih-
rem Talente bekannt, und munterte ſie zwanzig
Jahr hindurch mit den fuͤrſtlichen Beweiſen ſei-
ner bekannten Großmuth auf. Noch ein paar
kleine Penſionen von edlen auswaͤrtigen Freunden
wurden ihr jaͤhrlich geſchickt, welches mit den Inter-
eſſen zuſammen etwa 200 Thaler beſtimmte Ein-
kuͤnfte fuͤr das Jahr betrug. Eine ſolche Summe
konnte nicht die Haͤlfte ihrer beſtimmten Hausſor-
gen beſtreiten, es war daher natuͤrlich, daß ſie in
die immerwaͤhrende Sprache des Lamento’s verfal-
len mußte. Sie wagte es noch oft den Koͤnig an
ſein Verſprechen zu erinnern; allein, war der Mo-
narch fuͤr Andere oft auf einem Ohre taub, ſo war er
es fuͤr die Deutſche Dichterin auf beiden.

Wie es aber auch mit dem Innern ihrer Lage
ſtand, ſo verlor ihr Anſehn nichts dadurch. Ihr
Name war durch die Sammlung ihrer Gedichte ge-
macht, und ihr Ruhm allgemein feſtgeſetzt. Von al-
len Enden Deutſchlands, aus allen Hauptſtaͤdten Eu-
ropens entſtanden fuͤr ſie Freunde, Bewunderer und
ſchriftliche Verehrer. Man ſah nur auf ihr Genie,
ſchaͤtzte an ihr das Werk der Natur, und forderte
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[106/0138] Seiner Durchlaucht, der unſterbliche Herzog Ferdi- nand von Braunſchweig-Luͤneburg ward mit ih- rem Talente bekannt, und munterte ſie zwanzig Jahr hindurch mit den fuͤrſtlichen Beweiſen ſei- ner bekannten Großmuth auf. Noch ein paar kleine Penſionen von edlen auswaͤrtigen Freunden wurden ihr jaͤhrlich geſchickt, welches mit den Inter- eſſen zuſammen etwa 200 Thaler beſtimmte Ein- kuͤnfte fuͤr das Jahr betrug. Eine ſolche Summe konnte nicht die Haͤlfte ihrer beſtimmten Hausſor- gen beſtreiten, es war daher natuͤrlich, daß ſie in die immerwaͤhrende Sprache des Lamento’s verfal- len mußte. Sie wagte es noch oft den Koͤnig an ſein Verſprechen zu erinnern; allein, war der Mo- narch fuͤr Andere oft auf einem Ohre taub, ſo war er es fuͤr die Deutſche Dichterin auf beiden. Wie es aber auch mit dem Innern ihrer Lage ſtand, ſo verlor ihr Anſehn nichts dadurch. Ihr Name war durch die Sammlung ihrer Gedichte ge- macht, und ihr Ruhm allgemein feſtgeſetzt. Von al- len Enden Deutſchlands, aus allen Hauptſtaͤdten Eu- ropens entſtanden fuͤr ſie Freunde, Bewunderer und ſchriftliche Verehrer. Man ſah nur auf ihr Genie, ſchaͤtzte an ihr das Werk der Natur, und forderte nicht von ihr was ihr an Lebenston mangelte, und

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/138>, abgerufen am 24.11.2024.