Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.Die schlanken, neidischen Aeste, Für Deine Griffe zu hoch; Hilf mit dem hüpfenden Fuße Der Hand, und pflücke die Frucht. Du hast sie. Lohnender Arbeit Verrichtung nennen wir Lust. Wie viel bestrebten sich Hände Nach Deinem Herzen umsonst! Sieh diesen höckrigten Apfel: Wie seine Brüder geblüht Hat er in währender Bildung, Und dennoch ward er ein Zwerg. In seinem Fleische genähret Ward der fortfressende Wurm: So wächst mit kommenden Tagen Im Knaben Bosheit herauf, Der nicht vom Hauche des Lebens, Als ein kaum werdender Mensch, Zu großen schönen Gedanken Beseelt geworden, wie Du. E 5
Die ſchlanken, neidiſchen Aeſte, Fuͤr Deine Griffe zu hoch; Hilf mit dem huͤpfenden Fuße Der Hand, und pfluͤcke die Frucht. Du haſt ſie. Lohnender Arbeit Verrichtung nennen wir Luſt. Wie viel beſtrebten ſich Haͤnde Nach Deinem Herzen umſonſt! Sieh dieſen hoͤckrigten Apfel: Wie ſeine Bruͤder gebluͤht Hat er in waͤhrender Bildung, Und dennoch ward er ein Zwerg. In ſeinem Fleiſche genaͤhret Ward der fortfreſſende Wurm: So waͤchſt mit kommenden Tagen Im Knaben Bosheit herauf, Der nicht vom Hauche des Lebens, Als ein kaum werdender Menſch, Zu großen ſchoͤnen Gedanken Beſeelt geworden, wie Du. E 5
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Die ſchlanken, neidiſchen Aeſte,
Fuͤr Deine Griffe zu hoch;
Hilf mit dem huͤpfenden Fuße
Der Hand, und pfluͤcke die Frucht.
Du haſt ſie. Lohnender Arbeit
Verrichtung nennen wir Luſt.
Wie viel beſtrebten ſich Haͤnde
Nach Deinem Herzen umſonſt!
Sieh dieſen hoͤckrigten Apfel:
Wie ſeine Bruͤder gebluͤht
Hat er in waͤhrender Bildung,
Und dennoch ward er ein Zwerg.
In ſeinem Fleiſche genaͤhret
Ward der fortfreſſende Wurm:
So waͤchſt mit kommenden Tagen
Im Knaben Bosheit herauf,
Der nicht vom Hauche des Lebens,
Als ein kaum werdender Menſch,
Zu großen ſchoͤnen Gedanken
Beſeelt geworden, wie Du.
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