Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

Wie Gusta mit dem Oberhirt Montan
Sich insgeheim gar wohl verstände,
Nun hat die schöne Truglegende,
Hat die Vorspiegelung ein Ende;
Nicht nur der Schein ist wider Dich,
Es sind vorsätzliche Thatsachen,
Und jede frägt halbrichterlich:
"Wer hieß Dich Staat auf fremde Kosten machen?
"Wer zwang Dich zum Bedientenlohn?
"Zur Wagendingung, und dergleichen?
"Ha, der vornehme, große Ton,
"Geziemt sich nur allein den gold- und silberreichen,
"Nicht denen, die von Tag zu Tag
"Sich um die Nothdurft kümmern müssen;
"Man wage nur, was man vermag,
"Und schone sein Gewissen" --

So reden ohne Schmeichelei
Die wirkliche Thatsachen,
Sie schreien laut, und dies Geschrei
Wird Deinem Wappen Schande machen;
Und flistern muß ich Dir ins Ohr:
Die Redlichkeit geht allen Wappen vor,
Und allem Glanz von tausend Jahren.
Ich ließe mich oft gern bei meine Freunde fahren,
Denn sauer wird mir jeder Gang,

Wie Guſta mit dem Oberhirt Montan
Sich insgeheim gar wohl verſtaͤnde,
Nun hat die ſchoͤne Truglegende,
Hat die Vorſpiegelung ein Ende;
Nicht nur der Schein iſt wider Dich,
Es ſind vorſaͤtzliche Thatſachen,
Und jede fraͤgt halbrichterlich:
„Wer hieß Dich Staat auf fremde Koſten machen?
„Wer zwang Dich zum Bedientenlohn?
„Zur Wagendingung, und dergleichen?
„Ha, der vornehme, große Ton,
„Geziemt ſich nur allein den gold- und ſilberreichen,
„Nicht denen, die von Tag zu Tag
„Sich um die Nothdurft kuͤmmern muͤſſen;
„Man wage nur, was man vermag,
„Und ſchone ſein Gewiſſen“ —

So reden ohne Schmeichelei
Die wirkliche Thatſachen,
Sie ſchreien laut, und dies Geſchrei
Wird Deinem Wappen Schande machen;
Und fliſtern muß ich Dir ins Ohr:
Die Redlichkeit geht allen Wappen vor,
Und allem Glanz von tauſend Jahren.
Ich ließe mich oft gern bei meine Freunde fahren,
Denn ſauer wird mir jeder Gang,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <lg type="poem">
              <lg n="3">
                <pb facs="#f0331" n="171"/>
                <l>Wie Gu&#x017F;ta mit dem Oberhirt Montan</l><lb/>
                <l>Sich insgeheim gar wohl ver&#x017F;ta&#x0364;nde,</l><lb/>
                <l>Nun hat die &#x017F;cho&#x0364;ne Truglegende,</l><lb/>
                <l>Hat die Vor&#x017F;piegelung ein Ende;</l><lb/>
                <l>Nicht nur der Schein i&#x017F;t wider Dich,</l><lb/>
                <l>Es &#x017F;ind vor&#x017F;a&#x0364;tzliche That&#x017F;achen,</l><lb/>
                <l>Und jede fra&#x0364;gt halbrichterlich:</l><lb/>
                <l>&#x201E;Wer hieß Dich Staat auf fremde Ko&#x017F;ten machen?</l><lb/>
                <l>&#x201E;Wer zwang Dich zum Bedientenlohn?</l><lb/>
                <l>&#x201E;Zur Wagendingung, und dergleichen?</l><lb/>
                <l>&#x201E;Ha, der vornehme, große Ton,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Geziemt &#x017F;ich nur allein den gold- und &#x017F;ilberreichen,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Nicht denen, die von Tag zu Tag</l><lb/>
                <l>&#x201E;Sich um die Nothdurft ku&#x0364;mmern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
                <l>&#x201E;Man wage nur, was man vermag,</l><lb/>
                <l>&#x201E;Und &#x017F;chone &#x017F;ein Gewi&#x017F;&#x017F;en&#x201C; &#x2014;</l>
              </lg><lb/>
              <lg n="4">
                <l>So reden ohne Schmeichelei</l><lb/>
                <l>Die wirkliche That&#x017F;achen,</l><lb/>
                <l>Sie &#x017F;chreien laut, und dies Ge&#x017F;chrei</l><lb/>
                <l>Wird Deinem Wappen Schande machen;</l><lb/>
                <l>Und fli&#x017F;tern muß ich Dir ins Ohr:</l><lb/>
                <l>Die Redlichkeit geht allen Wappen vor,</l><lb/>
                <l>Und allem Glanz von tau&#x017F;end Jahren.</l><lb/>
                <l>Ich ließe mich oft gern bei meine Freunde fahren,</l><lb/>
                <l>Denn &#x017F;auer wird mir jeder Gang,</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0331] Wie Guſta mit dem Oberhirt Montan Sich insgeheim gar wohl verſtaͤnde, Nun hat die ſchoͤne Truglegende, Hat die Vorſpiegelung ein Ende; Nicht nur der Schein iſt wider Dich, Es ſind vorſaͤtzliche Thatſachen, Und jede fraͤgt halbrichterlich: „Wer hieß Dich Staat auf fremde Koſten machen? „Wer zwang Dich zum Bedientenlohn? „Zur Wagendingung, und dergleichen? „Ha, der vornehme, große Ton, „Geziemt ſich nur allein den gold- und ſilberreichen, „Nicht denen, die von Tag zu Tag „Sich um die Nothdurft kuͤmmern muͤſſen; „Man wage nur, was man vermag, „Und ſchone ſein Gewiſſen“ — So reden ohne Schmeichelei Die wirkliche Thatſachen, Sie ſchreien laut, und dies Geſchrei Wird Deinem Wappen Schande machen; Und fliſtern muß ich Dir ins Ohr: Die Redlichkeit geht allen Wappen vor, Und allem Glanz von tauſend Jahren. Ich ließe mich oft gern bei meine Freunde fahren, Denn ſauer wird mir jeder Gang,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/331
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/331>, abgerufen am 22.11.2024.