Wenn Du von Liebe voll Auf Deinem Schoße Zuckerküchlein Dem Kläffer gabst, und ihn Das Maul mit einem seidnen Tüchlein Verstopftest, weil es schien, Daß er Mamachen wecken möchte -- Du warst geboren reich; Ich bin vom Ackerbaugeschlechte, Darum ist ein Vergleich Nie zwischen Dir und mir zu machen. Du singst dem Mann allein, Bist groß, kannst über Fürsten lachen; Ich darf so stolz nicht seyn! Doch dring ich nicht auf Marmorstufen An karger Fürsten Ohr: Der König selber ließ mich rufen Nach Sanssouci empor, Ob er gleich nicht das Deutsche liebet; Und was kann ich davor, Daß Ferdinand mir Antwort giebet, Der große Ferdinand! So vielmal Ihm mein Herz geschrieben, Von aller Haabsucht rein: Er muß bey hohen Heldentrieben So stolz wie Du nicht seyn.
Wenn Du von Liebe voll Auf Deinem Schoße Zuckerkuͤchlein Dem Klaͤffer gabſt, und ihn Das Maul mit einem ſeidnen Tuͤchlein Verſtopfteſt, weil es ſchien, Daß er Mamachen wecken moͤchte — Du warſt geboren reich; Ich bin vom Ackerbaugeſchlechte, Darum iſt ein Vergleich Nie zwiſchen Dir und mir zu machen. Du ſingſt dem Mann allein, Biſt groß, kannſt uͤber Fuͤrſten lachen; Ich darf ſo ſtolz nicht ſeyn! Doch dring ich nicht auf Marmorſtufen An karger Fuͤrſten Ohr: Der Koͤnig ſelber ließ mich rufen Nach Sansſouci empor, Ob er gleich nicht das Deutſche liebet; Und was kann ich davor, Daß Ferdinand mir Antwort giebet, Der große Ferdinand! So vielmal Ihm mein Herz geſchrieben, Von aller Haabſucht rein: Er muß bey hohen Heldentrieben So ſtolz wie Du nicht ſeyn.
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Wenn Du von Liebe voll
Auf Deinem Schoße Zuckerkuͤchlein
Dem Klaͤffer gabſt, und ihn
Das Maul mit einem ſeidnen Tuͤchlein
Verſtopfteſt, weil es ſchien,
Daß er Mamachen wecken moͤchte —
Du warſt geboren reich;
Ich bin vom Ackerbaugeſchlechte,
Darum iſt ein Vergleich
Nie zwiſchen Dir und mir zu machen.
Du ſingſt dem Mann allein,
Biſt groß, kannſt uͤber Fuͤrſten lachen;
Ich darf ſo ſtolz nicht ſeyn!
Doch dring ich nicht auf Marmorſtufen
An karger Fuͤrſten Ohr:
Der Koͤnig ſelber ließ mich rufen
Nach Sansſouci empor,
Ob er gleich nicht das Deutſche liebet;
Und was kann ich davor,
Daß Ferdinand mir Antwort giebet,
Der große Ferdinand!
So vielmal Ihm mein Herz geſchrieben,
Von aller Haabſucht rein:
Er muß bey hohen Heldentrieben
So ſtolz wie Du nicht ſeyn.
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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/411>, abgerufen am 16.06.2024.
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