Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

Bild:
<< vorherige Seite

In dieser Lage wurde sie sieben und zwanzig Jahr
alt; ihre Wünsche gingen allerdings auf eine Heirath
hinaus, allein auf eine ehrliche Heirath. So gern sie
vielleicht einen Mann von einiger Distinktion genom-
men hätte, so wurde ihr doch kein solcher bekannt,
welcher sie zur Frau gesucht hätte. Als sie end-
lich in ihr acht und zwanzigstes Jahr gekommen
war, meldete sich der Dürbach *), welcher von
den Fräuleins Mose den unter ihre Herrschaft ge-
hörigen Hammer pachtete. Dieser so genannte
Hammer war eigentlich eine Meyerei, worin eine
Bier- und Brandtweinbrauerei befindlich war, und in
einem leimernen mit Stroh gedecktem Wirthshause
für Durchreisende bestand, an welches nur noch einige
entfernte Fischerhütten gränzten. Uebrigens lag der
Ort in einem wüsten Flecken, hinter welchem ein klei-
nes Erlenwäldchen stand, und gehörte zum Züllichauer
und Schwiebuser Kreise.

Diesen Pachter und Brauer Dürbach nun hei-
rathete das vollkommenste Mädchen jener Zeit. Von
ihm ist zu rühmen, daß er im ganzen Kreise, und noch
über die Gränze hinaus bis in das brandenburgische

*) Es ist nicht entschieden, ob er Dürbach oder Derbach
geheißen hat; die Dichterin schrieb sich Dürbach, gleichwol
hat sich eine ihrer ersten Poesien aufgesunden, in welcher
sie sich Derbach nennt.

In dieſer Lage wurde ſie ſieben und zwanzig Jahr
alt; ihre Wuͤnſche gingen allerdings auf eine Heirath
hinaus, allein auf eine ehrliche Heirath. So gern ſie
vielleicht einen Mann von einiger Diſtinktion genom-
men haͤtte, ſo wurde ihr doch kein ſolcher bekannt,
welcher ſie zur Frau geſucht haͤtte. Als ſie end-
lich in ihr acht und zwanzigſtes Jahr gekommen
war, meldete ſich der Duͤrbach *), welcher von
den Fraͤuleins Moſe den unter ihre Herrſchaft ge-
hoͤrigen Hammer pachtete. Dieſer ſo genannte
Hammer war eigentlich eine Meyerei, worin eine
Bier- und Brandtweinbrauerei befindlich war, und in
einem leimernen mit Stroh gedecktem Wirthshauſe
fuͤr Durchreiſende beſtand, an welches nur noch einige
entfernte Fiſcherhuͤtten graͤnzten. Uebrigens lag der
Ort in einem wuͤſten Flecken, hinter welchem ein klei-
nes Erlenwaͤldchen ſtand, und gehoͤrte zum Zuͤllichauer
und Schwiebuſer Kreiſe.

Dieſen Pachter und Brauer Duͤrbach nun hei-
rathete das vollkommenſte Maͤdchen jener Zeit. Von
ihm iſt zu ruͤhmen, daß er im ganzen Kreiſe, und noch
uͤber die Graͤnze hinaus bis in das brandenburgiſche

*) Es iſt nicht entſchieden, ob er Duͤrbach oder Derbach
geheißen hat; die Dichterin ſchrieb ſich Duͤrbach, gleichwol
hat ſich eine ihrer erſten Poeſien aufgeſunden, in welcher
ſie ſich Derbach nennt.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0042" n="10"/>
        <p>In die&#x017F;er Lage wurde &#x017F;ie &#x017F;ieben und zwanzig Jahr<lb/>
alt; ihre Wu&#x0364;n&#x017F;che gingen allerdings auf eine Heirath<lb/>
hinaus, allein auf eine ehrliche Heirath. So gern &#x017F;ie<lb/>
vielleicht einen Mann von einiger Di&#x017F;tinktion genom-<lb/>
men ha&#x0364;tte, &#x017F;o wurde ihr doch kein &#x017F;olcher bekannt,<lb/>
welcher &#x017F;ie zur Frau ge&#x017F;ucht ha&#x0364;tte. Als &#x017F;ie end-<lb/>
lich in ihr acht und zwanzig&#x017F;tes Jahr gekommen<lb/>
war, meldete &#x017F;ich der <hi rendition="#fr">Du&#x0364;rbach</hi> <note place="foot" n="*)">Es i&#x017F;t nicht ent&#x017F;chieden, ob er <hi rendition="#g">Du&#x0364;rbach</hi> oder <hi rendition="#g">Derbach</hi><lb/>
geheißen hat; die Dichterin &#x017F;chrieb &#x017F;ich Du&#x0364;rbach, gleichwol<lb/>
hat &#x017F;ich eine ihrer er&#x017F;ten Poe&#x017F;ien aufge&#x017F;unden, in welcher<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich <hi rendition="#g">Derbach</hi> nennt.</note>, welcher von<lb/>
den Fra&#x0364;uleins Mo&#x017F;e den unter ihre Herr&#x017F;chaft ge-<lb/>
ho&#x0364;rigen Hammer pachtete. Die&#x017F;er &#x017F;o genannte<lb/><hi rendition="#g">Hammer</hi> war eigentlich eine Meyerei, worin eine<lb/>
Bier- und Brandtweinbrauerei befindlich war, und in<lb/>
einem leimernen mit Stroh gedecktem Wirthshau&#x017F;e<lb/>
fu&#x0364;r Durchrei&#x017F;ende be&#x017F;tand, an welches nur noch einige<lb/>
entfernte Fi&#x017F;cherhu&#x0364;tten gra&#x0364;nzten. Uebrigens lag der<lb/>
Ort in einem wu&#x0364;&#x017F;ten Flecken, hinter welchem ein klei-<lb/>
nes Erlenwa&#x0364;ldchen &#x017F;tand, und geho&#x0364;rte zum Zu&#x0364;llichauer<lb/>
und Schwiebu&#x017F;er Krei&#x017F;e.</p><lb/>
        <p>Die&#x017F;en Pachter und Brauer <hi rendition="#fr">Du&#x0364;rbach</hi> nun hei-<lb/>
rathete das vollkommen&#x017F;te Ma&#x0364;dchen jener Zeit. Von<lb/>
ihm i&#x017F;t zu ru&#x0364;hmen, daß er im ganzen Krei&#x017F;e, und noch<lb/>
u&#x0364;ber die Gra&#x0364;nze hinaus bis in das brandenburgi&#x017F;che<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0042] In dieſer Lage wurde ſie ſieben und zwanzig Jahr alt; ihre Wuͤnſche gingen allerdings auf eine Heirath hinaus, allein auf eine ehrliche Heirath. So gern ſie vielleicht einen Mann von einiger Diſtinktion genom- men haͤtte, ſo wurde ihr doch kein ſolcher bekannt, welcher ſie zur Frau geſucht haͤtte. Als ſie end- lich in ihr acht und zwanzigſtes Jahr gekommen war, meldete ſich der Duͤrbach *), welcher von den Fraͤuleins Moſe den unter ihre Herrſchaft ge- hoͤrigen Hammer pachtete. Dieſer ſo genannte Hammer war eigentlich eine Meyerei, worin eine Bier- und Brandtweinbrauerei befindlich war, und in einem leimernen mit Stroh gedecktem Wirthshauſe fuͤr Durchreiſende beſtand, an welches nur noch einige entfernte Fiſcherhuͤtten graͤnzten. Uebrigens lag der Ort in einem wuͤſten Flecken, hinter welchem ein klei- nes Erlenwaͤldchen ſtand, und gehoͤrte zum Zuͤllichauer und Schwiebuſer Kreiſe. Dieſen Pachter und Brauer Duͤrbach nun hei- rathete das vollkommenſte Maͤdchen jener Zeit. Von ihm iſt zu ruͤhmen, daß er im ganzen Kreiſe, und noch uͤber die Graͤnze hinaus bis in das brandenburgiſche *) Es iſt nicht entſchieden, ob er Duͤrbach oder Derbach geheißen hat; die Dichterin ſchrieb ſich Duͤrbach, gleichwol hat ſich eine ihrer erſten Poeſien aufgeſunden, in welcher ſie ſich Derbach nennt.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/42
Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/42>, abgerufen am 21.11.2024.