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Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792.

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Wär ich nicht mehr, und diese Kinder müßten einen lang-
samen Tod leiden. Unter den Bissen eines nagenden
Hungers

Zum Grabe herunterschmachten würden sie mir nach
Und ihrem verbluteten Vater. Wir athmen mit
gesättigtem

Munde das Leben, das neue Geschenk von dir, ein.

Du gabst es uns durch sie, an der du verwendet hast
Alle Reitzungen, die du deinen Geschöpfen zu geben
vermagst.

Laß diese Thränen und dieses Wimmern meines Säug-
lings

Opfer und Hymne seyn vor dir; und wenn du Wohl-
gefallen hast

Daran, daß dir nachahmen die Sterblichen;
So vergilt dieser Erretterin, dieser wohlthätigen Phillis,
Ihre göttlichen Verrichtungen. Alle Glückseeligkeit
Und alle Freuden der Erden bestimme für sie;
Und wenn vor ihrem himmlischglänzenden Auge
Hundert Frühlinge vorüber geblühet sind, alsdann
Sei die blühendste Gegend in Elysium bereitet
Zu ihren Empfang. Unter einer Laube von ewig grü-
nenden

Myrthen will ich sie finden; und noch mit Freude zit-
ternden

Waͤr ich nicht mehr, und dieſe Kinder muͤßten einen lang-
ſamen Tod leiden. Unter den Biſſen eines nagenden
Hungers

Zum Grabe herunterſchmachten wuͤrden ſie mir nach
Und ihrem verbluteten Vater. Wir athmen mit
geſaͤttigtem

Munde das Leben, das neue Geſchenk von dir, ein.

Du gabſt es uns durch ſie, an der du verwendet haſt
Alle Reitzungen, die du deinen Geſchoͤpfen zu geben
vermagſt.

Laß dieſe Thraͤnen und dieſes Wimmern meines Saͤug-
lings

Opfer und Hymne ſeyn vor dir; und wenn du Wohl-
gefallen haſt

Daran, daß dir nachahmen die Sterblichen;
So vergilt dieſer Erretterin, dieſer wohlthaͤtigen Phillis,
Ihre goͤttlichen Verrichtungen. Alle Gluͤckſeeligkeit
Und alle Freuden der Erden beſtimme fuͤr ſie;
Und wenn vor ihrem himmliſchglaͤnzenden Auge
Hundert Fruͤhlinge voruͤber gebluͤhet ſind, alsdann
Sei die bluͤhendſte Gegend in Elyſium bereitet
Zu ihren Empfang. Unter einer Laube von ewig gruͤ-
nenden

Myrthen will ich ſie finden; und noch mit Freude zit-
ternden

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[285/0445] Waͤr ich nicht mehr, und dieſe Kinder muͤßten einen lang- ſamen Tod leiden. Unter den Biſſen eines nagenden Hungers Zum Grabe herunterſchmachten wuͤrden ſie mir nach Und ihrem verbluteten Vater. Wir athmen mit geſaͤttigtem Munde das Leben, das neue Geſchenk von dir, ein. Du gabſt es uns durch ſie, an der du verwendet haſt Alle Reitzungen, die du deinen Geſchoͤpfen zu geben vermagſt. Laß dieſe Thraͤnen und dieſes Wimmern meines Saͤug- lings Opfer und Hymne ſeyn vor dir; und wenn du Wohl- gefallen haſt Daran, daß dir nachahmen die Sterblichen; So vergilt dieſer Erretterin, dieſer wohlthaͤtigen Phillis, Ihre goͤttlichen Verrichtungen. Alle Gluͤckſeeligkeit Und alle Freuden der Erden beſtimme fuͤr ſie; Und wenn vor ihrem himmliſchglaͤnzenden Auge Hundert Fruͤhlinge voruͤber gebluͤhet ſind, alsdann Sei die bluͤhendſte Gegend in Elyſium bereitet Zu ihren Empfang. Unter einer Laube von ewig gruͤ- nenden Myrthen will ich ſie finden; und noch mit Freude zit- ternden

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Zitationshilfe: Karsch, Anna Luise: Gedichte. Berlin, 1792, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/karsch_gedichte_1792/445>, abgerufen am 22.11.2024.